Bonn/Berlin (dpa) - My home is my castle: Dieses englische Sprichwort kennen in Deutschland viele. Es bedeutet, dass ein Haus ein Ort der Zuflucht ist, ein sicherer Hort. Ein Grund, warum hierzulande viele eine Immobilie kaufen wollen.
Doch Immobilie ist nicht gleich Immobilie. "Es macht einen Unterschied, ob Sie ein Reihenhaus, eine Wohnung oder ein freistehendes Einfamilienhaus kaufen", sagt Gerold Happ vom Eigentümerverein Haus & Grund Deutschland.
Auch der Verband Wohnen im Eigentum (WiE) stellt in seinen Beratungen immer wieder fest, dass Käufer von Wohnungen oft falsche Vorstellungen haben. "Viele denken, es geht nur um das Sondereigentum, also ihre Wohnung", sagt Referentin Sabine Feuersänger. "Das ist aber falsch, denn als Käufer werde ich Teil einer Gemeinschaft - mit allen Rechten und Pflichten."
Wer eine Wohnung kaufen will, sollte sich deshalb nicht nur das Objekt anschauen, sondern das ganze Haus und alles, was dazu gehört.
Ob die Gemeinschaft zerstritten ist, können sie zum Beispiel aus der Beschlusssammlung herauslesen. Auch aus den Protokollen der Eigentümerversammlungen lassen sich Diskussionen über Maßnahmen nachvollziehen. "Da bekommen Sie ein gutes Bild über die Stimmungslage", sagt Feuersänger.
Auch die Substanz des Gebäudes sollte Käufer interessieren. "Wenn der Keller feucht ist, und ein Eigentümer will den Mangel beheben lassen, müssen Sie anteilig dafür aufkommen", erklärt Feuersänger. Daher sollte das Haus vor dem Kauf unter die Lupe genommen werden - am besten mit einem Experten.
In der Teilungserklärung stehen außerdem verbindliche Regelungen für Organisation und Verwaltung des Gemeinschaftseigentums, die Verteilung der Kosten unter den Miteigentümern sowie Gebrauchsregelungen zur Nutzung auch der eigenen Wohnung. "Studieren Sie die Teilungserklärung vor dem Kauf genau", sagt Feuersänger. "Und lassen Sie sich Fallstricke erklären."
Fünf häufige Irrtümer im Überblick:
Irrtum 1: Ich kann in meiner Wohnung alles verändern, wie ich will.
Das stimmt nicht ganz. Denn nach ihren Vorstellungen können Eigentümer nur das gestalten, was ganz klar zu ihrem Sondereigentum zählt. Dazu gehören zum Beispiel die Einbauküche, die Farbe an den Wänden, die Ausstattung des Badezimmers oder der Bodenbelag. "Was zum Gemeinschaftseigentum gehört, können Sie nicht einfach umbauen, erneuern oder austauschen", sagt Happ.
Wem zum Beispiel die Farbe der Außenfenster nicht gefällt, darf nicht einfach zum Pinsel greifen. "Außenfenster sind Gemeinschaftseigentum", sagt Happ. Das gilt auch für die Außenseite der Wohnungstür, tragende Wände, und sogar den Balkon. Wer hier modernisieren, reparieren oder austauschen will, braucht die Genehmigung der Miteigentümer.
Auch die Errichtung einer Markise darf nur mit der Zustimmung aller Eigentümer erfolgen, befand das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Az.: 20 W 370/84). Selbst bei einer auf Dauer angebrachten Lichterkette an der Balkonbrüstung müssen alle Eigentümer zustimmen, entschied das Landgericht Köln (Az.: 29 T 205/06). Denn auch das ist eine bauliche Veränderung.
Wer etwas baulich verändern will, muss sich oft vorbereiten. Wer etwa sein Bad umfassend umbauen möchte und dabei auch an den Estrich muss, braucht die Zustimmung der Gemeinschaft. "Denn der Estrich gehört zum Gemeinschaftseigentum", erklärt Feuersänger. Da sich die Gemeinschaft aber in der Regel nur einmal im Jahr trifft, müssen solche Arbeiten mit entsprechendem Vorlauf geplant werden.
Irrtum 2: Ich kann meine Wohnung vermieten, an wen ich will.
Grundsätzlich haben Eigentümer das Recht, ihre Wohnung auch an Dritte zu vermieten. "In der Teilungserklärung kann dieses Recht aber eingeschränkt werden", erklärt Happ. Wer also eine Wohnung kauft, die er später vermieten möchte, sollte hier nach Regeln suchen.
