Schöne Natur und Kultur auf dem Venuspfad
Der Pfad bietet Archäologie am Wegesrand und ein grandioses Panorama.

Von Christiane Bachert und Alex Wenisch
Der Venuspfad, einer der sechs Römerpfade im Odenwald, liegt mitten im badischen Odenwald. Der als Rundweg angelegte Wanderweg streift die Limbacher Ortsteile Balsbach und Wagenschwend. Die Touristikgemeinschaft Odenwald e.V. hat in Kooperation mit insgesamt sechs Kommunen im Odenwald das Thema Römer und Limes aufgegriffen und neben dem Venuspfad fünf weitere Kurzwanderwege eingerichtet, die wir in einer kleinen RNZ-Serie vorstellen.
Unsere heutige Tour startet am Wanderparkplatz, der zwischen der L 524 und dem Ortsteil Balsbach liegt. Wir folgen der Wegmarkierung, dem roten "R", in nördliche Richtung in den Wald hinein. Nach etwa 200 Metern erreicht man den sogenannten Mudauer Heerhag, der etwa 50 Meter weiter im Wald sichtbar ist.
An dieser Stelle erreichte einst eine Wegverbindung vom Neckar zum Main das Gebiet des Kurfürstentums Mainz. Die Kurmainzische Verwaltung unterhielt hier im Spätmittelalter ein Wachthaus, kontrollierte den Verkehr und erhob Zölle.
Eine etwa 400 Meter lange Sperranlage zwang die Reisenden, die Grenze an der Station zu passieren. Die Grenzsperre bestand aus zwei eineinhalb Meter tiefen Gräben und dahinter aufgeworfenen Wällen.
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Auf diesen Wällen war eine undurchdringliche Hecke aus ineinander geflochtenen Hainbuchen und Dornsträuchern gepflanzt. Der Hag musste von der Bevölkerung der Cent Mudau in Fronarbeit gepflegt werden. Während des Bauernkrieges 1525 beschädigten die Einwohner der umliegenden Dörfer die Kontrollstelle. Wenige Jahre später wurde der Heerhag komplett zerstört und nicht mehr aufgerichtet.
Hier macht unser Weg einen Abstecher zum ehemaligen Wachtposten am Heunebuckel. Mit Seitenlängen von 8,3 auf 8,1 Metern war der "WP 10/44" wohl der größte und vermutlich auch der höchste Turm am gesamten Odenwaldlimes. Heute ist nur noch ein Steinhügel von den einst mächtigen Ausmaßen zu sehen. Das Fundament wurde lose wieder aufgesetzt um dem Wanderer eine Vorstellung zu ermöglichen.
Wieder zurück auf dem Hauptweg folgt man der Markierung durch herrliches Waldgebiet. An der Kreuzung kann man schon das erste römische Highlight erkennen: Die originalgetreue Steinnachbildung des Viktoria-Reliefs. Es wurde ganz in der Nähe bei Ausgrabungen am Kleinkastell Robern gefunden.
Die Göttin Victoria verkörpert den ewigen und immerwährenden Sieg des Römischen Reiches. Im Kontext der römischen Armee, wie hier im Gebiet am Limes, wird sie häufig abgebildet. Ihr wichtigstes Attribut ist die Weltkugel, auf die sie meist ihren Fuß setzt. Wie auf dem Relief zu sehen, steht sie sogar vollständig auf der unterworfenen Welt.
Ikonographisch geht das Bild der Victoria auf Darstellungen der Venus zurück. Das Original ist im Römermuseum Osterburken ausgestellt, eine Nachbildung findet man im Museum Wagenschwend.

Wir verlassen nun das Waldgebiet und können schon den idyllisch gelegenen Ortsteil Balsbach vor uns sehen. Das Solarwindrad, eines von insgesamt 11 Kunstobjekten des Künstlers Harnisch am Kunstwanderweg Balsbach, steht direkt am Ortsrand. Wer das nächste Mal kommt, kann diesen etwa fünf Kilometer langen Rundweg wandern. Der Wegeverlauf unseres Venuspfades führt aber in die Ortsmitte.
