Balearen-Insel

Menorcas geheimnisvolle Steine

Schon die Talaiot-Kultur zwischen 2500 und etwa 200 vor Christus machte sich den Reichtum Menorcas an Steinen zunutze.

19.09.2025 UPDATE: 20.09.2025 04:00 Uhr 5 Minuten, 17 Sekunden
Das Rathaus ider ehemaligen Inselhauptstadt Ciutadella ist nur ein architektonisch beeindruckenden Gebäude am „Placa des Born“.  Foto: Armen Begic

Von Armen Begic

Enge Straßen, gesäumt von Trockensteinmauern, hinter jeder Kurve endlose Reihen Olivenbäume. Schon beim Anflug auf Mahón, im Katalanischen Maó und Hauptstadt Menorcas, zeigt sich eine Charakteristik der nordöstlichsten Balearen-Insel: Die von den rund 12.000 Kilometern Steinmauern – katalanisch "parets" – gerahmten Parzellen – "tanques" – bilden ein unnachahmliches Mosaik. Und Steine prägen die Geschichte der Insel. Gefürchtet waren die Künste von Menorcas Steinschleuderern, den "El Foners Balears", schon in der Antike, als sie für Hannibal gekämpft haben sollen. Unterbrochen werden die Parzellen nur von den "barreres", den für die Insel typischen handgeschnitzten Gattern aus Olivenholz.

Schon die Talaiot-Kultur zwischen 2500 und etwa 200 vor Christus machte sich den Reichtum Menorcas an Steinen zunutze. 274 ihrer Wohnstätten finden sich verteilt auf der Insel, die größte davon ist "Torre d’en Gaumés". Im Zentrum steht oft eine "Taula", wie sie es nur auf Menorca gibt. Hufeisenförmig von einer Steinmauer umgeben formen zwei Monolithe eine bis zu fünf Meter hohe T-Form.

Hintergrund

Infos: 
Anreise: TUI fliegt von Stuttgart immer donnerstags ab 49,99 Euro in etwa zwei Stunden in die menorquinische Hauptstadt Mahón.

Übernachten: Erwachsenen-Hotel Artiem Audax in Cale Galdana mit Pool, Sportraum,

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Infos: 
Anreise: TUI fliegt von Stuttgart immer donnerstags ab 49,99 Euro in etwa zwei Stunden in die menorquinische Hauptstadt Mahón.

Übernachten: Erwachsenen-Hotel Artiem Audax in Cale Galdana mit Pool, Sportraum, Spa und Bars sowie einer Bucht in der Nähe, DZ ab 120 Euro: www.artiemhotels.com 

Aktivitäten: Ausgrabung Torre d’en Galmés, Festung La Mola, Destillerie Xoriguer, Kloster auf dem Monte Toro, Hafenrundfahrt in Mahón, Zentrum Ciutadellas, Strände an der Nordküste.

Weitere Infos: www.spain.info/de/region/menorca-insel/ 

www.menorca.es/de 

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Heute vermutet man, dass sich dort ursprünglich rituelle Stätten befanden: Bei archäologischen Grabungen kamen Krüge und Tierknochen zutage, die an kultischen Plätzen häufig mit Wein und Opferfesten in Verbindung gebracht werden. Ähnlich eindrucksvoll sind die "Navetas" solcher Siedlungen: Die Begräbnisstätten wurden in Form eines umgedrehten Bootes errichtet, um die bis zu 100 menschlichen und tierischen Überreste darin sicher ins Jenseits zu bringen. Ob Phönizier, Griechen, Römer, Vandalen, Mauren, Briten oder Franzosen,

sie alle befreiten den Boden von seinen Steinen und schufen damit die Vielfalt, die Menorca heute so einzigartig macht.

Das ehemalige Fischerdorf Fornells im Norden der Insel zwingt einen gar zum Schlendern. Weitläufig ist die von Palmen gesäumte Promenade entlang des großen Naturhafens. Im Zentrum liegt ein Fischerboot in malerischer Ruhe auf Sand gebettet, das Meer auf der einen und die für Andalusien typischen, weiß getünchten Häuserwände auf der anderen Seite. Vor der Stadt befindet sich die begehbare Ruine des "Castell de Sant Antoni" aus dem Jahr 1625.