Für die Einschränkung dieses Rechts gibt es zwar Hürden, wie eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) zeigt (Az. V ZR 112/18). In dem Fall wollten die Eigentümer einer Miteigentümerin verbieten, ihre Wohnung an Urlauber zu vermieten. Ein entsprechender Beschluss muss aber nach Ansicht der Richter einstimmig gefasst werden. Jeder Eigentümer müsse sich darauf verlassen können, dass die Nutzung seiner Wohnung nicht ohne sein Zutun eingeschränkt wird.
In der Praxis kommt es aber immer wieder zu Problemen, weiß Happ. "Sie sind als Vermieter für Mieter verantwortlich." Kommt es zum Beispiel zu Ruhestörungen, können die übrigen Eigentümer sich an den vermietenden Eigentümer wenden.
Auch kollidieren Miet- und Wohneigentumsrecht häufig: "Eine Gemeinschaft kann die Tierhaltung verbieten, ein Vermieter kann das so grundsätzlich nicht", gibt Happ ein Beispiel.
Irrtum 3: Mit dem Kaufpreis für die Wohnung ist alles erledigt.
Nein. Eigentümer müssen nicht nur ihre eigene Wohnung in Schuss halten, auch das Gemeinschaftseigentum will gepflegt werden. Für größere Sanierungen oder Instandsetzungsvorhaben können die Eigentümer daran über Sonderumlagen beteiligt werden. "Informationen hierüber finden Käufer in der Beschlusssammlung", erklärt Happ. Die sollten sie vor dem Kauf beim Verwalter einsehen. "Da finden sich unter Umständen noch versteckte Kosten drin."
Ein Makler muss über solche Kosten nicht unbedingt aufklären. "Er muss Ihnen nur das sagen, was er weiß", gibt Happ zu Bedenken. Daher sollten Kaufinteressenten besser die Unterlagen einsehen. "Sie können auch die Jahresabrechnungen prüfen, da finden sich oft auch Hinweise auf entsprechende Arbeiten."
Ein weiterer Tipp: "Im Grundbuch sind Kredite verzeichnet, mit denen die Gemeinschaft bestimmte Maßnahmen finanziert hat." Für die Rückzahlung sind alle Eigentümer verantwortlich.
Irrtum 4: Hausgeld ist das gleiche wie Mietnebenkosten.
Das ist falsch. Das Hausgeld, das Wohnungseigentümer an die Eigentümergemeinschaft zahlen müssen, umfasst mehr als die Betriebskosten in der Mietwohnung. "Das Hausgeld enthält noch weitere Positionen wie zum Beispiel das Verwaltungshonorar, den Anteil für die Instandhaltungsrücklage und gegebenenfalls Ausgaben für Gerichtsverfahren", zählt Feuersänger auf.
Das sollten Käufer bei der Finanzierung berücksichtigen, selbst wenn sie die Wohnung vermieten. Der Grund: "Diese Kosten dürfen nicht auf Mieter umgelegt werden." Das Hausgeld muss außerdem auch gezahlt werden, wenn die Wohnung vorübergehend nicht nutzbar ist, entschied das Landgericht Berlin (Az.: 55 S 81/17).
Irrtum 5: Ich muss mich bei meiner Wohnung um nichts kümmern.
"Schön wäre es", sagt Feuersänger. "Das Gegenteil ist der Fall." Denn Eigentümer müssen sich nicht nur um ihre Wohnung kümmern, sondern auch um die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums. "Die muss nicht nur organisiert, sondern auch kontrolliert werden", sagt Feuersänger.
Die Liste der Aufgaben ist umfangreich: Eigentümer müssen Verträge mit den Verwaltungen aushandeln, ihre Geldanlagen und -ausgaben kontrollieren, die Jahresabrechnung prüfen, Beschlüsse zur Instandhaltung der Wohnanlage fassen und die Umsetzung der Aufträge im Blick behalten. Sie müssen die Leistungen der Verwaltungen beurteilen und im Zweifels- oder sogar Krisenfall selbst handeln.
"Viele Eigentümer verhalten sich wie Mieter", weiß Feuersänger aus der Praxis. "Sie müssen aber bereit sein, sich in die Gemeinschaft einzubringen." Denn Eigentum verpflichtet.