Nicht verpassen sollte man das Kloster Balsbach, für das man etwas weiterwandert. Der Konvent der Clarissen-Kapuzinerinnen stammte aus Dresden-Klotzsche. 1947 musste er dem politischen Druck in der damaligen Ostzone weichen und fand vorübergehend in Oberzell bei Würzburg Unterkunft. Zwei Jahre später gaben die Brüder Otto und Karl Lenz aus Balsbach den Schwestern in ihrem Elternhaus ein neues Heim, auf dem Grundstück stand seit Anfang der 1930er-Jahre eine Marienkapelle.
In den Folgejahren entstand der Klosterkomplex. Nach dem Tod der beiden Brüder 1964 wurden Kapelle und Wohnhaus abgerissen und an der Stelle die Filial- und Klosterkirche "Christkönig" mit dem Ortspatron, dem Heiligen Sebastian, und den Nebenpatronen, den Heiligen Franziskus und Clara, errichtet. 2015 zogen die Schwestern nach Gengenbach. 66 Jahre Klostergeschichte in Balsbach und in der Region gingen zu Ende. Heute steht das Kloster leer und sucht nach einer neuen Bestimmung.
Nach dem Abstecher zum Kloster kehrt man zur Kreuzung zurück und folgt weiter dem "R" aus dem Ort heraus. Der Odenwald ist als eine fromme Gegend bekannt, daher geraten im weiteren Verlauf besonders die zahlreichen historischen Bildstöcke, Marienverehrungen und Feldkreuze ins Blickfeld. Man sollte einmal über den Friedhof Wagenschwend gehen. Hier liegt das Grab von Hanka Szendzielarz.
Die Wagenschwender Frauen pflegen seit 1945 das Grab der polnischen Zwangsarbeiterin. Sie kam auf Umwegen in den Odenwald und war die Ehefrau des heute als polnischer Nationalheld bekannten Zygmunt Szendzielarz. Er befehligte die polnische Heimatarmee, die erst gegen die Deutschen, später gegen die Russen kämpfte – unter den Kommunisten galt er als Verbrecher, heute ist er posthum gefeierter Nationalheld.
Kurz vor Kriegsende geriet Hanka zwischen die Fronten und wurde tödlich verletzt. Wer eine Rast einlegen möchte, kann dies nun an der Jupiterbank am Ortseingang von Wagenschwend tun.
Hintergrund
Start/ Ziel: Wanderparkplatz Balsbach
Streckenlänge: 8,1 Kilometer
Schwierigkeit: 2 (von 4)
Höhenmeter: 73 m hoch und 73 m runter
Dauer: 2 h (abhängig von Pause, etc.)
Rastmöglichkeiten: Wanderparkplatz (Start), Kloster Balsbach,
Start/ Ziel: Wanderparkplatz Balsbach
Streckenlänge: 8,1 Kilometer
Schwierigkeit: 2 (von 4)
Höhenmeter: 73 m hoch und 73 m runter
Dauer: 2 h (abhängig von Pause, etc.)
Rastmöglichkeiten: Wanderparkplatz (Start), Kloster Balsbach, Jupiterbank am Ortseingang Wagenschwend, Museum Wagenschwend, Panoramablick
Anreise Mosbach/Mudau: Bus 832 bis Haltestelle Wagenschwend Grüner Baum oder Haltestelle Balsbach Campingstraße; Buchen/Mudau/Eberbach: Bus 821 Haltestelle Wagenschwend Linde oder Dorfmuseum; Waldbrunn/Mudau: Bus 840 Haltestelle Grüner Baum oder Haltestelle Balsbach Campingstraße – PKW: Über die B27 nach Limbach zum OT Balsbach; über die B27 nach Fahrenbach zum OT Balsbach
Weitere Infos: www.roemerpfade.de
Wagenschwend ist ein Teilort von Limbach und wurde 1322 erstmals urkundlich erwähnt. Die Geschichte erzählt nicht immer von einer florierenden Zeit. Vielmehr prägten Hunger und Entbehrung die kleine Gemeinde. Erst der Zuzug der Heimatvertriebenen ließ in den Nachkriegsjahren die Einwohnerzahlen wieder steigen.
