Weiter kein Geld aus Russland für Ekosem-Agrar
Viele Fragezeichen um das Geschäft in Russland. Die deutsch-russische Firma muss erneut Anleihe-Zinsen stunden.

Von Matthias Kros
Walldorf. Die Walldorfer Ekosem-Agrar AG, deutsche Holdinggesellschaft der auf Milchproduktion in Russland ausgerichteten Unternehmensgruppe Ekoniva, macht im Dezember erneut von ihrem Recht Gebrauch, fällige Zinsen auf in Deutschland emittierte Anleihen zu stunden. Die Stundung der Zinsansprüche sei aus Sicht der Gesellschaft erforderlich, um die Fortführung des Unternehmens nicht zu gefährden und weil ein Transfer von Liquidität von Russland nach Deutschland in dem nach wie vor schwierigen politischen Umfeld weiterhin nicht möglich sei, teilte Ekosem-Agrar am Donnerstagabend mit.
Da das operative Geschäft des Walldorfer Unternehmens ausschließlich in Russland stattfindet, war Ekosem-Agrar im Ukraine-Krieg zwischen die Fronten geraten. Wegen der seither unterbrochenen Finanzkanäle kann das Unternehmen kein Geld von Russland nach Deutschland transferieren. Die Walldorfer hatten sich daher bereits im Mai 2022 im Rahmen einer Anleihegläubigerversammlung das Recht einräumen lassen, fällige Zinszahlungen an die Gläubiger stunden zu können. Es geht um zwei Anleihen mit einem Gesamtvolumen von 178 Millionen Euro.
Finanzielle Kennzahlen zur Geschäftslage hatte Ekosem-Agrar zuletzt nicht mehr mitgeteilt. Vor etwa einer Woche war in einer Presseinformation für die ersten neun Monaten 2023 lediglich von einer "stabilen operativen Entwicklung" die Rede. Genau Zahlen gab es nur zur produzierten Rohmilchmenge, die um fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen sei.
Damit mehren sich die Fragezeichen rund um Ekosem-Agrar. Geschäftsführer Stefan Dürr lässt sich auf Nachfrage nicht sprechen. Sorgen hatte Anfang September bereits die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft DWP geschürt, als sie dem Agrarkonzern das Testat für den Jahresabschluss 2021 verweigerte. Den Prüfern fehlten den Angaben zufolge vor allem Nachweise über die Möglichkeit, wie die Walldorfer künftig die Kontrolle über die russischen Tochtergesellschaften und die dort vorhandenen Zahlungsmittel ausüben wollen.
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Ekosem-Agrar ist nach eigenen Angaben eines der größten russischen Agrarunternehmen. Mit einem Bestand von mehr als 233.000 Rindern (davon über 112.000 Milchkühe) und einer Milchleistung von 3400 Tonnen Rohmilch pro Tag ist die Gesellschaft größter Milchproduzent des Landes. Darüber hinaus gehören die Walldorfer zu den größten Saatgutherstellern Russlands.