Bundestagswahl

SPD: Klimaschutz, aber sozial

Arbeitsminister Heil war zu Gast im Pfalzbau in Ludwigshafen. Er will vor allem Arbeitsplätze sichern.

16.09.2021 UPDATE: 17.09.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 10 Sekunden
Arbeitsminister Hubertus Heil bei einer Pressekonferenz in Berlin: Als Gast der IG BCE sprach er über Klima und Industrie. Foto: dpa

Von Barbara Klauß

Ludwigshafen. Die nächsten Jahre werden entscheidend sein für Deutschland. Und sie werden sehr schwierig werden, meint Bundesarbeitsminister Hubertus Heil: Das Land müsse den Klimawandel begegnen, dabei Arbeitsplätze erhalten, den sozialen Frieden sichern – und gleichzeitig ein starkes Industrieland bleiben. Wie das gelingen kann, diskutiert der SPD-Politiker am Mittwochabend im Pfalzbau in Ludwigshafen mit dem Betriebsratsvorsitzenden der BASF, Sinischa Horvat, und Francesco Grioli aus dem Vorstand der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE).

Der Klimaschutz ist für die Wirtschaft in Deutschland zu einem entscheidenden Thema geworden. Inzwischen überbieten sich die Konzern bei der Formulierung von Zielen. Die BASF etwa, der weltweit größte Chemiekonzern, will den Kohlendioxid-Ausstoß drastisch reduzieren und bis 2050 klimaneutral sein. Für das Unternehmen mit den vielen CO2-intensiven Betrieben sei das eine "riesen Herausforderung", erklärt Horvat.

Rund 22 Millionen Tonnen Kohlendioxid stößt die BASF jährlich aus; auf das Stammwerk, das größte Chemieareal der Welt, entfällt laut Horvat rund ein Drittel davon. Die Frage, wie die Emissionen reduziert werden können, treibt ihn um – vor allem mit Blick auf die fast 40.000 Mitarbeiter in Ludwigshafen. "Wir möchten, dass die Transformation sozial abläuft, dass die Arbeitsplätze an unseren Standorten hier erhalten bleiben", sagt der Betriebsratsvorsitzende. Aus seiner Sicht muss dafür verlässlich viel erneuerbare Energie zu wettbewerbsfähige Preisen zur Verfügung stehen.

Auch Gewerkschafter Grioli weist darauf hin, dass allein für die Dekarbonisierung der chemischen Industrie tausende neue Windräder benötigt würden. Doch der Ausbau der Windkraft ist in Deutschland ins Stocken geraten. So waren etwa in Baden-Württemberg Ende 2020 nur 731 Anlagen in Betrieb – gerade einmal 12 mehr als im Jahr zuvor. Doch könne man nicht "ständig über Klimaschutz sprechen und dann keine Windräder bauen", sagt Arbeitsminister Heil.

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Trotz aller Bekenntnisse zum Klimaschutz wurde im ersten Halbjahr in Deutschland wieder mehr Energie mit Kohle erzeugt (27,1 Prozent) als mit Windkraft (22,1 Prozent). Mehr als die Hälfte der erzeugten Strommenge stammten laut Statistischem Bundesamt aus konventionellen Quellen wie Kohle, Erdgas oder Kernenergie. Vor allem der Verbrauch der Braunkohle stieg kräftig – obwohl Deutschland bis 2038 ganz aus der Kohle-Stromproduktion aussteigen will. "Man kann aber nicht immer nur überall aussteigen", sagt Heil. "Man muss auch erklären, wo die Energie herkommen soll."

Auch er drängt darauf, dass der Wandel sozial ausgewogen gestaltet werden müsse: "Klimaschutz darf nicht gegen Arbeitsplätze ausgespielt werden."

Zumal er die Erhaltung der Arbeitsplätze als eine der wichtigsten Aufgaben begreift: "Arbeit ist mehr als Broterwerb", so Heil. Sie sichere den gesellschaftlichen Zusammenhalt. "Auch deshalb müssen wir dafür kämpfen, dass Menschen in Arbeit sind."

Auch in der Corona-Krise, die die tiefste Wirtschaftskrise in der deutschen Nachkriegsgeschichte mit sich brachte, sei das dank der Kurzarbeit einigermaßen gelungen. Im August lag die Arbeitslosenquote bei 5,6 Prozent. Sorge bereitet dem Minister jedoch der Ausbildungsmarkt. Von 2019 auf 2020 ging die Zahl der Ausbildungsverträge um fast 10 Prozent zurück. "Wir können es uns jetzt aber nicht leisten, nicht auszubilden – und hinterher über Fachkräftemangel zu klagen", sagt Heil und skizziert die Idee einer Ausbildungskasse für einzelne Branchen und Regionen, in die Unternehmen einzahlen, die nicht ausbilden.

Digitalisierung, Dekarbonisierung, Demografischer Wandel: Würden die Menschen beim Strukturwandel nicht mitgenommen, riskiere man, dass sie populistische Kräfte wählen, so Heil. "Und das darf in Deutschland nicht passieren." Ein Mittel dagegen ist seiner Ansicht nach Bildung. Die Berufe, die Anforderungen an die Beschäftigten ändern sich rasant. Daher brauche man massiv betriebliche Weiterbildung. "Bildungszeit soll im Erwerbsleben genauso normal werden wie Elternzeit", sagt der Arbeitsminister.

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