Das Angebot des Autokinos auf der Heilbronner Theresienwiese wird gut angenommen. Manche Besucher nahmen sogar weitere Strecken in Kauf und reisten beispielsweise aus Mannheim, Ludwigshafen, Heidelberg, Mosbach, Calw oder Schwäbisch Hall an. Foto: Falk-Stéphane Dezort
Von Falk-Stéphane Dezort
Heilbronn. Nachdem das Corona-Virus weltweit das gesellschaftliche Leben nahezu stillgelegt hat, nimmt es nach und nach immer wieder an Fahrt auf. Eine Lockerung der strengen Verordnungen folgt der nächsten. Seit Kurzem können wieder Museen, Zoos und Spielplätze besucht werden. Doch Kultur- und Sportveranstaltungen wie Konzerte und Festivals bleiben noch bis mindestens 31. August verboten. Auch der klassische Kinobesuch bleibt bis auf Weiteres untersagt.
Damit man in Zeiten der Corona-Krise aber dennoch dem grauen Alltag im Homeoffice oder der häuslichen Isolation entfliehen und letztendlich auch eine Vielzahl Jobs im Veranstaltungsbereich sichern konnte, sproßen in den letzten Wochen deutschlandweit unzählige Autokinos wie Pilze aus dem Boden. Eine längst in Vergessenheit geratene Art Popcorn-Kino zu genießen erlebte zuletzt eine Renaissance, so auch in Heilbronn. Hier flimmerte vor nunmehr knapp zwei Wochen auf der Theresienweise mit den "Känguru-Chroniken" der ersten Streifen über die 60 Quadratmeter große LED-Leinwand.
"Es war sehr erfolgreich und wir sind sehr zufrieden", sagt Ralf Stegmann, Geschäftsführer der Heilbronner Werbeagentur "xmedia" und einer der hauptverantwortlichen des Autokinos. "Das Wetter hat gepasst und das Format wurde sehr gut angenommen." Am vergangenen Dienstag seien zur Preview des regionalen Films "Faustdick" 212 Fahrzeuge und rund 450 Besucher gekommen. "Das ist für einen Low-Budget-Film eine respektable Zahl." Insgesamt passen 380 Fahrzeuge auf das Gelände.
Auch die Besucher sind mit dem Angebot zufrieden. Viele legten sogar eine weitere Strecke zurück, um das Erlebnis Autokino zu genießen. So kamen welche aus Mannheim, Mosbach, Heidelberg, Ludwigshafen, Köthen, Calw oder Schwäbisch Hall. "Es ist schön, dass was geboten wird", sagt Mario Müller. Zusammen mit seiner Freundin hat es sich der Neckarsulmer bei Cola und Pizza in seinem Wagen gemütlich gemacht. Aber sie waren nicht alleine. Im Auto nebenan saß ein befreundetes Pärchen mit dem sie über Mimik, Gestik und "WhatsApp" über den Film – an diesem Abend lief "Das perfekte Geheimnis" – kommunizierten.
Momentan bieten Stegmann und seine Kollegen zwei bis vier Filme am Tag an. Doch auch Comedy-Veranstaltungen, ähnlich wie die Auftritte von Comedian Bülent Ceylan am Rhein-Neckar-Zentrum in Viernheim, sind in den nächsten Wochen in Heilbronn denkbar. "Geplant ist aber noch nichts", betont Stegmann. Die Planung gehe aktuell so weit, dass man in der kommenden Woche eine Bühne zusätzlich zur LED-Leinwand aufbauen und diese dann mit Künstler – egal, ob Musik oder Comedy – bespielen wolle. "Mit allem, was auf die Bühne gehört."
Jedoch seien sogenannte "Autokino-Konzerte" wie sie beispielsweise in Baden-Baden, Bonn, Düsseldorf oder Hannover ein bundesweites Publikum anziehen und in Sekunden ausverkauft sind, seien "mit einem hohen Aufwand verbunden". Sowohl technisch als auch hygienisch. Mehr als zwei Personen auf der Bühne sind trotz zahlreicher Lockerungen noch nicht erlaubt.
Ein erstes Konzert hat es in der Kätchenstadt allerdings schon gegeben. Und es war sogar eine Deutschland-Premiere. Denn "Delta Rock", die Hausband des Radiosenders "Regenbogen zwei", spielte live aus einem Studio in Buchen und wurde via Livestream auf die Leinwand in Heilbronn projiziert. Als Beifall gab es Hupen und Lichtzeichen.
Trotz der hohen Nachfrage der Autokinos – nicht nur in Heilbronn ist es ein Erfolg – rechnet Stegmann nicht damit, dass er Trend allzulange anhalten wird. "Das Autokino erhält durch Corona einen Aufschwung. In den letzten Jahren gab es sonst einen Abschwung." Feste Autokinos seien immer weniger geworden. In Deutschland gibt es nur noch acht. "Und sie schreiben in der Regel keine super Zahlen." Stegmann geht davon aus, dass wenn der soziale Kontakt wieder erlaubt wird und man gemeinsam zu Veranstaltungen kann, würden viele diesen ein Autokino vorziehen.
Wie lange es dieses Angebot in Heilbronn noch geben wird, ist ungewiss. "Wir werden die Entwicklung beobachten", sagt Stegmann. Er rechnet nicht damit, dass das bis Ende August geltende Großveranstaltungsverbot aufgehoben wird, dennoch erweitere sich mit der Öffnung von Zoos, Museen und weiteren Freizeiteinrichtungen das Spektrum der Möglichkeiten. Man müsse im Auge behalten, wann es genügend Angebote gebe und sich ein Autokino nicht mehr rechne. "Aber das kann jetzt niemand sagen. Deswegen haben wir kein Enddatum." Man schaue vielmehr von Woche zu Woche.
Info: Das gesamte Programm gibt es im Internet unter www.popup-autokino.de/heilbronn