Außerhalb von Fornells warten romantische Sandstrände, Hügel aus rotem Gestein, gesprenkelt von grünen Büschen. Überhaupt ist die Landschaft alles andere als karg, etwa ein Drittel der Insel ist grün. Der Norden ist auch der geologisch ältere Teil der Balearen-Insel.

Die Küste und das Landesinnere ergeben ein raues, aber warmes Bild. Sie sind geprägt von dunklem Sandstein, dem Tramuntana, Dolomit und Kalk, Tonerde und rotem Lehm. Nicht weit von Fornells befindet sich auch Platja de Cavalleria, einer der schönsten unter den mehr als 100 Stränden entlang der Inselküste. Dort wirkt die Landschaft nahezu unberührt. Der rote Fels um den Strand reflektiert die Sonne und lässt den Sand golden schimmern.

Noch bis in den November hinein sind die Temperaturen so mild, dass die Strände dazu einladen, die Beine vom Meer umspülen zu lassen. Wohltuend ist es in dieser Umgebung, sich die Haut mit dem roten Sand einzureiben. Die Einheimischen sprechen ihm sogar eine heilende Wirkung zu.

Ein Panorama über Landschaft und Meer bietet das nahe gelegene Far de Cavalleria. Dort, am nördlichsten Punkt, steht der älteste Leuchtturm der Insel. Rund 100 Meter über dem Wasser bietet sich den Betrachtenden am Rand einer Klippe eine spektakuläre Aussicht, unterhalb liegen nur das Meer und die Ausgrabungsstätte eines Römerhafens.

Nicht viel weiter südlich liegt der höchste Punkt Menorcas. 357 Meter ragt der Monte Toro in den Himmel. Vom Gipfel kann man den Blick in jede Richtung über die Landschaft schweifen lassen. Besatzer des Eilands nutzten den Monte Toro, um Schiffe zu erspähen, die sich der Insel näherten.

Eine Burganlage auf dem "Hauptberg", wie ihn das Arabische "Al Thor" bezeichnet, wurde nie vollendet. An jener Stelle errichteten Augustiner-Mönche eine Kirche und gründeten einen Konvent. Heute ist es ein Franziskanerkloster mit dem klingenden Namen Santuari de le Mare de Déu del Toro.

Dessen Innenhof betreten Besuchende durch ein weißes Portal, gar paradiesisch muten die Palmen und Olivenbäumen an. In der Kirche zieht eine zu alter Pracht restaurierte Madonnen-Figur aus Holz als Teil des Heiligtums Verge del Toro die Besucher in ihren Bann. Am beeindruckendsten zeigt sich die endgültige christliche Übernahme im 13. Jahrhundert an der Christus-Statue, die auf dem Gipfel des Toro thront und schützend die Arme über Menorca breitet.

Folgt man der Straße Me-1, die vom Osten in den Westen führt, erreicht man Ciutadella. Gar als schönste Stadt Spaniens wird die zweitgrößte Gemeinde Menorcas gehandelt. Und das verwundert nicht: Imposant thront die in katalanischer Gotik gestaltete Kathedrale Santa Maria de Ciutadella inmitten des Altstadtzentrums, ihre massiven Mauern einer Festung gleich.

Dass sie im 14. Jahrhundert auf dem Fundament einer Moschee errichtet wurde, zeigt der Glockenturm. Er steht auf dem arabischen Fundament eines Minaretts, dessen Steine durch ein im Boden eingelassenes Gitter betrachtet werden können. Beim Bau von Santa Maria de Ciutadella wurde der für Menorca typische Marés-Kalkstein verwendet. Der Kircheninnenraum präsentiert ein eindrucksvolles Wechselspiel gotischer und barocker Elemente.

„La Mola“: Die Festung der spanischen Königin Isabella II. Foto: Armen Begic

In der Stadt selbst führen Pflastersteine durch prunkvolle Torbögen und kleine Gassen, hinter jeder Ecke warten prächtige Gärten oder Herrenhäuser darauf, entdeckt zu werden. Frei von Verkehrslärm lässt sich die Atmosphäre genießen, denn das Zentrum ist autofrei. Auf der Mitte der reich begrünten Placa des Born, des zentralen Platzes von Ciutadella, ragt ein 22 Meter hoher Obelisk in die Höhe, der an die Verteidigung gegen die Osmanen 1558 erinnern soll.

