Das Gebot der Stunde: Abstand halten. Aber längst nicht alle in Heilbronn halten sich daran. Foto: Brigitte Fritz-Kador
Von Brigitte Fritz-Kador
Heilbronn. Langsam, aber sicher schwant es auch dem letzten Ignoranten: An Corona kommt keiner mehr vorbei, das Virus hat die Menschheit im Griff und es macht keinen Unterschied. Am Samstagvormittag scheint die Frühlingssonne über Heilbronn, in der Stadt ist Betrieb, aber doch nicht so viel wie sonst an diesem Tag. Die Schlange vor der Bäckerei Eitel in der Kirchbrunnenstraße ist so lang und so gedrängt wie immer. Auch auf dem Wochenmarkt ist immer noch Betrieb, auch wenn es weniger zu sein scheint. In der Sonne, vor der Rathaustreppe, stehen Oberbürgermeister Harry Mergel, seine persönliche Referentin Anne Ulshöfer und eine ältere Frau beieinander: "Bürgersprechstunde im Freien" ruft der OB. Diese samstägliche Einrichtung ist eine der wenigen, die nicht abgesagt wurde. Was noch zu Wochenbeginn undenkbar oder auch nur befürchtet war, ist jetzt Realität: Keine Krankenbesuche in den Klinken und Altersheimen – und sowieso auch keine Parties. Letzteres ist leichter zu verschmerzen als die soziale Isolation und Einsamkeit, die Corona jetzt für viele mit sich bringt.
"Abstand halten" ist das Gebot der Stunde. An den Verkaufsstellen der Großbäckerei Härdtner stehen Schilder mit der Bitte "Abstand halten!" Abstand trennt, auch die Guterzogenen und die Rücksichtsvollen vom Rest. Denn nicht alle halten sich daran, ebenso alters- wie geschlechtsunabhängig, es sind immer noch reichlich Drängler unterwegs, wie leicht zu beobachten ist. Corona kann jetzt davor schützen, dass nicht nur in der "Bussi-Bussi-Gesellschaft" mit ihrem allgemeinen Geküsse und Geknutsche, auch bei stadtbekannter gegenseitiger Animosität, wieder mehr Distanz und Respekt einzieht. Besonders gegenüber Polizisten und Feuerwehrleuten, denen gegenüber beleidigender Ton und Handgreiflichkeiten fast schon gesellschaftlich sanktioniert waren.
Die Absagenwelle zahlreicher Veranstaltungen bringt für viele einen Einschnitt mit sich. Traurig ist es, dass in der nächsten Woche ein ganz großer Geburtstag nicht gefeiert werden kann: Der 250. des Dichters Friedrich Hölderlin in seiner Geburtsstadt Lauffen am Neckar. Es ist kaum mehr nachvollziehbar, welche Mühen und Kosten man seit Jahrzehnten auf sich nahm, um es dem großen Sohn der Stadt schön zu machen in seinem Geburtshaus, das jetzt frisch saniert und mit einer neuen Ausstellung, zum wohl größten, authentischsten und inzwischen auch bundesweit beachteten Ort für den Dichter geworden ist. Dabei gelang es Bürgermeister Klauspeter Waldenberger sogar noch, im Wettlauf mit der knappen Zeit für diesen 20. März, an den Autobahnen das Schild "Hölderlinstadt Lauffen" zu platzieren, was die anderen, Tübingen und Nürtingen, nicht schafften. Nun sollen Festakt zum Geburtstag und Eröffnung des Hauses Anfang Juni stattfinden.
Aufgeschoben, aber nicht aufgehoben, ist auch das große Fest zur Eröffnung des Mensa-Baus auf dem Bildungscampus in der kommenden Woche. Nachdem auch der Studienbetrieb auf dem Campus eingestellt ist, sagte die Dieter Schwarz Stiftung das lange vorbereitete Ereignis ab. Die experimenta bleibt vorerst ebenfalls geschlossen.
Reagiert auf die neue Situation hat auch die Kreissparkasse Heilbronn, mit einem "Corona-Sofortprogramm" für ihre Kunden aus Mittelstand und Gewerbe, wegen der "Bremsspuren" die Corona in der Region hinterlassen wird: "Unser Sofortprogramm steht unseren Geschäfts- und Unternehmenskunden ab sofort zur Verfügung", sagte Vorstandschef Ralf Peter Beitner. Man beweise damit, "dass wir auch in schwierigen Situationen an der Seite unserer Kunden stehen und sie durch gute und schlechte Zeiten begleiten". Zur Deckung von zusätzlichem kurzfristigen Liquiditätsbedarf stellt das Institut Liquiditätskredite, gegebenenfalls unter Einbindung der Bürgschaftsbank Baden-Württemberg beziehungsweise der L-Bank zur Verfügung. Die im Rahmen des Corona-Hilfsprogramms der Bundesregierung von der KfW aufgelegten Unternehmenskredite werden künftig von der Kreissparkasse an ihre Kunden vermittelt.