In der Ortsmitte steht eindrucksvoll die Kirche "Hl. Kreuz Wagenschwend". Sie wurde 1870 im neoklassizistischen Stil erbaut und war Gotteshaus für die Wagenschwender und Balsbacher Katholiken, die vorher den beschwerlichen Weg zu Fuß nach Limbach zur Kirche gehen mussten. Im 25 Meter hohen Buntsandstein-Turm befinden sich drei Glocken, die nach dem "Te Deum" Motiv erklingen.
Das Highlight ist das Museum Wagenschwend im ehemaligen Rathaus. Es gibt Einblick in die Alltags-, und Arbeitswelten des Dorfes. Die Geschichte soll zu neuem Leben erweckt werden. In liebevoller Arbeit werden die Ausstellungen professionell aufbereitet: Es gibt eine Barbierstube zu sehen, eine Schusterwerkstatt, ein Musikzimmer, allerhand altes Handwerk – und eben auch das Relief der Viktoria als Nachbildung.
Das Museum ist von März bis Oktober jeden letzten Sonntag von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Zu dieser Zeit ist auch das Museums-Café mit selbstgebackenem Kuchenangebot geöffnet. Bei schönem Wetter kann man sogar im Freien unter den Sonnenschirmen sitzen.
Nach dem Museumsbesuch kehrt man zurück zum Venuspfad und folgt der Straße "Zum Feldkreuz". Am Waldrand vor der Abzweigung geht man ein kleines Stück weiter, um den Panoramablick zu genießen: Der Höhenzug mit bis zu 561 Metern erstreckt sich über die Landkreise Heilbronn, Ludwigsburg, Rems-Murr und Hohenlohe. Bei sehr guter Sicht kann man im Hintergrund sogar den Stuttgarter Fernsehturm erkennen.
Ein schmaler Pfad führt nun durch den "Farrenbusch"-Wald. Gleich nach der Abzweigung steht die zweite Steinnachbildung, die "Bauinschrift". Sie stammt von einer Turmstelle einige Kilometer nördlich. Auch südlich dieses Standortes liegen Reste von drei Wachttürmen in den Äckern und markieren den Limesverlauf.
Den letzten Weg-Abschnitt prägt die im Odenwald häufig zu sehenden Christbaumkulturen. An der Plantage steht das Kunstwerk "Animaratio" ebenfalls vom Künstler Hans Harnisch. Am Ziel begrüßt die originalgetreu nachgebaute Palisade. Abschließend kann man bei einer Pause an der Wanderhütte noch einmal die Strecke Revue passieren lassen und die Eindrücke verarbeiten.
Zu Ihrer Info:
Auf der Seite "Wandern auf dem Römerpfad" können Sie alle Artikel zu den Wanderwegen lesen.

Göttin Venus
Liebe und Erotik: Venus ist die römische Göttin der Liebe, des erotischen Verlangens und der Schönheit. Seit dem 4. Jhd. v. Chr. wurde sie des Öfteren mit der griechischen Aphrodite gleichgesetzt.
Tauben und Delphin: Die Attribute der Venus sind ihr Gürtel, Myrte, zwei Tauben, Muschelschale, Spiegel, Delphin.
Mutter und Tempel: Venus wurde als Stammmutter des römischen Volkes verehrt. Julius Caesar errichtete ihr auf dem von ihm angelegten Forum einen prächtigen Tempel.
Planet und Freitag: Nach Venus wurde der fünfte Wochentag Veneris dies genannt, daher ital. venerdi, franz. vendredi. Die Südgermanen setzten sie mit ihrer Göttin Frija gleich, daher die deutsche Bezeichnung Freitag. Auch der Planet Venus ist nach ihr benannt.
Kunst und Massenware: In römischer Zeit wurde die Venus häufig als Motiv in der Klein- und Handwerkskunst aufgegriffen, die mit preiswerten Materialien auch Massenware produzierte. Gelegentlich wurde sie auf Münzen abgebildet. Seit der Malerei der Renaissance wurde die Venus zur Vorlage für den weiblichen Akt. Eines der bekanntesten Kunstwerke ist die "Geburt der Venus" (1485/86) von Sandro Botticelli. Es hängt in den Uffizien in Florenz.