Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (60, CDU, Foto: dpa)
Von Andreas Herholz, RNZ Berlin
Berlin/Stuttgart. Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (60, CDU) über die Ausschreitungen in der Stuttgarter Innenstadt.
Herr Strobl, Krawalle, Plünderungen und Gewalt gegen Polizisten in Stuttgart. Wie fällt die Bilanz nach dieser Nacht der Randale aus?
Stuttgart hat eine solche Nacht, mit dieser Qualität von Gewaltausbrüchen, noch nie erlebt. Und ich will so eine Nacht auch nie wieder sehen, am liebsten nirgends, schon gar nicht in Baden-Württemberg. Da haben wilde Chaoten die Einsatzkräfte der Polizei, des Rettungsdienstes und der Feuerwehr angegriffen, da wurden Fahrzeuge beschädigt, da wurde geplündert und zerstört. Mein Dank gilt vor allem den beinahe 300 Polizistinnen und Polizisten aus nahezu dem ganzen Land, die hier wieder für Ordnung sorgen mussten. Von ihnen wurden 22 – zum Glück überwiegend nur leicht – verletzt. Ausdrücklich sage ich auch an dieser Stelle der Polizei meinen Respekt und Dank für diesen schwierigen und gefährlichen Einsatz Samstagnacht und vor allem am Sonntag in den frühen Morgenstunden.
Welche Konsequenzen müssen jetzt gezogen werden?
Es ist seit längerem bekannt, dass es im Bereich des Stuttgarter Schlossgartens bestimmte Probleme gibt. Als Innenministerium haben wir mit Heidelberg und Freiburg sehr erfolgreich Sicherheitspartnerschaften geschlossen. Meine Hand ist ausgestreckt. Ich kann mir eine solche Sicherheitspartnerschaft auch gut mit Stuttgart vorstellen, wenn die Stadt das wünscht. Natürlich hat das mit polizeilichen Maßnahmen zu tun – aber nur über eine höhere Polizeipräsenz lösen wir nicht alle Probleme. Da müssen tiefergehende Lösungen kommen, die die Stadt umsetzen muss. Daran, dass es mehr Polizei gibt, arbeiten wir mit der größten Einstellungsoffensive, die es in der Geschichte der Landespolizei jemals gab. Und ich hoffe, dass wir auch künftig ausreichend junge Polizeibeamte bestens ausbilden und sie dann bestens ausrüsten.
Einige Randalierer riefen Allahu Akba. Ein großer Teil der festgenommenen Täter hat einen Migrationshintergrund. Ist hier die Integration gescheitert?
Nach allem, was ich aus der Polizei höre, liegen keinerlei Hinweise auf eine wie auch immer geartete politische Tatmotivation vor. Das waren Leute, die Lust auf Randale und Krawall hatten, die völlig entgleist sind, ein widerwärtiger gewalttätiger Mob. Das werden wir nicht dulden. Solche Gewaltausbrüche, solche Sachschäden, massive Gewalt gegen Polizei und Rettungsdienste, das alles ist nicht zu akzeptieren. Die Stuttgarter Liberalität findet ihre klare rote Linie bei Gewalt und im Gesetz.
Ist Stuttgart ein Einzelfall oder erleben wir hier eine neue Entwicklung?
Das war nicht Baden-Württemberg, das war nicht Stuttgart, was wir hier erlebt haben. Und wir werden alles dafür tun, dass sich derartiges nicht wiederholt. Stuttgarter verachten Gewalt, Randale, Plünderungen. Stuttgart bleibt eine sichere Stadt - und Baden-Württemberg ein sicheres Land.
Welche Folgen haben die jüngste Debatte über Polizeigewalt und die Kritik an den Sicherheitsbehörden?
Wer für unsere Sicherheit sorgt, verdient Anerkennung, Respekt und Vertrauen – nicht Hass und Gewalt. Was wir aus den USA für Bilder sehen mussten, das war absolut indiskutabel. Aber daraus darf man keine pauschalen Vorverurteilungen gegenüber der deutschen Polizei ziehen, wie die SPD-Vorsitzende Esken es getan hat. Man wird am Ende nicht sagen können, ob das solche Gewaltausbrüche auslöst oder verstärkt, aber hilfreich war es sicher nicht. Ich rate hier – wie immer und überall – zu einer ruhigen, sachlichen, differenzierten Betrachtung. Unsere Polizei steht für Recht und Ordnung und fest auf dem Boden von Verfassung, Recht und Gesetz.