Sagt der Uniklinik-Vorstand die Wahrheit?
Weitere E-Mails weisen auf intensive Mitarbeit bei PR-Kampagne hin - Keine offizielle Stellungnahme

Irmtraud Gürkan (l.) und Prof. Dr. Annette Grüters-Kieslich. Archivfoto: Philipp Rothe
Von Denis Schnur
Heidelberg. Wer wusste wirklich von der verfrühten PR-Kampagne für den Brustkrebs-Bluttest - und hätte diese verhindern können? Die beiden Vorstandsvorsitzenden des Uniklinikums, Annette Grüters-Kieslich und Irmtraut Gürkan, betonten im RNZ-Interview, sie seien von HeiScreen, der Firma, die den Test vermarkten sollte, "sehr bewusst im Unklaren gelassen" worden und fühlten sich getäuscht. Gleichzeitig liegen der RNZ weitere interne E-Mails vor, die zeigen, dass ein Teil des Vorstandes und die Öffentlichkeitsabteilung des Klinikums sehr wohl früh eingebunden waren.
Schon am 6. April hatte die RNZ berichtet, dass sowohl die am 21. Februar verschickte Pressemitteilung, die fälschlicherweise die baldige Marktreife des Testes ankündigte, als auch das Interview mit der Bild-Zeitung, das den Test am selben Tag als "Weltsensation" anpries, zuvor eng mit dem Vorstand und der Pressesprecherin des Klinikums Doris Rübsam-Brodkorb abgestimmt wurden.
"Wenige Stunden beziehungsweise Tage vor der Pressekonferenz habe ich den Text des bereits erfolgten Bild-Interviews - ohne Schlagzeile und Foto - lesen können", erklärte Grüters-Kieslich im Interview. Deutlich früher waren jedoch Rübsam-Brodkorb sowie Andreas Draguhn, Dekan der Medizinischen Fakultät und ebenfalls Vorstandsmitglied, im Bilde: Schon am 6. Februar bekamen die beiden einen Entwurf des Bild-Artikels zu lesen.
Vor allem wusste Draguhn aber schon am 28. Januar, dass eine PR-Kampagne geplant war. An diesem Tag hatte er nach RNZ-Informationen mit HeiScreen-Investor Jürgen Harder telefoniert. Anschließend beschrieb er in einer internen Mail die "öffentliche Darstellung des Vortrags am 21.2.": "Pressemitteilung, Pressekonferenz, Web-Seite von HeiScreen". Grüters-Kieslich hatte dagegen der RNZ erklärt: "Dem Vorstand konnte (...) noch nicht einmal ansatzweise klar sein, dass es um ein breites Kampagnenkonzept gegangen ist" und dass dieses das Ziel einer "Produktbewerbung" gehabt habe. Draguhn dagegen begrüßte in der Mail ausdrücklich, dass die "Entdeckung" nun in ein "Produkt" verwandelt werde. "Dafür gibt es auf allen Ebenen grünes Licht, selbstverständlich auch im Namen der Fakultät."
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Auch bei HeiScreen gab es nach RNZ-Informationen Ärger über die Aussagen des Klinik-Vorstandes: Anfang April hatte deren Geschäftsführer Dirk Hessel an Grüters-Kieslich geschrieben und betont: "Sämtliche PR-Aktivitäten (...) wurden zwischen dem Universitätsklinikum, der HeiScreen GmbH und der eingeschalteten PR-Agentur im Detail abgestimmt. Dies lässt sich durch umfangreiche Korrespondenz im Einzelnen belegen."
Eine RNZ-Anfrage zu der Frage, wie früh der Vorstand tatsächlich in die Kampagne eingebunden war, ließ das Universitätsklinikum bis gestern unbeantwortet.