Wollte ein "Stimmungsbild" vor einem SPD-Parteitag erstellen: Leon Hahn. F.: Uli Deck
Von Sören S. Sgries
Heidelberg. Als erster meldete sich der reuige Sünder zu Wort: "Ich habe einen Fehler gemacht und entschuldige mich bei allen Betroffenen", hieß es in der Pressemitteilung, die Leon Hahn, früherer Juso-Landeschef, am Donnerstagnachmittag in die Redaktionen schickte. "Ich habe Mitgliederdaten genutzt und mit engen politischen Vertrauten geteilt, um mögliche Mehrheiten bei Abstimmungen auf Parteitagen besser einschätzen zu können", so der 27-Jährige. Die Tragweite dieses Handelns habe er unterschätzt. "Umso mehr ärgere ich mich über mein Fehlverhalten."
Die Konsequenz: Der Landesbeauftragte für den Datenschutz verhängte ein Bußgeld von 2500 Euro gegen Hahn. Dieser akzeptierte - "auch um Schaden von der SPD und von den Jusos abzuwenden". Und er kündigte gleichzeitig an, seinen Platz im SPD-Präsidium zur Verfügung stellen zu wollen. " Ich bin überzeugt, dass es in der Politik darauf ankommt, für die guten Entscheidungen genauso geradezustehen wie für die schlechten", so Hahn. Er wolle "von heute an daran arbeiten, das selbst verspielte Vertrauen Stück für Stück zurückzugewinnen".
Es ist der Schlusspunkt unter einer langwierigen Untersuchung auch innerhalb der Landes-SPD. Hahn hatte, das geht aus einer umfangreichen Erklärung des Landesdatenschutzbeauftragten Stefan Brink hervor, im Vorfeld des "Kleinen Landesparteitags" der SPD im April 2018 vom damaligen Juso-Landesgeschäftsführer eine Liste aller 168 Delegierten erhalten. Diese Liste - die Namen, Alter, Wohnort und Orts- und Kreisverbände der Delegierten erhielt - wurde benutzt, um "ein Stimmungsbild" zu einem Wohnungsbau-Antrag zu ermitteln.
"Anhaltspunkte für eine unzulässige Beeinflussung" hätten die Ermittlungen allerdings nicht ergeben, heißt es in dem Bericht des Datenschutzbeauftragten. Und, politisch wichtig: "Für eine illegitime Einwirkung des früheren Juso-Landesvorsitzenden auf die Wahl des SPD-Landesvorsitzenden am 24. November 2018 erbrachten die Ermittlungen keine Belege." Als die Datenschutzverstöße bekannt wurden, waren Gerüchte verbreitet worden, mittels dieser sei im Machtkampf um den Parteivorsitz Einfluss genommen worden.
"Bei der Organisation von innerparteilichen Abläufen haben die politischen Parteien Gestaltungsräume", stellte Brink fest. Die interne Parteiarbeit könne jedoch kein "blinder Fleck" für den Datenschutz sein. "Auch parteiintern sind die Rechte und Pflichten des Datenschutzes zu beachten."
Das sieht Anwalt Niko Härting, der Hahn in der Sache vertrat, anders. Sein Mandat habe zwar beschlossen, das Bußgeld zu akzeptieren "um seine Partei nicht mit einem langwierigen Gerichtsverfahren zu belasten". Er als Anwalt halte die Entscheidung des Datenschutzbeauftragten aber für "falsch". Vereinsmitglieder hätten das Recht auf Einsicht in die Mitgliederlisten. Das müsse auch für Parteien gelten. Die Einflussnahme auf parteiinterne Abstimmungen sei ein "berechtigtes Interesse" von Parteimitgliedern, um an der Willensbildung mitzuwirken und Mehrheiten zu organisieren.