Telefonbetrug. Symbolfoto: dpa
Heilbronn. (guz) Als zu Beginn der Woche in der türkischen Stadt Izmir 31 Handschellen klickten, hat wohl im Polizeipräsidium Heilbronn zumindest ein Sektkorken geknallt. Denn die Festnahme von 31 Tatverdächtigen in einem türkischen Call-Center ist nicht zuletzt auf die jahrelange und akribische Arbeit der Heilbronner Beamten zurückzuführen. Die Festgenommenen stehen unter dem dringenden Verdacht, vor allem Senioren mit Trickbetrüger-Maschen wie dem "falsche Polizeibeamten" und "falschen Enkel" um viel Geld gebracht zu haben – auch in Deutschland, und auch im Heilbronner Raum.
Unter den Festgenommenen sollen sich auch führende Köpfe der Organisation befinden, die sich auf diese Maschen spezialisiert hat. Bei der Durchsuchung von 48 Wohnungen und Geschäftsräume wurden 1,5 Millionen Euro und 200.000 US-Dollar in bar, fünf Kilogramm Gold, illegale Schusswaffen und mehrere teure Armbanduhren sichergestellt. Die türkischen Behörden sollen außerdem Fahrzeuge, Firmenanteile und Immobilien beschlagnahmt haben – alles in allem Vermögenswerte von rund 50 Millionen Euro.
Vor wenigen Tagen hat vor dem Landgericht Heilbronn der Prozess gegen eine Frau begonnen, die der Gruppierung zugerechnet wird. Sie war zuvor nahezu ein Jahr lang im Ausland untergetaucht und konnte schließlich in Bulgarien festgenommen und an die deutschen Behörden überstellt werden.
Die Heilbronner Polizei und die Staatsanwaltschaft werten die Festnahmen in Izmir nun als "herausragenden Erfolg", zu dem die landes- beziehungsweise staatenübergreifende Zusammenarbeit der beteiligten Dienststellen in München und Heilbronn sowie den türkischen Behörden geführt habe.
Und es ist nicht der erste: Als ab im Jahr 2016 die Trickbetrugsfälle bundesweit deutlich und ab 2018 rasant zu steigen begannen, richteten Staatsanwaltschaft und Polizeipräsidium Heilbronn die Ermittlungsgruppe "Flic" ein. Nach aufwendiger Ermittlungsarbeit konnten dann bereits im Jahr 2018 in einem ersten Verfahren 20 Tatverdächtige einer hochprofessionell arbeitenden Bande identifiziert werden. In einem weiteren Ermittlungskomplex klärte dieselbe Ermittlungsgruppe 16 vollendete Betrügereien, die nach der Masche "falsche Polizeibeamte" an bundesweiten Tatorten verübt worden waren.
Der von den ermittelten Tätern angerichtete Vermögensschaden soll bundesweit bei nahezu 900.000 Euro liegen, für den Bereich des Polizeipräsidiums Heilbronn bei mehr als 290.000 Euro. Insgesamt konnten acht Beschuldigte ermittelt werden. Im Rahmen der Zusammenarbeit mit dem Polizeipräsidium München und dem Landeskriminalamt Düsseldorf wurden zusätzlich die Hintermänner der in mehreren europäischen Ländern aktiven Gruppierung identifiziert. Die von der Bande betriebenen Call-Center, von denen aus die Betrugsanrufe geführt werden, befinden sich laut Polizei – wie auch die Hintermänner – in der Türkei.
Die Heilbronner Polizei hofft nun, dass der Schlag gegen die Bande in der Türkei auch im Unterland positive Auswirkungen haben wird und die Anrufe von falschen Enkeln und Polizisten weniger werden. Doch im Bereich der Organisierten Kriminalität stehen leider auch oft allzu schnell wieder Nachfolger bereit.