Seiner Wirkung stehen die architektonisch vielfältigen Gebäude um den Platz herum in nichts nach: Die Hafenseite bestimmt das herrschaftliche Rathaus – "Ajuntament" – mit seinen fahnenbehängten Zinnen. Wie so viele Gebäude ist es maurischen Ursprungs: Erst war es ein Kastell, später ein Palast – ein "Alcázar". Drei weitere Paläste umschließen die Placa des Born: Das Portal des Palau de Torre-Saura beeindruckt mit klassizistischen Elementen, ebenso prägend der Palau Salort, dessen Fassade um arabisch anmutende Arkaden ergänzt wird, die wiederum von der roten Fassade des Palau de Vivó kontrastiert werden.

Hat man den Platz überquert, vielleicht sogar in den menorquinischen Avarques, Ledersandalen, die ursprünglich aus dem Gummi alter Reifen gefertigt wurden und heute weltweit getragen werden, eröffnet sich einem der traumhafte Naturhafen: Unterhalb des Platzes tummeln sich kleine Fischerboote sowie Jachten, das Ufer säumen Bars und Restaurants.

Neben Spezialitäten aus dem Meer bekommt man dort auch Formatge, den traditionellen viereckigen Hartkäse. Beliebt ist auch eine Truita, ein Omelett mit Kartoffeln oder auch Auberginen, Paprika und Zucchini. Wer hingegen eine Leckerei zum Kaffee genießen möchte, lässt sich dazu Amargos reichen, die typischen Mandelplätzchen, oder Flam, einen gebrannten Karamellpudding. Die Lokale sind von Mai bis Oktober geöffnet, die Saison wird durch die milden Temperaturen aber immer länger.

Auf der östlichen Inselseite liegt Maó. 1722 lief die Stadt Ciutadella den Rang der Hauptstadt ab, als die Engländer den Naturhafen zur Basis ihrer Mittelmeerflotte erklärten. Vor allem am Vormittag lohnt sich eine Hafenrundfahrt, wenn die Sonne in das Becken scheint und die Bucht beleuchtet.

So weitläufig ist sie, dass dort vier kleine Inseln Platz finden. Von der militärischen Präsenz ist indessen nur noch wenig zu sehen, vom britischen Einfluss dafür umso mehr. Englische Bogenfenster durchbrechen die ansonsten überwiegend im spanischen Stil errichteten Gebäude.

In den Bars und Restaurants, die sich im pittoresken Hafenviertel aneinanderreihen, wird Gin ausgeschenkt, gerne auch mit Limonade als Pomada. Weil die Briten im 18. Jahrhundert nicht auf Spirituosen verzichten wollten, importierte eine Gruppe von Schnapsbrennern Wacholderbeeren.

Die größte Brennerei ist heute die Destilerías Xoriguer. Während einer Führung kann man den Meistern noch bei ihrem Handwerk zuschauen. Jeden Morgen werden die Beeren von Hand gesiebt. Nur die besten finden ihren Weg in den Gin, den Besucher am Ende der Führung verkosten können.

Die Stadt ist beliebt bei Touristen aus aller Welt. Regelmäßig wird sie von Kreuzfahrtschiffen angesteuert, die entlang der steil aus dem Meer emporragenden Kliffe einfahren. Stellenweise ist der Höhenunterschied innerhalb von Maó so groß, dass es seit wenigen Jahren einen gläsernen Aufzug gibt, der die Ober- und Unterstadt verbindet.

Einen wundervollen Ausblick auf den Hafen und die Küste im Osten bietet Fortaleza de la Mola. 1875 wurde die Festung der spanischen Königin Isabella II. vollendet. Beim Gang über die breiten Mauern oder durch die endlos scheinenden Katakomben bekommt man schnell das Gefühl, man befinde sich in einem Film. Auch Theateraufführungen bietet La Mola eine spektakuläre Kulisse, ebenso wie denjenigen, die sich aufmachen, um dort den nächtlichen Sternenhimmel anzuschauen.