Corona-Virus

Heidelberger Student steht in China unter "Hausarrest"

Stefan S. war beim Ausbruch des Virus in Wuhan - Nach Deutschland will er aber noch nicht zurück - "Sorgen mache ich mir eigentlich keine"

28.01.2020 UPDATE: 29.01.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 39 Sekunden
Corona-Virus aus China
Temperaturmessung am Flughafen Wuhan Tianhe International Airport bei den Passagieren. Die Verunsicherung durch den Coronavirus ist groß. Foto: Emily Wang/AP/dpa

Von Denis Schnur

Heidelberg/Hefei. Eigentlich wollte der Heidelberger Medizin-Student Stefan S. (Name der Redaktion bekannt) seinen 31. Geburtstag anders verbringen: "Ich wollte mich mit einer Freundin in Chongqing treffen." Doch stattdessen saß er am gestrigen Dienstag alleine in seiner Wohnung im chinesischen Hefei, wo er seit Herbst ein Auslandsjahr absolviert.

Vor die Tür durfte er nicht, Besuche empfangen auch nicht. Denn S. war zur falschen Zeit am falschen Ort: Ab Anfang Januar war er für ein zweiwöchiges Praktikum in einer Klinik in Wuhan, jener Stadt, in der das Coronavirus ausbrach – auch in dem Krankenhaus, in dem er arbeitete. Weil er sich dabei theoretisch infiziert haben könnte, muss S. sich derzeit von seinem Mitmenschen fernhalten.

Dabei ging im Januar in Wuhan lange alles weiter seinen geregelten Gang: "Uns wurde natürlich gesagt, dass wir immer Mundschutz und Kopfhaube tragen und noch mehr auf Hygiene achten sollen", berichtete der 31-Jährige per Telefon aus China. "Aber der Klinikalltag ging weiter." Und das änderte sich erst nach seinem Praktikum, das am 20. Januar endete. Dem Tag, an dem feststand, dass das Virus von Mensch zu Mensch übertragbar ist, ab dem das Problem deutlich ernster genommen wurde. "Am 21. Januar hat mich die Uni Heidelberg angerufen und mir vorgeschlagen, sofort nach Deutschland zurückzukommen", berichtet S..

Wie ihm dürfte es auch den rund 40 anderen Heidelberger Studierenden gegangen sein, die derzeit im Rahmen von Austauschprogrammen in China sind – oder deren Reise dorthin unmittelbar bevorsteht. "Das Dezernat Internationale Beziehungen steht mit den Studierenden in direktem Kontakt", betont die Universität Heidelberg in einer Pressemitteilung und verspricht Unterstützung, sollte jemand China vorzeitig verlassen wollen.

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Doch S. lehnte ab: "Ich hatte schon mein Zugticket für den 23. Januar nach Chongqing gebucht. Außerdem will ich weiter in China studieren." Ähnlich reagierte er, als kurz darauf die chinesische Gast-Uni in Hefei anrief und ihn aufforderte, in Wuhan zu bleiben. "Ich habe mich ziemlich widersetzt", lacht er. "Aber ich hatte nichts mehr zu tun in Wuhan – und wollte nicht dort bleiben."

Doch um ein Haar hätte er genau das gemusst: Denn vier Stunden, bevor sein Zug die Metropole verlassen sollte, kam die Nachricht, dass Wuhan abgeriegelt wird: Niemand darf die Stadt verlassen, der öffentliche Verkehr wird eingestellt. "Da dachte ich: Oh Mist! – aber ich wollte raus." Also nahm er sich ein Taxi und versuchte in eine Nachbarstadt zu kommen – bis eine Straßensperre sie daran hinderte. "Nur über kleine Seitenstraßen kamen wir raus." Am nächsten Tag wäre auch das nicht mehr möglich gewesen: "Ich habe wirklich Glück gehabt. Sonst wäre ich jetzt noch in Wuhan."

Doch an der Uni in Hefei war man darüber weniger amüsiert: S. musste direkt zurückkommen und sich im Krankenhaus untersuchen lassen. "Bei mir war aber alles in Ordnung." Dennoch bestand die Universität darauf, dass sich der angehende Arzt zwei Wochen lang isoliert. So lange kann es dauern, bis sich nach der Ansteckung Symptome zeigen. Deshalb gilt für ihn nun eine Art Hausarrest. Der Uni musste er sogar schriftlich versichern, dass er sich daran hält. "Deswegen sitze ich jetzt seit vier Tagen in meiner Wohnung fest", erklärte er.

Doch die Vorsichtsmaßnahmen gehen sogar noch weiter: "Man hat mir ein Fieberthermometer geschickt und ich muss meiner Uni jeden Morgen ein Foto der Temperatur schicken." Einmal stand sogar die Polizei vor der Tür und fragte nach seinem Befinden: "Die nehmen das auf jeden Fall sehr ernst."

Kein Wunder, dass sich in China gerade gefühlt alles um den Virus dreht. "In neun von zehn Beiträgen in den Sozialen Medien geht es darum", berichtet der Medizin-Student. Gleichzeitig seien die Straßen ziemlich leer – denn die Verwaltung hat die Bürger aufgefordert, den Kontakt zu anderen Menschen auf ein Mindestmaß zu begrenzen. Die Schulen und Hochschulen – auch S.s Uni in Hefei – haben ihre Ferien verlängert, Bibliotheken und Lernräume auf dem Campus sind geschlossen.

"Aber Sorgen mache ich mir eigentlich trotzdem keine", versichert der 31-Jährige. Einerseits hält er es für unwahrscheinlich, dass er sich infiziert habe. Außerdem sei an dem Virus bislang kein gesunder, junger Mensch gestorben. Entsprechend will Stefan S. auch den zweiten Teil seines Auslandsjahres in China verbringen – eine Rückkehr nach Deutschland ist derzeit kein Thema. "Aber erstmal muss ich jetzt noch diese zehn Tage in meiner Wohnung rumkriegen."

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