Heilbronn

Statt Bürokratie gibt es Hilfe für Hotels und Gastronomie

Heilbronner Gemeinderat genehmigt einmütig ein Paket von Hilfsmaßnahmen - Gastronomie für die Stadt überlebensnotwendig

27.05.2020 UPDATE: 28.05.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 21 Sekunden
Solche Szenen wie im vergangenen Sommer am Neckarufer werden wohl auch in den nächsten Wochen noch nicht zu sehen sein. Die Stadt kommt den Gastronomen nun aber in wesentlichen Punkten unbürokratisch entgegen. Wo es möglich ist, darf die Außenfläche auf das Doppelte vergrößert werden, und zwar gebührenfrei. Auch die Sperrstunde wurde verlängert. Foto: Armin Guzy

Von Brigitte Fritz-Kador

Heilbronn. Normalerweise ist offener Lobbyismus im Gemeinderat – den versteckten gibt es reichlich – offiziell nicht gerne gesehen. Aber in Corona-Zeiten ist vieles anders, und so kam es, dass CDU-Stadtrat Thomas Aurich für seine Ausführungen zum ersten Tagesordnungspunkt der jüngsten Gemeinderatssitzung größte Zustimmung bekam. Es ging darum, was die Stadt an Unterstützung der heimischen Gastronomie tun kann und was indirekt auch als Hilfe für den örtlichen Einzelhandel wirkt, denn beide sind inzwischen fast gleichauf die Frequenzbringer für die Innenstadt.

Aurich ist Gastronom und betreibt unter anderem den "Food-Court", darüber hinaus ist er noch Gastronomie-Sachverständiger bei der IHK, Stadtverbandsvorsitzender des Dehoga (Deutscher Hotel- und Gaststättenverband) und Lehrbeauftragter an der Hochschule Heilbronn. Die Rolle eines Sprechers für Gastronomie und Hotellerie ist ihm damit fast von selbst zugefallen, er füllt sie auch im Gemeinderat seit Jahren engagiert aus – und er erinnerte daran, dass die Gastronomie in der Stadt inzwischen mehr Umsatz generiere als der Einzelhandel. Die Erkenntnis, dass diese "überlebensnotwendig" sind, hat sich inzwischen durchgesetzt.

Diesem Umstand hatte auch Oberbürgermeister Harry Mergel rasch Rechnung getragen und als erste Interessenvertreter-Gruppe (andere sollen noch folgen) 35 Gastronomen zu einem Gespräch ins Rathaus eingeladen. Nach den jüngsten Erleichterungen durch die dafür handlungsbevollmächtigte Landesregierung, deren Bekanntgabe verbunden war mit einer Reihe schwer nachvollziehbarer Verwirrungen im Geflecht von Vorschriften beziehungsweise in deren Umsetzung, kann man in Heilbronn auch deshalb Licht am Ende des Tunnels sehen: Gemeinderat und Stadtverwaltung sind offenkundig bereit, das ihnen mögliche zu tun, um Leben und Frequenz in die Gasthäuser, Hotels und eben auch in die Stadt zu bringen. Längst nicht alle von ihnen, daran ließ Aurich keinen Zweifel, werden die derzeitige Krise überleben, auch nicht, wenn das Verwaltungshandeln aktuell schnell, kreativ und unbürokratisch verläuft. Dass das möglich ist, hat auch viele Mitglieder des Gemeinderates erstaunt und erfreut. Das zeigte sich in der anschließenden Diskussion zum Beschluss.

Das Maßnahmenpaket, es beruht auf zusammengefassten Anträgen der Fraktionen und der Verwaltung – auch dies ein nicht alltäglicher Vorgang –, wurde im Wesentlichen einstimmig angenommen. Es wird der Stadt Einnahmeverluste von rund 200.000 Euro bringen. Allerdings handelt es sich dabei eher um eine Phantom-Rechnung, denn nicht mehr existierende Betriebe können weder die nunmehr erlassenen Gebühren entrichten noch Steuern zahlen. Die neuen Regelungen sollen zunächst bis zum Herbst gelten. Jetzt aber darf die Gastronomie ihre Außenflächen, wo es möglich ist, bis um das Doppelte vergrößern, gebührenfrei. Und wo es etwas zu feiern gibt, kann man das jetzt eine Stunde länger tun, dank einer neuen Sperrstundenregelung.

Diese war einer von zwei Punkten, zu dem auch Bedenken geäußert wurden. Grünen-Fraktionsvorsitzende Susanne Bay mahnte an, keine unzumutbaren Zustände zu schaffen – für Nachbarn durch mehr Lärm, aber auch für Verkehrsteilnehmer, beispielsweise an der Unteren Neckarstraße. Dort herrschte auch schon vor Corona drangvolle Enge und damit ein permanenter Kleinkrieg zwischen Radlern und Fußgängern. Auch Konrad Wanner (Linke) nutzte die Gelegenheit, hier "endlich eine verkehrstechnisch zukunftsweisende Lösung" zu schaffen, indem man beispielsweise den Radverkehr um das Marra-Haus leitet. Von den beiden Stadträten der Linken kamen dann auch die einzigen Gegenstimmen zur Verlängerung der Sperrzeiten, weil dadurch mehr Lärm und mehr Konflikte drohten.

Nicht ganz so streng sah es Rainer Hinderer für die SPD, sagte aber auch, dass seine Fraktion ohne Corona nicht zugestimmt hätte. Nico Weinmann (FDP) erinnerte daran, dass der Erhalt der Gastronomievielfalt auch der Erhalt eines Kulturguts sei.

Dies hatte auch schon Bay thematisiert, indem sie die Bedeutung der Kneipen- und Klubszene ansprach. Hier dürfe man "keine dunklen Flecken" zulassen. In Mannheim zum Beispiel habe man dafür bereits modellhafte Lösungen gefunden, sagte Bay: Dort hat man nicht nur das Grillverbot an den Rheinterrassen und an den Neckarwiesen aufgehoben.

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