Anbauer und Zuckerfabriken unter Druck
Vorstand der Südzucker AG will 100 Millionen Euro jährlich einsparen - Auch im Werk Offenau drohen "Kapazitätsanpassungen"

Der Vorstand der Südzucker-AG will drastisch sparen. Was das für das Werk in Offenau bedeutet, ist noch unklar. Foto: Armin Guzy
Von Armin Guzy
Offenau/Mannheim. Der Verband Süddeutscher Zuckerrübenanbauer sieht seine Mitglieder in Süddeutschland und den Verarbeiter Südzucker in einer existenziellen Krise. Durch die europaweite Abschaffung der Erzeugungsquoten für Zucker sei es zu einem beispiellosen Absturz des Zuckerpreises in der EU gekommen, teilte der Verband nach einer Tagung seines Kuratoriums in Veitshöchheim mit. Die Entwicklung geht voraussichtlich auch am Südzucker-Werk in Offenau nicht spurlos vorbei.
Am gestrigen Dienstag teilte die Südzucker AG nun kurz nach einem Gespräch mit der RNZ mit, der Vorstand habe an diesem Tag seinen Restrukturierungsplan für das Segment Zucker konkretisiert. Darin seien unter anderem "Kapazitätsanpassungen, die auch zu Werksschließungen führen können" vorgesehen. Der Plan soll heute in der Aufsichtsratssitzung der Südzucker-AG vorgestellt werden.
Zur Zukunft des Südzucker-Werkes in Offenau war am Dienstag von der dortigen Betriebsleitung nichts mehr zu erfahren. Dr. Dominik Risser, Pressesprecher der AG, betonte aber generell, dass eine plötzliche Kapazitätsanpassung nicht zu befürchten sei, da die Verträge, die Südzucker mit den Rübenanbauern schließt, Laufzeiten von ein bis zwei Jahren hätten und nicht kurzfristig gekündigt werden könnten. Wie es danach aussehen könnte, ließ er offen, sagte aber auch: "Die Rüben könnten auch an anderen Standorten verarbeitet werden."
Der Konzern ist in die Verlustzone abgestürzt, seine Aktie stand zuletzt wiederholt unter Druck. Die AG mit Stammsitz in Mannheim - die als weltweit größter Zuckerproduzent und einer der größten Nahrungsmittelkonzerne Deutschlands gilt - meldete für den Zeitraum September bis November 2018 einen Verlust von 85 Millionen Euro. Der Zuckermarkt sei welt- und europaweit starken Schwankungen ausgesetzt, und der Preis bewege sich aktuell auf einem "extremst niedrigen Niveau", sagte Risser. Mit dem nun ausgearbeiteten Restrukturierungsplan verfolge der Südzucker-Vorstand das Ziel, die Auswirkungen dieser starken Preisschwankungen auf das Segment Zucker zu verringern und damit den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens nachhaltig zu sichern und zu stärken.
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Davor, dass Zuckerfabriken und Arbeitsplätze verloren gehen und der Zuckerrübenanbau in Deutschland massiv eingeschränkt werde könnte, hatte vor wenigen Tagen bereits der Verband Süddeutscher Zuckerrübenanbauer gewarnt. Bei seiner Winterversammlung, die am Freitag in Illsfeld-Auenstein stattfindet, will der Verband mit einer Demonstration auf die prekäre Situation aufmerksam machen. "Da der Rübenpreis direkt am Zuckerpreis hängt, werden die Landwirte für die Ernte 2018 nur einen sehr schlechten, bei Weitem nicht kostendeckenden Preis erzielen", erläuterte Verbandsgeschäftsführer Harald Wetzler.
Es sei zu erwarten, dass auch jedem Rübenanbauer der Region im Durchschnitt mehr als 10.000 Euro Erlös gegenüber dem sehr guten Jahr 2017 fehlen werden. Der Verband werde die Politik auffordern, eine einseitige Marktbereinigung zulasten der deutschen Rübenanbauer abzuwenden. An der Winterversammlung wird auch Friedlinde Gurr-Hirsch (CDU) teilnehmen, Staatssekretärin im Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz. "Einmal geschlossene Zuckerfabriken bleiben auch geschlossen", warnte der Verband in einer Mitteilung vor den Folgen der Entwicklung auf dem Zuckermarkt auch für die Region. Die Südzucker AG betreibt in Offenau eine ihrer großen Zuckerfabriken und ist der größte Arbeitgeber in der Gemeinde. Rund 200 Mitarbeiter verarbeiten dort jährlich bis zu 1,7 Millionen Tonnen Zuckerrüben - dafür stehen in der Region mehr als 2200 Landwirte unter Vertrag.
Das Südzucker-Werk in Offenau läuft während der Kampagne von September bis Januar ohne Unterbrechung im 24-Stunden-Betrieb. Die gesamte Zuckerproduktion des Werkes reicht laut Unternehmensangaben aus, den Bedarf von knapp sechs Millionen Verbrauchern zu decken. Die erst vor wenigen Tagen zu Ende gegangene Kampagne war allerdings durch geringere Erntemengen infolge des trockenen Sommers, vor allem aber durch sinkenden Erlöse beim Zuckerabsatz stark belastet.
Inwieweit das Offenauer Werk vom Restrukturierungsplan betroffen sein wird, ist noch unklar. Südzucker teilte lediglich allgemein mit, es seien Maßnahmen "entlang der gesamten Wertschöpfungskette" vorgesehen. Neben weiteren allgemeinen Kostensenkungsmaßnahmen seien auch Werksschließungen eine Option, um das konzernweite Produktionsvolumen um bis zu 700.000 Tonnen zu senken. Dadurch erhofft sich der Unternehmensvorstand Einsparungen von rund 100 Millionen Euro jährlich.