Spritpreise steigen vor erhoffter Senkung weiter an
Wann die Steuerentlastung an Verbraucher weitergegeben wird, bleibt unsicher.

Von Christof Rührmair und Andreas Hoenig
München/Berlin. Vor der Steuerentlastung ab Mittwoch haben die Spritpreise noch einmal kräftig zugelegt. Sowohl Benzin als auch Diesel haben sich im Vergleich zur vergangenen Woche um mehrere Cent verteuert, teilte der ADAC am Montag mit. Und dass die Spritpreise am Mittwoch abrupt abstürzen werden, ist alles andere als sicher. So wies das Finanzministerium darauf hin, dass die Steuerentlastung sich möglicherweise erst sukzessive in den Preisen niederschlagen wird.
So kostete Super E10 im bundesweiten Tagesdurchschnitt des Sonntags 2,129 Euro pro Liter. Das sind 3,9 Cent mehr als am Dienstag vergangener Woche. Diesel schlug mit 2,026 Euro zu Buche – ein Plus von 3,2 Cent pro Liter. Bei E10 setzt sich damit ein seit rund einem Monat anhaltender Aufwärtstrend fort: Ende April war der Kraftstoff noch mehr als 17 Cent billiger als derzeit. Bei Diesel bedeutet es dagegen eine Trendwende nach mehreren Wochen mit Abwärtstendenz. Der ADAC kritisiert beide Werte als zu hoch. Den jüngsten Anstieg führt er allerdings auf gestiegene Ölpreise zurück.
Zuletzt hatte es auch Spekulationen gegeben, dass der Anstieg der vergangenen Wochen mit der erwarteten Entlastung ab Mittwoch zu tun haben könnte. Allerdings ist Deutschland mit dem Anstieg der Superbenzinpreise seit Ende April nicht allein, wie Daten der EU-Kommission zeigen. Im Vergleich 25. April zum 23. Mai – aktuellere Zahlen liegen noch nicht vor – ergibt sich für 14 europäische Länder ein stärkerer Preisanstieg für die Sorte E5 als hierzulande.
Dass die Steuersenkung schnell und komplett weitergegeben wird, ist allerdings alles andere als sicher. Auch das Bundesfinanzministerium wies am Montag darauf hin, dass die Preise möglicherweise erst nach und nach sinken werden. Wurden Kraftstoffe bereits im Mai an die Tankstelle geliefert, so seien sie noch mit den alten und höheren Steuern belastet. Diese Kraftstoffe würden nach und nach verkauft, gegebenenfalls auch noch im Juni. Die Energiesteuer fällt nämlich nicht erst beim Tanken an, sondern in Raffinerien und Tanklagern.
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Auch der Zentralverband des Tankstellengewerbes wies am Montag darauf hin, dass Autofahrer nicht überall sofort mit sinkenden Spritpreisen rechnen können. Die wenigsten Betreiber würden es sich leisten können, "das teurer eingekaufte Benzin und den teurer eingekauften Diesel billiger anzubieten", sagte Verbandsgeschäftsführer Jürgen Ziegner.
Die Gestaltung der Preise ist zudem Sache der Tankstellenbetreiber beziehungsweise Mineralölgesellschaften, eine Pflicht zur Weitergabe der Entlastung gibt es nicht. Aus dem Finanzministerium hieß es allerdings, dass die Steuersenkung vollständig an die Endverbraucher weitergegeben werden soll. Zudem könne das Bundeskartellamt mit seiner Markttransparenzstelle für Kraftstoffe in Zukunft genauer prüfen, wie die Mineralölgesellschaften ihre Preise setzten.
Kartellamtspräsident Andreas Mundt sagte der "Bild"-Zeitung, seine Behörde habe "jede einzelne" der 14.500 Tankstellen in Deutschland im Blick. "Die Öl-Konzerne sollten wissen: Wir beobachten jeden ihrer Schritte ganz genau."
Finanzminister Christian Lindner (FDP) schrieb auf Twitter: Dass der "Tankrabatt" bei den Menschen ankomme, das sei nun "Aufgabe von Kartellamt und Co." Auch der ADAC hat bereits angekündigt, die Preisentwicklung an der Zapfsäule genau zu beobachten und fordert: "Wir erwarten, dass die Steuersenkung ab 1. Juni in vollem Umfang an die Verbraucher weitergegeben wird. Zudem besteht angesichts des überhöhten Niveaus reichlich Potenzial für Preissenkungen."
Angesichts der jüngsten Anstiege könnten die Spritpreise auch nach der Steuersenkung höher als vor Beginn des Ukraine-Krieges sein. Am Tag vor dem russischen Angriff hatte E10 etwa 1,750 Euro pro Liter gekostet, Diesel 1,663 Euro. Die steuerliche Entlastung beträgt – inklusive Mehrwertsteuer – bei Benzin 35,2 Cent pro Liter, bei Diesel 16,7 Cent. Selbst wenn beides komplett weitergegeben werden sollte, bliebe bei E10 ein leichtes, bei Diesel ein deutliches Plus übrig.