Heidelberger Arbeitsagentur

Dramatischer Anstieg bei Anträgen auf Kurzarbeit

"Wir haben mächtig Dampf in der Hütte" - Zuständige Stelle in Mannheim wird verstärkt

24.03.2020 UPDATE: 25.03.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 1 Sekunde
Auch bundesweit erleben die Agenturen für Arbeit einen Ansturm auf das Kurzarbeitergeld. Der Beratungsbedarf ist groß, weil vor allem kleineren Firmen die Erfahrung fehlt. Foto: dpa

Von Matthias Kros

Heidelberg. Die Not in den Betrieben ist angesichts der Corona-Krise groß. Viele ergreifen Kurzarbeit als Rettungsring, die Agentur für Arbeit in Heidelberg erlebt deshalb in diesen Tagen einen dramatischen Anstieg an entsprechenden Anfragen. "Wir haben mächtig Dampf in der Hütte!", sagte Klaus Pawlowski, Chef der Behörde, am Dienstag. Im Moment könne man den Zuwachs an Anträgen gar nicht beziffern. Sie kämen aus allen Branchen und über alle Betriebsgrößen hinweg, "vom Global Player bis zum Nagelstudio um die Ecke".

So etwas habe es in dieser Intensität "noch nie gegeben". Und während früher die Anträge auf Kurzarbeit aus unterschiedlichen Gründen gestellt worden seien, etwa wegen konjunktureller oder struktureller Probleme, gebe es jetzt nur noch ein Thema: Corona. Das stelle auch die Situation nach dem Absturz der Wirtschaft in Folge der Finanzkrise vor etwa zehn Jahren klar in den Schatten.

Die Agentur für Arbeit Heidelberg ist zuständig für das Stadtgebiet und den Rhein-Neckar-Kreis. Der aktuelle Beratungsbedarf bei den Firmen aus dieser Region sei derzeit extrem hoch, sagte Pawlowski. "Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer sind sehr in Sorge und stehen wegen abgerissener Lieferketten oder Schutzmaßnahmen zum Teil vor existenziellen Problemen. Wir wollen alle Betroffenen bestmöglich unterstützen und natürlich Entlassungen vermeiden". Besonders kleine und mittlere Unternehmen seien häufig das erste Mal in dieser Lage und entsprechend verunsichert. Das seien beispielsweise die in Heidelberg so stark vertretenen gastronomischen Betriebe, Einzelhändler oder Logistikunternehmen.

Häufig sei hier Hilfe durch Kurzarbeitergeld von der Arbeitsagentur möglich, sagte der Chef der Heidelberger Behörde und verweist auf ein Gesetz, dass der Bundestag dazu kurzfristig auf den Weg gebracht hatte. Rückwirkend zum 1. März können Betriebe Kurzarbeitergeld nun bereits nutzen, wenn nur zehn Prozent der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind. Bislang musste das ein Drittel der Arbeitnehmer sein. Mitarbeiter, die von Kurzarbeit betroffen sind, erhalten dann von der Arbeitsagentur eine Kompensationszahlung, die je nach familiärer Situation variiert. Der Arbeitgeber kann seine Personalkosten entsprechend senken.

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Ob die Voraussetzungen für die Gewährung des Kurzarbeitergeldes vorliegen, entscheidet die zuständige Agentur für Arbeit vor Ort. Pawlowski erklärt: "Dazu ist es wichtig, dass die Unternehmen bei uns Kurzarbeit anzeigen. Das ist der erste Schritt." Am besten erfolge das telefonisch oder online, denn persönliche Kontakte gebe es wegen der Ansteckungsgefahr nur noch in Notfällen.

Und wie lange dauert angesichts des Ansturms die Bearbeitung? Pawlowski verspricht, "den Berg, der sich angesammelt hat, zügig zu bearbeiten", bittet angesichts der Ausnahmesituation aber um etwas Geduld. Gefordert sei vor allem die Kurzarbeitsstelle in Mannheim, die auch zuständig für Heidelberg, Tauberbischofsheim und Heilbronn ist.

Die Zahl der Mitarbeiter dort solle von vormals etwa einem Dutzend kurzfristig auf mindestens 100 steigen. "Dazu werden wir Beschäftigte aus anderen Bereichen in wenigen Tagen für die Bearbeitung der Anträge schulen", erklärt Pawlowski, der die Agentur in Heidelberg erst seit gut einem Jahr leitet. "Andere Aufgaben müssen erstmal hintenanstehen". Man tue, was möglich ist.

Im Übrigen kann Pawlowski der Situation auch eine gute Seite abgewinnen. "Die Zusammenarbeit innerhalb der Region läuft sehr gut und unbürokratisch", sagte er mit Blick beispielsweise auf das Landratsamt, die Stadt oder die Kammern. "In dieser schwierigen Lage ziehen alle an einem Strang".

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