Zahlreiche Winzer beteiligten sich mit kleineren Veranstaltungen auf ihren Weingütern an der „Weindorf-Auslese“Foto: HMG/Jürgen Häffner
Von Brigitte Fritz-Kador
Heilbronn. War die "Weindorf-Auslese", die Alternativ-Veranstaltung zum ausgefallenen Heilbronner Weindorf, ein Erfolg? Diese Frage stellt sich den Veranstaltern nicht – sie sind inzwischen davon überzeugt. Auch weil man "neue Themen, neue Partnerschaften und auch "neue Gäste", selbst aus Berlin, in Heilbronn hatte, wie es Steffen Schoch, Geschäftsführer der Heilbronn Marketing GmbH (HMG) gleich beim Auftakt der Bilanz-Vorstellung sagte.
Dass es bei dem wegen Corona völlig neu konzipierten größten Wein-Event der Stadt, vom "Weindorf" zu "Weindorf-Auslese" umfunktioniert, einen mächtigen "Shitstorm" gegeben hatte, wurde mit keiner Silbe erwähnt. Wie berichtet, war ein solcher durch ein in den sozialen Medien kursierendes Foto ausgelöst worden, das die prominenten Gäste der geschlossenen Eröffnungsveranstaltung scheinbar dicht gedrängt sitzend zeigt, während die Veranstalter eine Verletzung der Corona-Vorgaben heftig bestritten.
Nun spricht man lieber – nicht ohne Stolz – vom Erfolg und den Erfahrungen, die man aus den neuen Strukturen und dezentralen Formaten gewonnen hat, und dass diese weiter wirken. Daran, und auch an einem "neuen" Weindorf 2021, ließ man keinen Zweifel. Schoch blieb auch bei seiner zuvor abgegebenen Prognose, dass die rund 140 Veranstaltungen an etwa 40 Orten 20.000 bis 30.000 Besucher anziehen werden. Dies auch, weil viele der Veranstaltungen, die in der Vergangenheit einem Fachpublikum vorbehalten waren, jetzt auch öffentlich zugänglich gemacht wurden. So zum Beispiel die Premiumweinproben. Teilnehmer berichten, dass die Einbeziehung von "Laien" diese erfreulich belebt hätten.
Holger Willy sprach als "Stimme der Weingüter" von rund 400 höchst zufriedenen Besuchern in seiner Nordheimer Privatkellerei Willy. Und Carsten Wriedt, Diakon von St. Peter und Paul, hat es "genossen", mit Kilianspfarrer Hans-Jörg Eiding und der bibelfesten württembergischen Weinkönigin Tamara Elbl in jeder Beziehung "geistreich" über die 500 Wein-Bibelstellen bei "Bibel und Wein" zu sprechen und mit den Gästen Weine der "heiligen Namenspaten" zu probieren. Diese "kleinen Formate" werden, daran ließ man keinen Zweifel, eine große Zukunft haben.
Die "Weindorf-Auslese" hat zudem gezeigt, dass auch bei "Großereignissen" Qualität vor Quantität gehen kann. Zuletzt 250.000 Besucher, dicht gedrängt um das Rathaus, sind nicht mehr Ziel, sondern eine Auflockerung der Orte. Denn Schoch schließt nicht aus, dass es auch beim "Weindorf 2021" Einschränkungen wegen Corona geben könnte. Deshalb sollen weitere Spielstätten dazukommen, vom Wartberg bis zum Neckar, unter anderem die vor wenigen Jahren mit hohem Aufwand gebaute Neckarbühne oder der historische Deutschhof mitten in der Stadt. Über das Weindorf hinaus soll es, wenn es nicht nur nach Schoch geht, weitere "Orte des Weines" geben, unter Hinweis darauf und quasi als Verpflichtung, älteste Weinstadt Württembergs zu sein. Zudem habe sich gezeigt, dass die "Weindorf-Auslese", aber auch die über sie hinaus reichende Bemühungen der HMG, den Weintourismus zu stärken, nachweisbare Erfolge zeigten.
Die Hochschule Heilbronn mit ihren Studiengängen Weinbetriebswirtschaft/Internationales Weinmanagement mischt schon lange mit, ebenso die DHBW mit den Studiengänge Foodmanagement und Weintechnologie; dank der "Campus Founders" (Bildungscampus) kamen in diesem Jahr Angebote im Bereich Digitalisierung hinzu. Und vielleicht wird schon im kommenden Jahr das, was DHBW-Studierende als wein-adäquate Speisen entwickelt haben, in einer gläsernen Show-Küche erlebbar und essbar sein: Schoch und vor allem auch Nico Weinmann, Vorsitzender des Mitveranstalters Verkehrsverein, unterstützen das und wollen, dass die Verbindung "Wein und Wissen" noch stärker nach außen getragen wird.
Zur Bebilderung seiner Erkenntnisse aus der diesjährigen "Weindorf-Auslese" nutzt er einen knorrigen Rebstock, den man, um junge Triebe zu bekommen, beschneiden muss. Das hieße auch, sich den jeweiligen Entwicklungen anzupassen, "denn wenn auf dem Marktplatz eine ausgelassene Partystimmung nicht mehr möglich sein sollte, könnten unter anderem etwa am Neckarufer kleine kulinarische Wein-Erlebnisse mit begleitender klassischer Musik stattfinden.
Zur Kostensituation gibt es keine klaren Antworten. Die Lage sei noch nicht überschaubar: Einnahmen entfielen beispielsweise bei den Standgebühren; dafür gab es keine Ausgaben für Müllentsorgung und Sicherheitsdienst. Mit Sicherheit fehlt den Weingütern der Umsatz. Für sie gab es statt Menschenwogen auf dem Marktplatz: Wogen der Empörung, wegen der äußerst kurzfristigen Absage des bereits bestens vorbereiteten Fests zum Leseauftakt auf dem Wartberg – vor allem auf Drängen aus dem Rathaus, auch wegen des "Shitstorms". Damit entfiel für den "Stand", wie sich die Heilbronner Weingärtner selbstbewusst nennen, eine wichtige Einnahmequelle.