Wissenschaftsministerin Bauer diskutierte mit Studiengebühren-Gegnern

Wenn das "Schöne und Gerechte" auf die Realpolitik trifft: Emotionaler Austausch ohne Ergebnis, aber mit Polizeikontrolle.

25.01.2017 UPDATE: 26.01.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 3 Sekunden

Ein Student übergab Theresia Bauer den "etwas kümmerlichen Eigenbeitrag". Foto: Alex

Von Denis Schnur

Heidelberg. Es waren Welten, die am Dienstagabend im Bergheimer "Forum am Park" aufeinandertrafen: Da die grüne Wissenschaftsministerin Theresia Bauer, die neue Studiengebühren einführen will, und dort die Studenten, die vehement dagegen sind. Beide Seiten wussten, dass da kein Konsens zu erwarten war. "Die Motive des anderen nachzuvollziehen, selbst wenn man sie nicht teilt, ist aber auch etwas wert", erklärte Bauer, warum sie trotzdem die Gegner ihres Vorhabens zur Diskussion geladen hatte - darunter vor allem politische Hochschulgruppen.

Und das Bedürfnis zum Austausch war bei den Studenten groß: Auch wenn Bauer gebeten hatte, nur mit wenigen Vertretern pro Gruppe zu kommen, war das Forum gut gefüllt. An die 100 Studenten kamen, viele empfingen die Ministerin schon am Eingang mit Transparenten. Drinnen ging es ähnlich weiter: Nach der Begrüßung Bauers überreichte ihr ein Student eine Box als "Eigenbeitrag", da das Land ja klamm sei: "Ganz Heidelberg hat zusammengelegt", erklärte er. Das Ergebnis - 3,47 Euro, 230 Rupien sowie Sanifair-Coupons - sei zwar "etwas kümmerlich", aber offenbar wolle niemand für die Landeskasse spenden.

Es wurde viel miteinander, aber noch mehr aneinander vorbei diskutiert. Realpolitikerin Bauer sprach von "konkreten Aufgaben", der Lücke im Haushalt und der Ungerechtigkeit von Schulden. "Es gibt angenehmere Dinge als solche Gesetze", erklärte die Grüne, aber es gebe Gründe, "über das Privileg der Gebührenfreiheit nachzudenken". Da massives Sparen keine Alternative sei, seien die Gebühren notwendig. Ein Appell an Studenten, Rektoren und Politiker, andere Möglichkeiten innerhalb des Ressorts vorzuschlagen, sei ohne Ergebnis geblieben. Und da man das Versprechen von Gratis-Bildung nicht für die ganze Welt halten könne, sei die Begrenzung sinnvoll - zumal fast alle anderen EU-Länder von Zugezogenen Geld verlangten. Zudem seien die Gebühren sozial vertretbar - schließlich gebe es Ausnahmen und Stipendien.

Die meisten Studenten argumentierten grundsätzlicher: "Bildung ist ein Menschenrecht, keine Ware", erklärten sie. Im Vorstoß der Ministerin sehen sie kurzfristig eine Diskriminierung ausländischer Studenten, langfristig die Wegbereitung für allgemeine Studiengebühren. Bauer spalte die Studentenschaft und gefährde zudem die Internationalisierung der Hochschulen. Ihre pragmatische Rhetorik kam nicht gut an: "Diese Sachzwanglogik ist ein einfacher Trick der Politik, der vorgebracht wird, wenn man keine besseren Argumente hat", so ein Student.

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Aber auch bei den Prognosen gingen die Meinungen weit auseinander: Bauer geht davon aus, dass die Gebühren sich rechnen und die Zahl ausländischer Studenten in Baden-Württemberg nicht signifikant sinkt. Die Studenten bestritten vor allem die zweite Annahme: "Warum sollte man hier den Haushalt konsolidieren, wenn man in Berlin umsonst studieren kann?" Da demnach die Zahl der Studenten stark sinke, bringe die Reform mehr Aufwand als Nutzen: "Sie wetten auf etwas, von dem auch Experten sicher sind, dass es nicht eintritt."

Nach zwei Stunden zogen beide Seiten nüchtern Fazit: "Ihr habt ein Bild, andere haben ein anderes", so der hiesige Grünen-Chef Florian Kollmann. "Wir müssen den Druck auf die Straße tragen", sagte ein Student unter großem Applaus. Eine andere appellierte an die Ministerin, "das Schöne und Gerechte nicht ganz zu vergessen, wenn Sie zurück in die Realpolitik gehen".

Und obwohl alles friedlich blieb, nahmen Polizisten am Ende die Personalien von etwa 20 Studenten auf, die am Ausgang demonstrierten. Da waren sich Ministerin und Studenten dann doch einig: Dieses Vorgehen der Polizei wäre nicht nötig gewesen.

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