Landeswissenschaftsministerin Theresia Bauer. Foto: dpa
Von Axel Habermehl, RNZ Stuttgart
Stuttgart. Seit Jahren sammelt die Landtagsopposition Munition gegen Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne). Im Untersuchungsausschuss "Zulagenaffäre" schürfen besonders SPD und FDP nach belastendem Material. Immer mal schießen sie auch Giftpfeile in Bauers Richtung. Aber am Mittwoch reiten sie erstmals eine große parlamentarische Offensive.
"Herr Ministerpräsident, entlassen Sie diese Ministerin", ruft SPD-Fraktionschef Andreas Stoch Winfried Kretschmann zu. Gemeinsam mit der FDP haben die Sozialdemokraten einen Entlassungsantrag gestellt. Stimmen zwei Drittel der Abgeordneten zu, muss Kretschmann Bauer entlassen. Stoch weiß: Dafür wird es nicht reichen. Er versucht es dennoch.
Bauer habe, führt er aus, Parlament und Öffentlichkeit getäuscht und "ihre Position missbraucht". Sie habe veranlasst, dass dem Untersuchungsausschuss und Gerichten wichtige Dokumente nicht vorgelegt wurden und sie habe ihre Dienst- und Fürsorgepflichten gegenüber der Ex-Hochschulrektorin Claudia Stöckle verletzt. "Dies sind Vorwürfe, die schwer wiegen und einen Entlassungsantrag rechtfertigen", sagt Stoch.
Sein FDP-Kollege Hans-Ulrich Rülke geht noch weiter, nennt Bauer "eine Straftäterin". Er bezieht sich dabei in robust zuspitzender Weise auf das Verwaltungsgericht Stuttgart. Dieses hat jüngst geurteilt, eine von Bauer als unabhängig dargestellte Kommission sei gar nicht unabhängig gewesen, sondern von Bauer gesteuert worden. Die Ministerin bestreitet das, hat Berufung gegen das Urteil eingelegt. Doch Rülke ist sicher: "Sie haben vor dem Untersuchungsausschuss die Unwahrheit gesagt."
Die Verteidiger der Ministerin halten dagegen. Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz sagt: "Den Antrag der Opposition weisen wir zurück, denn er ist in der Sache unbegründet." Auch Rülkes "abstruse Vorwürfe" weise er zurück, "und auch die Wortwahl, die Sie verwendet haben". Die Opposition, glaubt Schwarz, wolle nicht aufklären, nur skandalisieren.
Auch der CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart springt Bauer bei. Entlassungsanträge gehörten zwar zur parlamentarischen Kontrolle, "zum System der Checks and Balances". Jedoch: "Wer ein so scharfes Schwert zur Hand hat, muss auch verantwortungsvoll damit umgehen."
Schließlich ist der Mann an der Reihe, an den sich der Antrag richtet. "Sie haben die Entlassung meiner erfolgreichen Wissenschaftsministerin beantragt, damit werden Sie keinen Erfolg haben", beginnt Winfried Kretschmann seine Rede. Bauer habe sein Vertrauen, er stehe "voll und ganz hinter ihr".
Die Frau, um die es geht, ergreift nicht das Wort. Bauer sitzt während der ganzen Debatte fast reglos auf der Regierungsbank, die Hände vor sich auf dem Tisch, und schaut den Rednern zu. Wenn sonst Minister von der Opposition angegriffen werden, tun sie gern ostentativ unbeteiligt, scherzen mit dem Nebensitzer, fummeln am Handy herum, unterstreichen seitenweise Akten. Bauer tut nichts dergleichen. Konzentriert sieht sie aus, vielleicht manchmal ein wenig bekümmert. Die ständigen Angriffe setzen ihr zu, sagen Vertraute, aber sie sehe sich im Recht.
Irgendwann verstummt der letzte Redner, man stimmt ab. Ergebnis: Die ganze Opposition will die Ministerin entlassen, die ganze Koalition stützt sie, Enthaltungen: keine.