„Jeder Tag, der verstreicht, bringt viele Unternehmer der Insolvenz näher.“ Zusammen mit Künzelsaus Bürgermeister Stefan Neumann hat sich Steffen Hertwig mit einem Appell an Manfred Lucha gewendet, Gewerbetreibenden Perspektiven zu eröffnen und entsprechende zukunftsfähige Modelle zu entwickeln. Symbolfoto: Armin Guzy
Neckarsulm. (rnz) Der Oberbürgermeister der Stadt Neckarsulm, Steffen Hertwig, und der Bürgermeister der Stadt Künzelsau, Stefan Neumann, haben einen gemeinsamen Appel zur Rettung der Innenstädte an Sozialminister Manfred Lucha gerichtet. Darin bitten sie den Sozialminister eindringlich, den unter dem Dauer-Lockdown leidenden Gewerbetreibenden Perspektiven zu eröffnen und entsprechende zukunftsfähige Modelle zu entwickeln. Hierzu bieten beide Kommunen ihre Unterstützung an. Mit dem gemeinsamen Schreiben reagieren die beiden Stadtoberhäupter auf die Ankündigung des Sozialministeriums, vorerst keine weiteren Modellprojekte mit weitergehenden Öffnungen nach dem Tübinger Vorbild zuzulassen und entsprechende Anträge zunächst zurückzustellen.
Die Stadt Neckarsulm und die Stadt Künzelsau hatten wie weitere Kommunen in Baden-Württemberg beim Sozialministerium beantragt, das Tübinger Modellprojekt "Öffnen mit Sicherheit" auch vor Ort umsetzen zu dürfen. Die Corona-Schnellteststrukturen ausbauen und einen Tagespass einführen – das forderten 13 Städte aus der Region zudem in einem gemeinsamen Schreiben an Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Zu den Unterzeichnern gehörten auch Hertwig und Neumann. Das Sozialministerium hat inzwischen mit einer Presseinformation auf die mehr als 50 Anträge beziehungsweise Interessensbekundungen auf Genehmigung eines Modellprojekts geantwortet.
Grundsätzlich äußern OB Hertwig und Bürgermeister Neumann Verständnis für die Argumentation von Minister Lucha, wonach die derzeit steigenden Corona-Fallzahlen im Land weitere Modellprojekte derzeit nicht zulassen. Mit dem Hinweis, "die Anträge und entsprechende Öffnungsschritte wieder in den Blick zu nehmen, sobald es die Lage zulässt", wollen sich die Absender aber nicht zufrieden geben. Dafür sei die Lage in den Innenstädten zu dramatisch: "Unsere Innenstädte stehen kurz vor dem Kollaps, die Gefahr ist groß, dass Pandemie und Lockdown-Maßnahmen verödete Stadtzentren hinterlassen. Jeder Tag, der verstreicht, bringt viele Unternehmer der Insolvenz näher."
Die Corona-Pandemie mache das Überleben für den ohnehin durch wachsende Online-Konkurrenz bedrohten Einzelhandel, aber auch für die Gastronomie noch schwieriger. Der ursprüngliche Idealismus der Gewerbetreibenden habe sich in Verzweiflung verwandelt. Diese drohe nun, in Resignation umzuschlagen. Spätestens dann werde es "die Innenstädte, wie wir sie bislang kannten, nicht mehr geben".
Daher appellieren Hertwig und Neumann an den Sozialminister, "mit großer Offenheit und Kreativität in die Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden zu gehen". Erforderlich seien jetzt zukunftsfähige Modelle, "die den Gewerbetreibenden Perspektiven bieten". Die beiden Stadtoberhäupter halten an ihren Anträgen fest und fragen nach den Kriterien, die für die Genehmigung von Modellversuchen entscheidend sind: "Damit wir uns sofort an die Arbeit und die Umsetzung machen können." Das Schreiben schließt mit der Bitte an Manfred Lucha, schnell gemeinsam Lösungen zu finden: "Wir Kommunen sind bereit, an Ihrer Seite alles dafür zu tun, damit unser Gewerbe eine Zukunft hat."