Von Nico Pointner und Henning Otte
Stuttgart. Kultusministerin Susanne Eisenmann will sich mit aller Macht um die Wiedereröffnung zumindest von Grundschulen und Kitas nach dem 10. Januar einsetzen. "Ich gehe davon aus und werbe sehr dafür, dass wir Kitas und Grundschulen in jedem Fall wieder in Präsenz öffnen und auch Klasse 5, 6 und 7 sowie die Abschlussklassen im Blick haben – unabhängig von den Inzidenzzahlen", sagte die CDU-Politikerin in Stuttgart. Gerade mit kleineren Kindern in der Grundschule sei digitaler Unterricht im Grunde nicht möglich. "Präsenzunterricht ist durch nichts zu ersetzen." Von einer Verlängerung oder Verschiebung der Weihnachtsferien halte sie gar nichts.
Kultusministerin Eisenmann. F.: dpaEisenmann hält damit an der Linie fest, mit der die Politik über viele Monate offene Schulen gerechtfertigt hat: "Schulen stehen nicht im Mittelpunkt des Infektionstreibens", sagt sie. Das belegen aus ihrer Sicht auch bis zuletzt die Zahlen. Kurz vor dem Beginn des Weihnachts-Lockdowns waren nach Angaben des Kultusministeriums lediglich 7 der rund 4500 Schulen coronabedingt komplett geschlossen und 813 von rund 67.500 Klassen im Land vorübergehend in Quarantäne.
Eisenmann lehnt auch eine Verlängerung der Weihnachtsferien über den 10. Januar hinaus strikt ab, wie sie etwa der Deutsche Kinderschutzbund vor kurzem gefordert hatte. "Davon halte ich gar nichts", sagt sie. "Jeder Eingriff in die Ferien bringt neue Probleme mit sich, neue Herausforderungen für Eltern und auch für die Schulen." Eine Verlängerung der Ferien sei auch mit dem Bildungsanspruch nicht zu vereinbaren. Bildung müsse auch in Pandemie-Zeiten möglich sein.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte sich Mitte Dezember skeptisch gezeigt mit Blick auf die Öffnung von Schulen. "Wo wir sind am 11. Januar, wird man sehen", hatte der Regierungschef gesagt. "Keine Maßnahmen erfolgen unabhängig von den Infektionszahlen." Die Ministerpräsidenten wollen am 5. Januar über das weitere Vorgehen entscheiden. Denkbar ist, dass der Lockdown verlängert wird, sollten die Zahlen nicht deutlich sinken.
Bildung und Betreuung müssten endlich eine Sonderstellung in der Lockdown-Debatte haben, fordert Eisenmann. "Ich fand ganz schwierig, mit welcher Leichtigkeit in der Diskussion gesagt wurde: Dann schließen wir halt mal die Schulen", sagt die CDU-Politikerin. "Es ist wichtig, dass wir Schulen anders behandeln als Baumärkte – bei aller Wertschätzung für die Baumärkte". Eisenmann betonte auch immer wieder Betreuungsprobleme für Eltern als Folge von Schulschließungen – und Probleme für schwächere Kinder. "Manchmal ist es auch hilfreich, nicht nur auf Virologen zu hören, sondern auch auf Kinderpsychologen und Kinderärzte."
Die Bildungsgewerkschaft GEW betont, dass auch die Lehrkräfte so viel Präsenzunterricht wie möglich wollten. "Doch sie würden auch gerne einmal den Satz hören: Soviel Sicherheit wie möglich für 130.000 Lehrerinnen und Lehrer!", teilte GEW-Geschäftsführer Matthias Schneider mit. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sagte: "Präsenzunterricht ist nicht zu ersetzen, auch um die Schülerinnen und Schüler nicht zu verlieren, die zu Hause nicht über die technischen Möglichkeiten und die notwendige Präsenz der Eltern verfügen."
SPD-Chef Andreas Stoch hingegen hält überhaupt nichts von einer Wiedereröffnung von Schulen unabhängig von Inzidenzzahlen. "Da fliegt jedem das Dach weg, der nur im Entferntesten mit Medizin oder Bildung zu tun hat", sagte Stoch. Eisenmann stelle sich radikal gegen jede wissenschaftliche Empfehlung. Die Inzidenzen seien immer noch viel zu hoch, die Infektionsketten nicht kontrollierbar. Stoch fordert Stufenmodelle mit Wechselunterricht und zusätzliche Raummöglichkeiten wie Turnhallen und Foyers für jüngere Schüler.