Symbolfoto: Felix Kästle/dpa
Von Roland Muschel, RNZ Stuttgart
Stuttgart. Mehr Häftlinge, mehr Problemfälle, wenig Personal: Baden-Württembergs Justizminister Guido Wolf (CDU) sieht den Justizvollzug im Land vor "großen Herausforderungen". Die Belegungssituation in den Gefängnissen sei "enorm angespannt", warnt Wolf in einem Bericht für die Kabinettssitzung am Dienstag, der dieser Zeitung vorliegt. Denn im Vergleich zum Jahresdurchschnitt 2015 sei ein dauerhafter Anstieg um aktuell rund 820 Gefangene und damit um 12,5 Prozent der Gesamtbelegung zu verzeichnen.
"Ursächlich hierfür ist in erster Linie die Zunahme ausländischer Gefangener auf mittlerweile fast 50 Prozent der Gesamtbelegung", schreibt der Minister. Im März 2015 betrug der Ausländeranteil noch 39 Prozent, im März 2018 dagegen 48,5 Prozent. Insgesamt sitzen in den Gefängnisse des Landes derzeit knapp 7400 Menschen ein.
Justiz- und Europaminister Guido Wolf (CDU). Foto: Christoph Schmidt/dpaDie Folge der Entwicklung sind demnach teils überbelegte Gefängnisse, fehlende Beschäftigungsmöglichkeiten für die Gefangenen und daraus resultierend "ein steigendes Aggressionspotenzial". Dem internen Bericht zufolge konnten 2017 nur noch 66 Prozent der Gefangenen beschäftigt werden, 2015 waren es noch 73 Prozent. Im gleichen Zeitraum ist die Zahl der von den Anstalten verhängten Disziplinarmaßnahmen um 25 Prozent auf 7341 im Jahr noch oben geschnellt. Die Zahl der Unterbringung von gewaltbereiten oder sich selbst gefährdenden Gefangenen in besonders gesicherten Hafträumen ist zwischen 2015 und 2017 sogar um 77 Prozent auf 991 Fälle im Jahr explodiert.
Dazu trägt auch der Umstand bei, dass immer mehr Insassen psychische Probleme haben. Das führt wiederum zu Belastungen bei den Vollzugsbediensteten, wie die stark steigenden krankheitsbedingte Fehlzeiten zeigen: Im Jahr 2017 war jeder Vollzugsbedienstete im Land an 25 Tagen im Jahr krankgeschrieben, 2014 waren es noch 20 Tage.
Um die Probleme in den Griff zu bekommen, fordert Wolf eine ganze Reihe an Maßnahmen. Mit Verweis auf die im Ländervergleich "knappste Personalausstattung" dringt er mittelfristig auf "mindestens 400" zusätzliche Stellen für den Justizvollzug und weitere 70 Stellen im für die Arbeitstherapien zuständigen Werksdienst. Die Stellen im Vollzug sollen auch helfen, die Präsenz im Nachtdienst zu erhöhen. Mit Verweis auf die hohe Anzahl psychisch auffälliger Gefangener warnt der Minister in seinem Bericht vor dem erhöhten "Risiko einer Überwältigung der Bediensteten bei der Öffnung eines mit zwei Gefangenen belegten Haftraums zur Nachtzeit".