Für ein eigenständiges Promotionsrecht setzen sich die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften ein. Foto: dpa
Von Roland Muschel, RNZ Stuttgart
Stuttgart/Ulm. Die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) Baden-Württemberg machen sich für ein eigenständiges Promotionsrecht stark. "Damit die HAW in Baden-Württemberg einen noch größeren Beitrag zur Innovationskraft und -geschwindigkeit im Land leisten können, benötigen sie ein qualitätsgesichertes Promotionsrecht", heißt es in einem Strategiepapier der 24 Mitglieds-Hochschulen. Andere Bundesländer – darunter die Nachbarländer Bayern und Hessen – seien an diesem Punkt inzwischen "deutlich weiter".
In Baden-Württemberg sind bisher Promotionen bei HAW-Professoren nur im Rahmen von Assoziierungen mit Universitäten möglich. "Wo es geht, gibt es gemeinsame Promotionsvorhaben mit der Universität Ulm", berichtet etwa der Rektor der Technischen Hochschule Ulm, Professor Volker Reuter. Die Zusammenarbeit sei gut. "Aber das Fächerportfolio unserer Technischen Hochschule deckt auch Bereiche wie Schweißtechnik ab, die Unis kaum abdecken." HAW-Geschäftsführer Benjamin Peschke sagt, in einigen Fällen funktioniere die Zusammenarbeit mit den Unis gut, in anderen weniger, das sei einer "gewissen Zufälligkeit unterworfen". Zudem sei das Promotionsrecht für viele Professoren ein Argument, sich in Deutschland umzusehen. Mit Blick auf die Bestrebungen im nahegelegenen Bayern könnte ein Festhalten am Status quo zum Standortnachteil werden, fürchtet HAW-Vorstandsmitglied Reuter.
Im benachbarten Bundesland Bayern sollen die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften künftig ein eigenes Promotionsrecht erhalten – und zwar für gesamte forschungsstarke Bereiche an einzelnen Hochschulen. Für Baden-Württemberg fordern die HAW das Promotionsrecht für einen Zusammenschluss der besten HAW-Forscherinnen und -forscher im Land. Unterstützung erfahren sie von der CDU-Landtagsfraktion. "Das bisherige Assoziierungsverfahren hat sich nicht als optimal erwiesen. Um Forschung und Transfer an den Hochschulen zu verbessern, müssen wir die Rahmenbedingungen verbessern und ein eigenständiges, qualitätsgesichertes Promotionsrecht für die HAW schaffen", sagt CDU-Hochschulexpertin Marion Gentges. "Wenn gute Forscher abwandern, weil sie in Baden-Württemberg keine Doktorarbeiten betreuen können, verliert das Land in der Folge gute Studenten. Der Fachkräftemangel wird dann noch größer."
Die grüne Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) teilt die Befürchtungen nicht, selbstverständlich würden die hiesigen Hochschulen keine Standortnachteile erleiden. Baden-Württemberg sei mit seinem bisherigen Weg "sehr erfolgreich" unterwegs: Laut einer Studie der Hochschulrektorenkonferenz von 2019 gebe es nur in Nordrhein-Westfalen mehr Promotionen von Absolventen der HAW respektive Fachhochschulen. Zudem würden die Promotionsmöglichkeiten ohnehin verbessert: "Wir wollen die Zusammenarbeit in Sachen Promotion zwischen forschungsstarken Professorinnen und Professoren der HAW und der Universitäten noch weiter verstärken. Qualität und Diskriminierungsfreiheit sind dabei unsere Maßstäbe.