Goodyear-Reifenwerk Philippsburg: Stellenabbau soll im Januar beginnen
Goodyear schließt das Werk bis Ende 2017. Davon sind 900 Beschäftigte betroffen.

Gegen die Schließung des Goodyear-Werks in Philippsburg gibt es Proteste. Foto: Of
Von Hans-Joachim Of
Philippsburg. Bei dem von der Schließung bedrohten Goodyear-Reifenwerk in Philippsburg haben vor wenigen Tagen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erste formelle Gespräche über einen Interessensausgleich geführt. Zuvor haben Mahnwachen vor den Werkstoren auf die besondere Situation in der Stadt aufmerksam gemacht. Karsten Rehbein, Bezirksleiter der Industriegewerkschaft BCE: "Wir möchten aktuell ein Signal nach außen setzen und allen Beschäftigten am Standort eine Anlaufstelle für Fragen jeder Art bieten".
Die Stimmung bei Beschäftigten und vielen Menschen in der Region ist derzeit auf dem Tiefpunkt. In der Stadt Philippsburg herrscht politischer Ausnahmezustand. "Kalt erwischt worden" sei man vor etwa vier Wochen, als bekannt wurde, dass Goodyear Dunlop Tires Germany GmbH, größter Arbeitgeber in der ehemaligen Garnisonsstadt Philippsburg, sein vor 50 Jahren in Betrieb genommenes Reifenwerk bis Ende 2017 schließen will.
Der Stellenabbau soll bereits im Januar beginnen, die Schließung der Niederlassung dann zügig abgewickelt werden, war zu hören. Rund 900 Beschäftigte - darunter nicht wenige aus der Rhein-Neckar-Region - seien betroffen, wie vom US-Konzern mit Deutschlandsitz im hessischen Hanau zu erfahren war. In einer ersten Pressemeldung hatte geheißen: "Im Einklang mit dem strategischen Fokus von Goodyear, der wachsenden Nachfrage in den hochwertigen Segmenten des weltweiten Reifenmarktes nach Premium-Reifen gerecht zu werden und weniger in die Segmente des Reifenmarktes zu investieren, welche geringes Wachstum aufweisen oder rückläufig sind, hat Goodyear Dunlop Tires den Plan bekannt gegeben, ihr Reifenwerk in Philippsburg zu schließen".
Das Goodyear-Logistikzentrum am Standort Philippsburg mit etwa 250 Beschäftigten sei vom Vorhaben nicht betroffen.
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Die Nachricht kam aus heiterem Himmel, denn nichts hatte zuvor auf eine solche Situation hingedeutet, wie Bürgermeister Stefan Martus (parteilos) berichtet. Im Spätsommer war das Stadtoberhaupt zu einem Besuch auf dem Werksgelände gewesen. Dabei wurden ihm von der Standortleitung noch Investitionen vorgestellt. Jetzt müssen alle Möglichkeiten und Chancen zur Erhaltung des Werkes genutzt werden, so Martus, der bei der jüngsten Ratssitzung Unmut und Unverständnis gegenüber der Konzernleitung zeigte.
Es ginge, so der allgemeine Tenor, dem US-Großkonzern mit Deutschland-Zentrale in Hanau nur um Profit. Das Stadtoberhaupt hatte, wie alle Ratsmitglieder quer durch die Parteien, eine Solidaritätsbekundung mit allen Beschäftigten des Reifenwerkes unterzeichnet und das Schreiben an den Betriebsratsvorsitzenden Horst Haag weitergeleitet. Neben den regionalen Abgeordneten von Bund (Olav Gutting) und Land (Ulli Hockenberger) war auch Landrat Christoph Schnaudigel und Wirtschaftsmister Sigmar Gabriel eingeschaltet worden.
Bei einer öffentlichen Gemeinderatssitzung, die kürzlich in der Festhalle Philippsburg über die Bühne ging, stand das Thema "Goodyear" ganz oben auf der Tagesordnung. Dabei waren neben den erwähnten Politikern auch führende Köpfe der Geschäftsleitung vor Ort. Goodyear-Deutschlandchef Jürgen Tinz hatte hierbei unter lautstarkem Protest der Besucher die Schließungspläne als "alternativlos" bezeichnet.
Für den Betriebsratsvorsitzenden Horst Haag liest sich eine jetzt bekannt gewordene Pressemitteilung wie blanker Hohn. Es seien in den USA, in Indien und China neue Goodyear-Reifenwerke in Höhe von weit über 500 Millionen US-Dollar geplant.