Der "Masterplan" sieht fast 40 Prozent weniger Gebäudeflächen vor
Bis März 2019 geht es um Zustand und Zukunft der Gebäude - Am Ende entscheidet der Stadtkirchenrat

Das Hermann-Maas-Haus in Kirchheim wird von der evangelischen Gemeinde nicht mehr gebraucht. Jugendtreff und Kindergartengruppe sollen ausziehen, das Grundstück geht zurück an die "Pflege Schönau". Foto: Werner Popanda
Von Birgit Sommer
Heidelberg. Knapp eineinhalb Jahre hat die evangelische Kirche in Heidelberg noch Zeit, dann soll feststehen, mit welchen Gebäuden und Bauplänen sie in die Zukunft geht, und auf welche man verzichten muss: Dann steht der "Masterplan". Denn für immer weniger Gläubige ist das Raumangebot viel zu groß und zu teuer im Unterhalt. Heidelberg hat da klare Vorgaben vom Karlsruher Oberkirchenrat: Bis zum Jahr 2020 wird die Zahl der evangelischen Kirchenmitglieder vermutlich auf 37.090 zurückgehen. Die Gebäude würden für doppelt so viele reichen. Bis 2020 sollen also auch die Gebäudeflächen um 30 bis 40 Prozent schrumpfen - von jetzt 9102 auf 5098 Quadratmeter. Für mehr gibt es dann kein Geld mehr. Und wie man weiß, ist die evangelische Kirche in Heidelberg derzeit schon insolvent und steht unter Aufsicht des Oberkirchenrates.
Größe, Belegung, Heizung, Dämmung, Renovierungszustand und Lage der Gebäude - all das wird bis zum März 2019 erfasst und der Synode dann in ihrer Sitzung im Juni vorgelegt, wie Horst Althoff, Geschäftsführer der Evangelischen Kirchenverwaltung, sagte. Zum Schluss muss der Stadtkirchenrat entscheiden.
Alle Gebäude der Kirche gehören nicht den einzelnen Kirchengemeinden, sondern seit 2007 dem Kirchenbezirk, also der evangelischen Gesamtkirchengemeinde in Heidelberg. "Das war als Entlastung gedacht, sonst hätten manche Gemeinden schon längst ihre Häuser aufgeben müssen", sagt Dekanin Marlene Schwöbel-Hug. Sie versteht, dass die Kirchgänger an ihren vertrauten Räumen festhalten wollen. "Es ist trotzdem unsere Aufgabe, nachhaltig und verantwortungsvoll damit umzugehen." "Wir müssen die nachfolgenden Generationen entlasten", unterstreicht auch Sandra Grande, Mitglied im Ältestenkreis der Neuenheimer Johannesgemeinde und neue Vorsitzende der Synode.
Zwei Projekte hat die Kirche als erste auf der Agenda, sie betreffen die frisch zusammengeschlossene Bonhoeffer-Gemeinde in Kirchheim und die Melanchthon-Gemeinde in Rohrbach. Schon diese ersten Überlegungen zeigen die Komplexität des gesamten Vorhabens.
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In Kirchheim sind die Aufgaben ziemlich klar: Die Petruskirche bleibt. Geprüft wird, ob sie multifunktional genutzt werden kann. Das Hermann-Maas-Haus samt dem Grundstück der Evangelischen Stiftung Pflege Schönau, auf dem es steht, geht zurück an die Pflege Schönau, der Jugendtreff wechselt vom Maas-Haus in die "Arche" in der Glatzer Straße, die mit ihren Räumen erhalten bleibt; für die Kindergartengruppen im Herrmann-Maas-Haus muss noch eine Lösung gefunden werden.
Das ehemalige Pfarrhaus in der Oberdorfstraße wird verkauft. Dann gibt es noch ein Pfarrhaus mit weiteren Wohnungen und ein Gebäude, das an die Diakonischen Hausgemeinschaften vermietet ist. Die Kirchengemeinde soll sich jedenfalls auf zwei Standorte reduzieren und knapp 900 Quadratmeter an Fläche abbauen. "Wir werden in Kirchheim eine Steuerungsgruppe einsetzen", sagt Horst Althoff.
In Rohrbach besitzt die Melanchthon-Gemeinde drei Standorte. Unproblematisch sind wohl die Melanchthonkirche und der zweigruppige Kindergarten im Heiligenhaus. Aber dann existieren noch im Bereich Heinrich-Fuchs-Straße/Lindenweg Gemeindehaus, Pfarrbüro, Kindergarten und Mietwohnungen. Und an der Baden-Badener Straße - das Grundstück gehört der Pflege Schönau - ein Kindergarten mit drei Gruppen und das von der Stadt betriebene Seniorenzentrum Rohrbach. Die Zahl der Gläubigen aber wird sich bis zum Jahr 2020 von 4700 auf 4000 reduzieren, sagen die Berechnungen.
Laut Dekanin gehören rund 80 Prozent der kirchlichen Grundstücke in Heidelberg der Evangelischen Stiftung Pflege Schönau (ESPS). Das ist so, seit Kurfürst Friedrich III. im Jahr 1560 im Zuge der Reformation das Kloster Schönau (Odenwald) auflöste und für dessen Besitz ein Pfleger bestellt wurde. Finanzmittel für die eigenen Aufgaben durch Verkäufe zu generieren, fällt dem Kirchenbezirk also schwer.
Wer nun denkt, dass von den derzeit ganz guten Steuereinnahmen auch die Kirche etwas hat und deshalb weniger sparen müsste, sieht sich getäuscht. "Die Einnahmen steigen nicht in dem Maße wie beim Staat", sagt der Heidelberger Pfarrer und Strukturbeauftragte des Kirchenbezirks, Gunnar Garleff. Nicht nur, dass sich der Staat beispielsweise den Einzug der Kirchensteuer vergüten lässt - die demografische Struktur bei den Kirchen ist ganz anders: Nur ein Drittel der Kirchenmitglieder ist erwerbsfähig und zahlt Kirchensteuer in nennenswerter Höhe.
Die evangelische Kirche in Heidelberg bekommt nach Angaben der Dekanin einen Anteil von knapp 3,5 Millionen Euro von der Kirchensteuer. Zu finanzieren hat sie aber einen Haushalt in Höhe von 30 Millionen Euro - inklusive Diakonischem Werk und Kindergärten.



