Industrie 4.0 sorgt für Wachstumsschub
cbs berät Industriekunden weltweit - Größte Herausforderung ist die Rekrutierung neuer Mitarbeiter

Die Industrie wandelt sich rasant: Ohne Tablet kommt kaum noch eine Fabrik aus - es entstehen immer mehr Daten, die visualisiert und verarbeitet werden müssen. Foto: Jan Woitas
Heidelberg. Die Industrie 4.0 ist ein Trendthema. Der Hype um vernetzte Maschinen, Automatisierung und intelligente Fabriken hypnotisiert die Branche. Mittendrin: die Firma cbs aus Heidelberg. Die bei vielen Endverbrauchern unbekannte Firma hat sich bereits seit der Gründung 1995 auf Industriekunden spezialisiert und berät sie bei Softwarefragen - vor allem im Umgang mit der marktdominierenden SAP-Software.
Dass der Beratungsbedarf in der Industrie derzeit hoch ist, zeigt die aktuelle Bilanz der cbs: 2017 hat die Firma den Umsatz um 41 Prozent gesteigert und 75 neue Mitarbeiter eingestellt. "Das Thema Industrie 4.0 ist ganz klar ein Treiber für uns", sagt cbs-Gründer und Geschäftsführer Harald Sulovsky im Gespräch mit der RNZ. Jedes Industrieunternehmen würde sich derzeit damit beschäftigen - und fast alle hätten auch Projekte, die sich aktiv mit den neuen Technologien befassen. Die Firmen würden sich dabei vor allem Fragen: Welchen Nutzen bringt mir die Digitalisierung ganz konkret?
Für zusätzlichen Rückenwind sorgt derzeit der frühere Arbeitgeber Sulovskys, der Software-Konzern SAP. Das Walldorfer Unternehmen hat 2015 die vierte Generation der Standardsoftware für die Unternehmenssteuerung herausgebracht, immer mehr Firmen satteln auf das Kernprodukt S/4 um. Noch immer seien tausende Firmen dabei, ihre Software auf das neue SAP-System umzustellen, so Sulovsky. Dabei werden sie beraten von Firmen wie cbs.
"Für 2020 erwarte ich einen Tsunami"
Die Geschwindigkeit mit der die Firmen ihre ERP-Software erneuern, dürfte dabei laut Sulovsky in Zukunft sogar noch zulegen: "Für das Jahr 2020 erwarte ich einen Tsunami an Transformationsprojekten", so der Geschäftsführer. Angaben zum Gewinn macht cbs nicht, laut Sulovsky arbeitet die Firma jedoch "hochprofitabel", die Umsatzrendite sei Jahr für Jahr zweistellig. Laut Bundesanzeiger erreichte die cbs-Gruppe im Jahr 2016 ein Ergebnis vor Steuern von 8,84 Millionen Euro, bei einem Umsatz von 58 Millionen Euro. Neuere Zahlen hat das Unternehmen nicht veröffentlicht.
Vor zu wenigen Aufträgen macht sich das Unternehmen keine Sorgen. Die größte Herausforderung sei es, neue Mitarbeiter zu finden. Schließlich sei die Arbeit als Unternehmensberater sehr zeitintensiv, zudem müssten die Mitarbeiter viel reisen. In Zeiten, in denen sich gerade jungen Menschen immer mehr mit einer gesunden Work-Life-Balance auseinandersetzen, sei es heute deutlich schwieriger als früher, Nachwuchs zu finden. Die cbs-Internetseite ist voll mit Stellenanzeigen, Sulovsky betont: "Wir suchen engagierte SAP-Berater und stellen immer ein!" In diesem Jahr hat cbs bereits 72 neue Mitarbeiter eingestellt. Mindestens weitere 40 Berater und Technologen sollen in den nächsten Monaten folgen. Weltweit beschäftigt cbs 450 Mitarbeiter, 230 davon in Heidelberg.
Hintergrund
Als Industrie 4.0 bezeichnet man die Vernetzung von Maschinen und Abläufen mithilfe der Digitalisierung und Vernetzung über das Internet. Die vierte industrielle Revolution hat in vielen Fabriken bereits begonnen. Gabelstapler füllen autonom das Hochregallager, Roboter
Als Industrie 4.0 bezeichnet man die Vernetzung von Maschinen und Abläufen mithilfe der Digitalisierung und Vernetzung über das Internet. Die vierte industrielle Revolution hat in vielen Fabriken bereits begonnen. Gabelstapler füllen autonom das Hochregallager, Roboter produzieren eigenständig und durch die Analyse einer großen Datenmenge erkennt die Software bereits, wann eine Maschine ausfällt - Ersatzteile können so im Voraus bestellt werden. Die Industrie 4.0 ist derzeit in aller Munde. Deutschland will beim Thema Industrie 4.0 eine Vorreiterrolle spielen. Durch die Digitalisierung ändert sich die Arbeit von Millionen Beschäftigten - nicht wenige befürchten, dass gerade einfachere Arbeiten in den Fabriken wegfallen könnten. (dbe)
Mit Blick auf das vierzigprozentige Umsatzwachstum im vergangenen Jahr bremst Sulovsky zu hohe Erwartungen: "Wir wollen nicht immer so weiter wachsen." Qualität sei wichtiger als Quantität. Da das Geschäft der cbs ausschließlich auf der Arbeit der Berater fuße, führe ein so starkes Wachstum dazu, dass die gesamte Firma wachsen müsse - inklusive Führungspersonal. Das Wachstum soll sich daher jährlich zwischen zehn und 15 Prozent einpendeln.
Und im Gegensatz zu manch anderer Firma am Markt, sei das Wachstum der cbs vor allem organisch getrieben, nicht durch Zukäufe. Zuletzt im Jahr 2013 hat cbs für fünf Millionen Euro einen kleinen Spezialisten für die Logistikbranche übernommen. Zukünftiges Wachstum sieht cbs im Ausland. "Es sind gute Zeiten, um global zu wachsen", sagt Sulovsky. Es gebe weltweit tausende SAP-Systeme, die alle in die digitale Welt transferiert werden müssten - "aber nur eine Handvoll Beratungsfirmen, die das können." Heute macht cbs 40 Prozent des Umsatzes im Ausland. Schon bald sollen mehr als die Hälfte der Erlöse außerhalb Deutschlands erwirtschaftet werden.
In den nächsten Monaten dürfte cbs auch in Heidelberg sichtbarer sein als bisher. Aktuell liegt die Zentrale des Unternehmens in einem Industriegebiet in Rohrbach.
Demnächst sollen die neuen Räume im sogenannten Stadttor Ost in der Bahnstadt bezogen werden - dann wird das Logo der Firma für alle Autofahrer, die über die Speyerer Straße in die Stadt fahren, deutlich zu sehen sein. Eigentlich wollte Sulovsky neue Mieträume in Heidelberg beziehen, die Suche gestaltete sich allerdings schwierig. Daher hat sich die Muttergesellschaft, die Materna Gruppe, die alle Anteile an cbs besitzt, entschieden, selbst zu bauen. "Wir wollten ganz bewusst in Heidelberg bleiben, weil es der ideale Standort ist." Geht das Wachstum jedoch so weiter, steht langfristig erneut ein Umzug an: "In etwa bis zum Jahr 2023 sollten die neuen Räume reichen - dann könnte es schon wieder eng werden", sagt Sulovsky.