bookitgreen.com

Urlaub im Grünen

Mit der Buchungsplattform bookitgreen.com betreiben Moritz Hintze und Phillip Fickl ein Portal für nachhaltige Ferienunterkünfte

27.05.2019 UPDATE: 28.05.2019 06:00 Uhr 3 Minuten, 8 Sekunden
Erholung in der Natur: Über 750 Unterkünfte, basierend auf umweltfreundlichen Auswahlkriterien, bietet die Buchungsplattform bookitgreen.com an. Auch die Knödl-Alm in Bad Mitterndorf in Österreich zählt dazu. Firmenbild

Von Matthias Kehl

Moritz Hintze ist 28 Jahre jung. Dennoch hat der in Heidelberg-Wieblingen geborene Unternehmensgründer bereits in unterschiedlichsten Großstädten der Welt gelebt. Sein Betriebswirtschaftsstudium führt ihn 2015 nach Sydney, 2016 und 2017 geht es weiter nach Dublin und Sankt Petersburg. "Ich wollte die Welt sehen", sagt Hintze. Doch zugemüllte Strände und Abfallberge in den Metropolen stimmen ihn dabei auch nachdenklich.

"Für mich selbst reifte die Erkenntnis, dass es mit dem Konsum so nicht endlos weitergehen kann", sagt Hintze beim Gespräch mit der RNZ. Auf der Suche nach nachhaltigen Aufenthaltsmöglichkeiten im Ausland wird er online kaum fündig - und feilt an seiner Geschäftsidee. Mit dem Wiener Phillip Fickl lernt der Betriebswirt 2016 in Österreich einen erfahrenen Gründer kennen, mit dem er im Januar 2017 das Portal bookitgreen.com ins Leben ruft. Eine Onlineplattform, die es Reisenden ermöglicht, Unterkünfte basierend auf umweltfreundlichen Kriterien zu buchen.

Fickl, der zuvor bereits acht Jahre Webseiten und Web-Apps für Firmen entwickelte, war sofort von Hintzes Idee angetan. "Moritz und ich ergänzen uns mit unseren unterschiedlichen Fähigkeiten gut", so der 26-Jährige, der die technische Expertise für die Entwicklung der Plattform mitbrachte, die mittlerweile monatlich über 11.500 Nutzer hat.

Über 750 Unterkünfte verteilt in Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien, Spanien und Portugal sind heute bei bookitgreen registriert - ausgewählt anhand bereits existierender Umwelt-Zertifikate und 15 von Hintze und Fickl festgelegten Nachhaltigkeitskriterien. Dazu zählen etwa Müllvermeidung, Ökostrom-Verwendung oder das Angebot von Bio-Lebensmitteln. Für eine Aufnahme ins Portal müssen mindestens vier Merkmale erfüllt sein. Auch die Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmittel oder regenerative Stromerzeugung zählen dazu. "Wenn eine Unterkunft vier Kriterien erfüllt, erhält sie ein grünes Blatt, wobei fünf die oberste Kategorie darstellt", erklärt Hintze. Bei zehn erfüllten Merkmalen erhält die Unterkunft das offizielle bookitgreen-Siegel.

Der Heidelberger Moritz Hintze (r.) und der Wiener Phillip Fickl sind die Gründer der Plattform bookitgreen.com. Foto:Thomas Trutschel

Hintze berichtet selbst begeistert von seinem letzten Urlaub im Grünen. Zuletzt nächtigte er in einer Unterkunft im bayrischen Oberammergau. "Der Erholungseffekt", betont er, "ist in der Natur viel größer". Wöchentlich bekommt sein Portal zwischen drei und fünf Unterkunftsbewerbungen, die er genau unter die Lupe nimmt. Konkurrenz sieht Hintze auf dem Markt nicht. "Das hängt damit zusammen, dass wir die einzige auf Nachhaltigkeit bedachte Buchungsplattform mit überregionale Ambitionen sind", so der Heidelberger. Monatlich verzeichnet bookitgreen derzeit 35.000 Seitenaufrufe und verdoppelte die Anzahl der Buchungen im Vergleich zum Vorjahr.

