SAP

Vertrauensverlust in die Führung um CEO Christian Klein

Viel Kritik an Vergütung und Stellenabbau: Einer internen Umfrage zufolge sind SAP-Mitarbeiter unzufriedener mit dem Vorstand als im vergangenen Jahr.

24.08.2023 UPDATE: 24.08.2023 06:00 Uhr 2 Minuten, 13 Sekunden
SAP-Chef Christian Klein vor der Bilanzpressekonferenz des Softwarekonzerns im Januar. Foto: dpa

Walldorf. (kla) Es gab viel Unruhe in der letzten Zeit beim Walldorfer Softwarekonzern SAP: Strategieänderung, Stellenabbau, Unmut über die Vergütung, neue Ansagen zum Homeoffice, Sparvorgaben. Das hat offenbar – trotz einer guten Geschäftsentwicklung – Auswirkungen auf die Zufriedenheit der Beschäftigten bei Europas größtem Softwarekonzern. Einer internen Umfrage zufolge, über die das "Handelsblatt" berichtet, stimmten im April dieses Jahres lediglich 65 Prozent der rund 105.000 SAP-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter weltweit der Aussage zu "Ich habe volles Vertrauen in den Vorstand". Dem Bericht zufolge sind das 9 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr.

Noch geringer ist das Vertrauen in die Führungsspitze um SAP-Chef Christian Klein demnach in Deutschland: Hier sprach mit 47 Prozent nicht einmal die Hälfte der Befragten dem Vorstand das volle Vertrauen aus. "In Deutschland sehen wir stellenweise ein etwas kritischeres Meinungsbild", erklärte der Konzern dazu auf RNZ-Anfrage. "Diesen Sachverhalt nehmen wir sehr ernst und sind dazu im ständigen Dialog mit verschiedenen Stakeholdern und Projektteams."

SAP befinde sich gerade in einer wichtigen Phase der Unternehmenstransformation, teilten die Walldorfer weiter mit. "Geringere Umfragewerte, die sich hieraus potenziell ergeben, wie zum Beispiel das Vertrauen in den Vorstand, adressieren wir in einem globalen Aktionsplan." Gleichzeitig wies der Konzern darauf hin, dass die weltweiten Umfrageergebnisse auch viele positive Werte und Trends zeigten. Zudem spreche die "nach wie vor sehr hohe Mitarbeiterbindung" von 97,5 Prozent in Deutschland gegenüber 92,3 Prozent global für "die enge Verbundenheit der Belegschaft zum Unternehmen".

Tatsächlich betrachten viele Beschäftigte SAP als attraktiven Arbeitgeber. Der Umfrage zufolge würden 89 Prozent der Befragten weltweit den Softwarehersteller als "großartigen Arbeitsplatz" empfehlen. 90 Prozent äußern laut "Handelsblatt" sogar Stolz, für den Konzern zu arbeiten.

Doch gab es zuletzt auch einiges, was Unmut erregte: etwa die Gehaltsrunden. Das Gehaltsbudget wird beim Softwarehersteller, bei dem es keinen Tarifvertrag gibt, vom Vorstand festgelegt. Für das laufende Jahr erhielten die SAP-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Deutschland im Schnitt 3,7 Prozent mehr. Hinzu kamen 1500 Euro Inflationsausgleich. Aus Teilen der Belegschaft hagelte es Kritik. Die Rede war angesichts des guten Gewinns und der hohen Inflation von einem "Schlag ins Gesicht".

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Entsprechend erklärte Eberhard Schick, Betriebsratsvorsitzender der SAP SE, dem "Handelsblatt", insbesondere die Gehaltsrunden wirkten sich auf die Zufriedenheit der Beschäftigten aus. "Da muss der Vorstand aufpassen, die Beschäftigten nicht zu verlieren", so Schick. Zufrieden mit der Gesamtvergütung jedenfalls zeigte sich im April laut Bericht weniger als die Hälfte der Belegschaft in Deutschland.

Für Unruhe hatte auch der Anfang des Jahres überraschend angekündigte Abbau von 3000 Stellen weltweit gesorgt. Im Januar erklärte der Vorstandsvorsitzende bei der Vorlage der Jahreszahlen, SAP wolle sich auf das Wachstum im angestammten Bereich mit Software zur Unternehmenssteuerung (ERP) konzentrieren. Einschnitte sollte es hingegen in Bereichen geben, in denen der Konzern nicht führend sei. In diese Pläne sollen Betriebsräte des Konzerns erst nach der Ankündigung eingebunden worden sein.

Außerdem lasse die "wechselnde Strategie beim Homeoffice" am Vertrauen in den Vorstand zweifeln, erklärte der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Christian Althaus dem "Handelsblatt" zufolge. So sprach der Softwarekonzern im Mai die "starke Empfehlung" aus, dass die Beschäftigten an zwei bis drei Tagen in der Woche ins Büro kommen sollten. Dabei hatte Konzernchef Klein im Jahr 2021 noch beteuert, "ein zu 100 Prozent flexibles, auf Vertrauen basierendes Arbeitsmodell" solle die Norm sein, nicht die Ausnahme. Man versuche, das Rad ein Stück weit zurückzudrehen, kommentierte der Betriebsratsvorsitzende Schick im Mai.

Auch in die Zukunft blicken die SAP-ler am Stammsitz in Deutschland nicht so optimistisch wie im Rest der Welt: Laut Umfrage seien 75 Prozent der Beschäftigten "begeistert" über die Zukunft der SAP, heißt es in dem Bericht. In Deutschland sind es demnach nur 58 Prozent.

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