Walldorf

Ekosem-Agrar muss erneuten Rückschlag verdauen

Die Wirtschaftsprüfer versagen dem in Russland tätigen Agrarkonzern das Testat für die Jahresbilanz. Schuld ist wieder einmal der Ukraine-Krieg.

05.09.2023 UPDATE: 05.09.2023 06:00 Uhr 1 Minute, 34 Sekunden
Ekosem-Agrar ist größter Milchproduzent Russlands. Foto: dpa

Von Matthias Kros

Walldorf. Neuer Rückschlag für die Ekosem-Agrar AG mit Sitz in Walldorf, deutsche Holdinggesellschaft der auf Milchproduktion in Russland ausgerichteten Unternehmensgruppe Ekoniva: Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft DWP hat dem Agrarkonzern das Testat für die Jahresabschlüsse 2021 verweigert. Das berichtet Ekosem-Agrar in einer Pflichtmitteilung an die Börse.

Die Abschlussprüfer sähen sich "aufgrund fehlender Verzichtserklärungen der finanzierenden Banken sowie der Auswirkungen des Russland-Ukraine-Konflikts nicht in der Lage, ein abschließendes Prüfungsurteil abzugeben". Den Angaben zufolge fehlten vor allem Nachweise über die Möglichkeit, wie Ekosem-Agrar künftig die Kontrolle über die russischen Tochtergesellschaften und die dort vorhandenen Zahlungsmittel ausüben wolle.

Das Unternehmen hat zwar seinen Sitz in Walldorf, das operative Geschäft findet allerdings ausschließlich in Russland statt. Wegen der russischen Invasion in der Ukraine und die darauffolgenden Sanktionen steckt Ekosem-Agrar seit Jahren in einer wirtschaftlich schwierigen Situation und äußerte sogar die Befürchtung, enteignet zu werden. Zudem ist die Refinanzierung der Gruppe an den Kapitalmärkten erheblich erschwert worden.

Schon für das Jahr 2020 hatte der damals zuständige Abschlussprüfer EY, der zu den weltweit größten zählt, das fällige Testat nicht erteilt. Ähnlich wie jetzt DWP sahen sich die Prüfer aufgrund der Auswirkungen des Russland-Ukraine-Konflikts nicht in der Lage, ein abschließendes Prüfungsurteil abzugeben, hieß es zur Begründung.

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Unmittelbare Rechtsfolgen ergeben sich durch die fehlenden Testate für Ekosem-Agrar zunächst nicht. Auch die Verantwortlichen im Unternehmen zeigten sich auf Nachfrage am Montag gelassen: "Schon der Abschluss für das Jahr 2020 hatte vom damaligen Prüfer EY einen Versagungsvermerk bekommen", sagte ein Sprecher in Walldorf.

Vor dem Hintergrund der unveränderten geopolitischen Situation habe man daher bereits mit einem Versagungsvermerk auch für das Jahr 2021 gerechnet. "Nennenswerte Auswirkungen sind daraus für die Ekosem-Agrar AG bisher nicht entstanden".

Die Ekosem-Agrar AG ist nach eigenen Angaben eines der größten russischen Agrarunternehmen. Mit einem Bestand von mehr als 233.000 Rindern (davon über 112.000 Milchkühe) und einer Milchleistung von 3400 Tonnen Rohmilch pro Tag ist die Gesellschaft größter Milchproduzent des Landes.

Die Gruppe kontrolliert eine landwirtschaftliche Nutzfläche von rund 630.000 Hektar und zählt darüber hinaus zu den führenden Saatgutherstellern Russlands. Sie ist mit rund 13.500 Mitarbeitern in neun Verwaltungsgebieten in Russland vertreten.

Operativ laufen die Geschäfte der Walldorfer derzeit recht gut. Die Gesellschaft produzierte von Januar bis Juni insgesamt mehr als 619.000 Tonnen Rohmilch – ein Anstieg um sechs Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr des vergangenen Jahres. Der Anstieg sei insbesondere auf das Wachstum der täglichen Leistung pro Milchkuh zurückzuführen, teilte das Unternehmen mit.

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