Stehen 5000 Arbeitsplätze auf der Kippe?
Die Arbeitnehmervertreter der BASF sorgen sich um das Stammwerk in Ludwigshafen. Im Vorstand gab es derweil einen überraschenden Wechsel.

Von Matthias Kros
Ludwigshafen. Kurz vor der Veröffentlichung der Geschäftszahlen für das abgelaufene Jahr wartet die BASF mit einem Paukenschlag auf. Völlig überraschend teilte der Chemiekonzern am Mittwoch mit, dass Saori Dubourg das Unternehmen zum 28. Februar verlassen werde. Dubourg war 2017 in den Vorstand bestellt worden und zuletzt für die Unternehmensbereiche Monomers, Performance Materials und Petrochemicals sowie Intermediates verantwortlich. Zudem war sie für die Region Europa zuständig, in der der Chemiekonzern Einschnitte plant. Sie verlasse BASF "im besten Einvernehmen", hieß es am Mittwoch in einer auffällig knapp verfassten Pressemitteilung. Kurt Bock, Vorsitzender des Aufsichtsrats, lässt sich darin ausschließlich zu Dubourgs Nachfolger Stephan Kothrade zitieren, der "den Vorstand hervorragend ergänzen" werde. Gegenüber Dubourg, die von Anfang an als mögliche Konzernchefin gehandelt wurde, kann das als Affront gewertet werden.
Die 51-Jährige gilt als Kritikerin der umstrittenen China-Strategie von Vorstandschef Martin Brudermüller. Dieser will rund zehn Milliarden Euro in einen neuen Verbund-Standort in der chinesischen Provinz Guangdong investieren – obwohl China wegen Menschenrechtsverletzungen und des Säbelrasselns gegenüber Taiwan in der Kritik steht. Nach dem Abgang Dubourgs ist mit der Arbeitsdirektorin Melanie Maas-Brunner nur noch eine Frau im BASF-Vorstand.

Für den Chemiekonzern läuft es aktuell schlecht. Mitte Januar hatten die Ludwigshafener mitgeteilt, dass sich die Tochter Wintershall Dea, die im Öl- und Gasgeschäft tätig ist, wegen des Ukraine-Krieges aus Russland zurückziehen werde. Der Mutterkonzern rutschte durch diese Entscheidung überraschend ins Minus. Unter dem Strich musste der Chemiekonzern für 2022 einen Nettoverlust von 1,4 Milliarden Euro verbuchen. BASF hält rund 70 Prozent der Anteile an Wintershall Dea und musste seine Beteiligung um 7,3 Milliarden Euro abschreiben.
Zudem leiden die Ludwigshafener unter den hohen Energiepreisen. Die BASF hatte deswegen bereits im Herbst ein Sparprogramm mit einem Volumen von 500 Millionen Euro angekündigt. Nach Recherchen des "Handelsblatts" würde die Summe umgerechnet den Abbau von 5000 Arbeitsplätzen bedeuten.
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Treffen soll das Sparprogramm die europäischen BASF-Standorte und hier vor allem die Verwaltung. Dem "Handelsblatt" zufolge könnte es aber auch zur Schließung einzelner Anlagen in Ludwigshafen kommen. Es gelte sogar als sicher, dass der Chemiekonzern am Freitag die Stilllegung eines Teils seiner Ammoniakproduktion im Stammwerk bekanntgeben werde. Aufgrund der hohen Gaspreise war diese im vergangenen Jahr bereits zeitweise heruntergefahren worden. Ammoniak ist ein wichtiger Ausgangsstoff der Chemieindustrie, etwa für die Herstellung von Düngemitteln. Der Zeitung zufolge könnte aber auch die erst 2018 in Betrieb genommene Anlage zur Herstellung des Kunststoff-Vorprodukts TDI dicht gemacht werden. Diese lief von Anfang an nicht rund. Käme es wirklich zu der Schließung, müsste die BASF weitere Milliarden abschreiben.
Eine Konzernsprecherin wollte am Mittwoch nicht zu den angeblichen Anlagenschließungen Stellung beziehen und verwies stattdessen auf die Bilanzpressekonferenz am Freitag, bei der man Details zum Kosteneinsparprogramm kommunizieren werde. Im Anschluss daran wollen sich auch Betriebsrat und Gewerkschaft IGBCE in einer eigenen Pressekonferenz zu den Plänen äußern und ihre Strategie erläutern. Sie erwarten "starke Auswirkungen des Sparprogramms auf Ludwigshafen", verrieten sie schon jetzt.
Die BASF beschäftigt am Stammsitz etwa 38.000 seiner insgesamt mehr als 110.000 Mitarbeiter. Betriebsbedingte Kündigungen sind in Ludwigshafen laut der gültigen Standortvereinbarung bis Ende 2025 ausgeschlossen.