Sorge vor Welt-Bankenkrise

Zentralbank hält trotz Unsicherheiten an Kurs fest

Die EZB erhöht zum sechsten Mal in Folge die Zinsen. Wie es künftig weitergeht, lässt Präsidentin Lagarde zunächst offen.

17.03.2023 UPDATE: 17.03.2023 06:00 Uhr 1 Minute, 48 Sekunden
Dax
Symbolfoto: Boris Roessler/dpa

Von Gernot Heller, RNZ Berlin

Berlin. Die Europäische Zentralbank (EZB) bleibt trotz wachsender Sorge vor einer neuen Welt-Bankenkrise bei ihrem Kurs, mit strammen Zinserhöhungen die hohe Inflation in die Schranken zu weisen. Der EZB-Rat hob gestern zum sechsten Mal in Folge die Leitzinsen an, und zwar in der von EZB-Präsidentin Christine Lagarde schon Anfang Februar angekündigten Höhe von erneut 50 Basispunkten. Der maßgebliche Zins, zu dem sich Geldhäuser im Währungsraum bei der Notenbank Geld besorgen können, liegt damit nun bei 3,50 Prozent.

Allerdings ließ Lagarde angesichts der aktuellen Unsicherheiten im Finanzsektor offen, wie und in welchem Ausmaß es weitergehen wird mit den Zinsanhebungen. Es sei zu diesem Zeitpunkt nicht möglich, sich festzulegen, sagte sie. Allein aus Sicht der Inflationsbekämpfung gebe es aber für die EZB noch einiges zu tun.

Die Notenbankchefin bemühte sich, die nach der Pleite von drei US-Banken und Finanzproblemen bei der Schweizer Großbank Credit Suisse aufkommenden Krisenängste zu dämpfen. "Der Bankensektor des Euroraums ist widerstandsfähig, Kapital- und Liquiditätspositionen sind solide", sagte sie. Die Banken seien weitaus besser aufgestellt als vor 15 Jahren bei der damaligen Welt-Finanzkrise, versicherte Lagarde. Zugleich sprach sie aber von "erhöhter Unsicherheit" und von Marktspannungen. Sie machte dabei deutlich, dass die EZB all ihre Möglichkeiten nutzen wird, um eine Eskalation zu verhindern. "Wir stehen allzeit bereit zu handeln, wenn es nötig wird."

Nach der Pleite der US-Spezialbank Silicon Valley Bank (SVB) und zweier kleinerer US- Institute waren an den Märkten Stimmen laut geworden, die die Notenbanken mahnten, ihren Zinserhöhungskurs abzubremsen. In Deutschland forderte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sogar einen Verzicht auf weitere Zinsanhebungen, die auch die Konjunktur bremsen könnten.

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Hintergrund ist, dass die US-Bank SVB durch den erzwungenen Verkauf von Anleihen in die Bredouille kam, deren Kurs als Folge der Zinswende deutlich nach unten gegangen war. Weitere Zinsanhebungen, so die Warner, könnten das Problem von Wertverlusten bei Anleihen in den Portfolios vieler Banken verschärfen. Zudem sorgten Finanzprobleme der Schweizer Großbank Credit Suisse zusätzlich für Unsicherheit. Die EZB setzt in dieser Lage erst einmal auf Stetigkeit und Unaufgeregtheit. Sie hält auch, wie Lagarde versicherte, daran fest, die Inflation, die im Februar im Euro-Raum bei 8,5 Prozent lag, in Richtung zwei Prozent zurückzudrängen. "Das sollte nicht in Zweifel gezogen werden." Allerdings geht das Institut weiter davon aus, dass die Teuerung erst 2025 in die Nähe dieser Orientierungsmarke kommt. "Die Projektionen sind, dass die Inflation zu lange zu hoch bleibt", warnte Lagarde. Zwar gebe es Entspannung in einigen Bereichen, wie bei den Energiepreisen – "aber ehrlich gesagt nicht sehr viele".

Insofern rechnen viele Experten mit weiteren Leitzinsanhebungen der EZB bis auf ein Niveau von vier bis viereinhalb Prozent. Lagarde selbst hatte bislang weitere Erhöhungen signalisiert, tritt aber in der aktuellen Lage nun erst einmal auf die Bremse. Sie machte deutlich, dass die Entwicklung an den Finanzmärkten ein Faktor ist, der weitere Zinsentscheidungen maßgeblich beeinflusst.

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