Dieses Heidelberger Christkind wuchs im Zirkus auf

Ingrid Schwarz eröffnet alljährlich den Weihnachtsmarkt - Ein Gespräch über das Singen, das Unterwegssein und ihre Liebe zu Norwegen

23.12.2016 UPDATE: 24.12.2016 06:00 Uhr 3 Minuten, 23 Sekunden

Ingrid Schwarz als Heidelberger Christkind. Foto: Philipp Rothe

Von Birgit Sommer

Ingrid Schwarz verkörpert seit einigen Jahren das Christkind, das den Heidelberger Weihnachtsmarkt eröffnet. Und es ist purer Zufall oder auch Glück, dass ihr Bruder für Heidelberg Event arbeitet, sonst hätte die Triererin wohl nicht den Weg auf den Heidelberger Rathausbalkon gefunden, von wo sie mit schöner Stimme Gedichte und vor allem Weihnachtslieder vorträgt. Die Ingrid-Schwarz-Band, die es seit elf Jahren gibt, unterstützt sie dabei. Wer Schwarz und ihre Musiker in weniger besinnlichem Kontext erleben will: Sie treten in Heidelberg auch beim Oktoberfest "Heidelwiesn" auf - und nächste Woche bei der Silvester-Gala im Bad Dürkheimer Dorint-Hotel. Die RNZ sprach mit Schwarz über ihre Aufgaben als "Christkind" und ihr Leben außerhalb der Weihnachtszeit.

Im Gespräch

Wie ist das für Sie, wenn Sie das goldene Kleid des Heidelberger Christkindes anziehen?

Für mich ist es ein Zeichen dafür, dass Weihnachten begonnen hat. Und natürlich ist es etwas Besonderes, das Christkind zu spielen, nicht jeder hat diese Chance.

Wer hat Sie zum Christkind gemacht?

Heidelberg Event hat mich erstmals 2010 gefragt. Sie waren auf der Suche nach einem Christkind, das singen kann, und praktischerweise habe ich auch eine Band. Sie begleitet mich immer als mein himmlisches Orchester bei der Eröffnung des Weihnachtsmarktes.

Was sind denn Ihre Aufgaben in der Weihnachtszeit?

Leider zu wenige. Letzte Woche war ich etwa in der Kinderklinik auf allen Stationen. Ich habe im Flur gesungen, und wenn Kinder nicht dazu kommen konnten, bin ich auch in die Zimmer gegangen. Ich habe mit den Kindern gesungen und sie hatten mir Briefe geschrieben und Bilder gemalt. Das war ein sehr schönes Erlebnis. Viele haben mitgesungen, etwa "Ihr Kinderlein kommet" oder "Alle Jahre wieder". Und wenn sie dazu zu schüchtern waren oder keine deutschen Weihnachtslieder kannten, habe ich für sie auf Englisch "Stille Nacht" gesungen.

Waren Sie dieses Jahr auch wieder im Kinderhospiz?

Vor zwei Jahren war ich einmal dort. Ich würde es gerne sehr viel öfter machen. Ich glaube, das ist für nächstes Jahr auch wieder im Gespräch.

Haben Sie überhaupt so viel Zeit dazu?

Ich nehme mir dann einfach den ganzen Tag frei und habe dann die Zeit, solche Aufgaben 100-prozentig zu machen und nicht nur hopphopp.

Als ausgebildete Sängerin - was ist denn Ihr liebstes Weihnachtslied?

"O Holy Night, the Stars are brightly shining ..."

Was ist das? Ein Gospel?

(sucht im Internet) Das ist von Adolphe Adam, von 1847. Ursprünglich war es wohl ein französischer Text, am bekanntesten ist jetzt aber der englische von John Sullivan Dwight. Text und Melodie finde ich sehr schön. Das singe ich auch mit meiner Band im Weihnachtszirkus in Holland, im Kerstcircus Ahoy.

Sie machen für Europas größte Weihnachtscircus-Produktion die Arrangements und die Musikauswahl.

Ich suche die Musik für die Artisten aus und plane im Voraus die ganze musikalische Gestaltung. Meine Band sitzt im Zirkus auf der Bühne und ich bin das Auge der Band. Das geht vom 24. bis 30. Dezember.

Wie feiern Sie da Weihnachten?

Mein Sohn Espen ist die ganze Zeit dabei, mit Babysitter, und mein Mann kommt am 24. Dezember für zwei Tage nach Rotterdam. Wir gehen an Heiligabend nach der Nachmittagsvorstellung essen, auch die Bandmitglieder und deren Familien, und feiern alle gemeinsam.

Mit ihrem Dreijährigen sprechen Sie Norwegisch. Wie kommt das?

Meine Mama kommt aus Norwegen. Ich bin zweisprachig aufgewachsen, meine Verbindung zu Norwegen ist tief und innig. Die sprachliche Verbindung wollte ich auch meinem Sohn mitgeben. Am 1. Januar fahre ich mit ihm auch für eine Woche nach Norwegen und besuchen die ganze Familie dort.

Im Zirkus sind Sie teilweise auch aufgewachsen, im poetischen "Roncalli", in dem Ihr Vater die Zirkusband leitete. Wie war das Unterwegssein?

Ich habe ab dem dritten Lebensjahr bis zur Schule im Zirkus gelebt und sogar noch ein Jahr lang die Zirkusschule besucht. Das hat mich auf jeden Fall geprägt, dieses Freisein, unterwegs sein, draußen spielen und Menschen kennenlernen. Es war ein großer Einschnitt, als wir dann fest in unserer Wohnung lebten und ich regelmäßig zur Schule ging. Ich spüre immer noch den Drang, zu reisen; eine kleine Rastlosigkeit schlummert in mir.

Das ist ja gut, wenn man eine Band mit Auftritten überall hat ...

Das geht vielen Musikern so. Man wünscht sich weg, und wenn man weg ist, will man gerne wieder nach Hause. Im Januar und Februar ist es bei uns ruhiger, aber im Frühjahr geht es wieder los.

Was machen Sie denn so alles?

Wir spielen auf Firmenfeiern, auf dem Kreuzfahrtschiff MS Europa, bei privaten Veranstaltungen. Ich trete auch viel allein auf und begleite mich am Klavier.

Sie haben ja auch noch einen Lehrauftrag für Jazzgesang an der Hochschule Saarbrücken.

Da habe ich im letzten Semester aufgehört. Ich brauche mehr Zeit für mich und mein Kind. Aber es hat viel Spaß gemacht, mit den Studenten zu arbeiten und ihnen Lebenserfahrungen mitzugeben, wenn sie sich auf das Musikerdasein vorbereiten wollen. Jetzt unterrichte ich noch an der Jazz- und Rock-Schule in Trier Kinder und Erwachsene in Gesang und Erwachsene auch in Klaviergesang, damit sie in der Lage sind, sich selbst am Klavier zu begleiten.

Ist das schwierig?

Ich finde nicht. Aber es gibt nicht viele, die sich das trauen und dann auch gut machen. Ich habe selbst erst vor einigen Jahren angefangen, das intensiv zu betreichen, und es ist jetzt mein drittes berufliches Standbein geworden neben der Band und dem Unterricht. Man ist unabhängiger und sehr frei, seine eigenen Interpretationen vorzutragen. Das macht sehr viel Spaß.

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