Und dennoch stellt sich für Hintze und Fickl die Finanzierungsfrage. Die Gründer beziehen selbst kein Gehalt. "Wir investieren unsere Arbeitszeit in etwas, was in Zukunft funktionieren kann", sagen sie. Geld fließt über Provisionsanteil bei Buchungen oder Investorengelder. Während Fickl parallel als Geschäftsführer weiter für seine Webagentur arbeitet, betreibt Hintze den Onlineshop samebutgreen, wo er nachhaltige Reiseutensilien verkauft. Alle Einnahmen, die Hintze und Fickl durch bookitgreen generieren, fließen in den Ausbau der Plattform. Bisher umfasst dies seit der Gründung im Januar 2017 eine Summe von circa einer Viertel Million Euro. 25.000 Startkapital bekamen die Gründer einst in Berlin von dem Start-up-Förderungsprogramm "Axel Springer Plug&Play Accelerator" als Gegenleistung für fünf Prozent der Unternehmensanteile. Nach den ersten genierten Buchungen kamen weitere Investoren und Förderer hinzu - wie etwa das EU-Förderprogramm Climate-Kic.

"Wir wollen zeigen, dass Umweltbewusstsein, nicht automatisch Verzicht bedeutet", beschreibt Hintze die Unternehmensphilosophie. Großen Schaden für die Umwelt richten zwar insbesondere Flüge an. "Doch belehren und verbieten ist nicht unser Ansatz", sagt Hintze.

Bookitgreen also als grüne Alternative zum Modell des Pauschalurlaubs? "Wenn man bei den Unterkünften ansetzt, integriert man sowohl Ort, Gastgeber als auch den Kunden", so der Heidelberger. Wer über die Plattform nach Übernachtungsmöglichkeiten in der Natur, am Wasser, in der Stadt oder in den Bergen sucht, könne bewusst die Rahmenbedingungen seines Aufenthalts bestimmen. Mit Vergünstigungen für die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln setzen die Gründer zusätzliche Anreize zum Umweltschutz.

"Das Thema Nachhaltigkeit ist in einer breiten Bevölkerungsschicht bereits angekommen", findet Hintze. Auch wenn das Unternehmen noch nicht riesige Wachstumsraten verzeichnet, bleibt der von Haus aus umweltbewusst erzogene Hintze dran an seinem Herzensprojekt. Er und Partner Fickl denken groß: "Unser Ziel ist es, dass zukünftig über unser Portal - von der Anreise bis zu Unternehmungen vor Ort - alles gebucht werden kann." Dazu wollen die beiden Gründer ihr überregionales Angebot immer mehr erweitern. Wenn es nach ihnen geht, auf alle Kontinente.

Wer über die "grüne Plattform" bucht, kompensiert automatisch den CO2-Ausstoß seiner Reise. "Aus Studien zum Thema Nachhaltigkeit beim Reisen geht hervor, dass Reisende in einer nachhaltigen Ferienunterkunft im Durchschnitt 90 Liter Wasser und 5 Kilogramm CO2 sparen", so Hintze. Darüber hinaus soll durch die Buchungen Aufforstung gefördert werden. "Für jede gebuchte Übernachtung wird pro Person und pro Nacht ein Baum gepflanzt", sagt Fickl. Die Gründer arbeiten in ihrer jeweiligen Heimat an der Weiterentwicklung ihres Portals. Fickl in Wien, Hintze von Heidelberg aus. "Man sieht mich eigentlich immer vorm Computer oder am Telefon", so Hintze. Das "überwältigend positive Feedback" treibt die Jungunternehmer an. Sie glauben: "Wenn sich mehr Menschen auf umweltfreundlichen Urlaub besinnen, wird man den Effekt schnell bemerken."