Das Kerngeschäft reicht nicht mehr
Der Konzern will sich schrittweise zu einem Automatisierungs- und Technologieunternehmen transformieren.

Von Matthias Kros
Heidelberg. Die Heidelberger Druckmaschinen AG wendet sich immer mehr von ihrem Kerngeschäft ab. Nach drei größeren Sanierungsprogrammen in den vergangenen Jahren sei es "nicht mehr genug, wenn wir uns auf die Größe des Marktes schrumpfen und unsere starke Marktposition noch auszubauen versuchen", sagte Vorstandschef Rainer Hundsdörfer der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Bei Investoren werde vor allem Druck und Papier hinterfragt. "Deshalb haben wir unsere Märkte neu sortiert".
Vor allem der klassische Werbedruck macht Hundsdörfer so recht keinen Spaß mehr. "Dieses Geschäft wird mit Sicherheit nicht mehr nachhaltig wachsen", sagte er. Es bleibe zwar ein Milliardenmarkt und man wolle die Kunden weiter optimal bedienen. Letztlich gehe es aber nur noch darum, das Geschäft zu "verteidigen".
Investieren werde man künftig ausschließlich in den Verpackungsdruck, der global in etwa so schnell wachse wie die Wirtschaftsleistung. Aber auch das reicht aus Sicht des Ende März scheidenden Vorstandsvorsitzenden nicht aus, um Heideldruck so viel Wachstum zu verschaffen, "dass wir langfristig aus der Kostenschere kommen und immer wieder sparen müssen". Deshalb habe man neue Geschäftsfelder definiert, "in denen wir die hervorragenden Fähigkeiten unserer Mitarbeiter nutzen können".
Der Plan sei, "Heideldruck schrittweise zu einem Automatisierungs- und Technologieunternehmen zu transformieren, das immer noch die besten Druckmaschinen baut", so der Manager. Eine Art Blaupause dafür solle das schnell wachsende Geschäft mit den Heimladestationen für Elektroautos (Wallboxen) bilden. Heideldruck war vor rund vier Jahren in dieses Geschäft eingestiegen und schwang sich in Deutschland – auch Dank staatlicher Förderprogramme – schnell zum Marktführer auf. Schon bald will das Unternehmen 1000 der Wallboxen pro Tag produzieren. Der Umsatz, den Heideldruck in diesem Bereich im laufenden Geschäftsjahr bei etwa 40 Millionen Euro erwartet, ist allerdings nach wie vor nur ein Bruchteil der Gesamterlöse, die zuletzt bei knapp 2 Milliarden Euro lagen.
Trotzdem sieht Hundsdörfer hier eine Zukunft für Heideldruck: Das Wallboxen-Geschäft werde zunächst in Europa, langfristig global ausgeweitet werden, kündigte er an. Zudem wolle der Konzern künftig sogenannte Plug-and-Play-Lösungen für das Energiemanagement in Häusern anbieten, etwa um Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach, Stromspeicher im Keller und künftig vielleicht Wasserstoffspeicher im Garten zusammen zu steuern. Der Markt für Energiemanagement sei so riesig, dass ihm auch schon ein Anteil von zehn Prozent daran reichen würde. Die weitere Finanzierung dieses Bereichs kann sich Hundsdörfer als Börsengang, aber auch mit Hilfe eines Investors vorstellen. "Ich bin für beides offen".
Als weiteres Zukunftsfeld nannte der Manager die aktuellen Entwicklungen rund um die gedruckte Elektronik. Heideldruck arbeitet in diesem Bereich mit dem Innovation Lab in Heidelberg zusammen, das Sensoren, etwa für Druck, Temperatur, Gas oder Optik entwickelt hat, die sich als funktionale Tinte auf Folie drucken lassen. Allerdings steht die Technologie noch am Anfang. Einsatzbereiche gibt es beispielsweise in der Automobilindustrie. Recaro Automotive aus Stuttgart hatte kürzlich verkündet, die Sensorfolien in die eigenen Autositze zu integrieren und so verschiedene neue Sicherheits- und Komfort-Funktionen zu ermöglichen.