Die Plattform der "Antifa" wird genau beobachtet
Die Internetseite "de.indymedia" gilt dem Verfassungsschutz als klar linksextremistisch. Eine Vorgängerseite war 2017 verboten worden.

Von Theo Westermann, RNZ Stuttgart
Stuttgart. Da wird aktuell in einem Posting auf "de.indymedia" bejubelt, dass in Pforzheim ein Gasthaus "entglast", sprich die Scheiben zerschlagen wurden, weil dort kürzlich ein Redner der rechtsextremen Szene auftrat. Es wird mobilisiert gegen den Parteitag der AfD am 2. und 3. Juli in Stuttgart. In Ulm wurden bei mehreren SUV Anfang Juni die Reifen zerstochen, bezeichnet wird dies als "Entlüftungsaktion". Auch Gewalt gegen Personen fand bisher wortreiche Unterstützung: Als 2020 beispielsweise bei einem Angriff von Antifa-Aktivisten in Stuttgart auf Mitglieder einer rechtsextremen Kleingewerkschaft mehrere Menschen teils schwer verletzt wurden, wurde dies in Posts auf der Seite gerechtfertigt.
Nun hat das Bundesamt für Verfassungsschutz "de.indymedia" im Verfassungsschutzbericht 2021 als extremistisch eingeordnet, bisher war es ein "Prüffall". Die Homepage gilt als eine Art Zentralorgan der Antifa auch in Baden-Württemberg, bestätigt ein Sprecher des Landesamts für Verfassungsschutz unserer Redaktion. Gewaltorientierte Linksextremisten mobilisieren damit ihre Anhänger und überschreiten dabei Grenzen, etwa wenn sie zur Gewalt auffordern oder sich selbst gewaltsamer Aktionen bezichtigen. "Nicht alle Einträge haben explizit den Bezug zur Gewalt, aber wenn überhaupt, dann findet die Selbstbezichtigung auf dieser Seite statt," so der Sprecher des Landesamts.
Die Seite sieht sich als Plattform für Postings. Die Moderatoren greifen in aller Regel nicht ein. Übrigens auch nicht, wenn es zu "Outings" politisch-unliebsamer Personen kommt, die dann mit gewalttätigen Übergriffen rechnen müssen. "Umso mehr müssen sich die Betreiber von "de.indymedia" die Beiträge mit linksextremistischen oder strafbaren Inhalten zurechnen lassen, die nicht zeitnah gelöscht werden" heißt es im Verfassungsschutzbericht.
Die Vorgeschichte: Seine Wurzeln hat die Internetseite 2009 in Baden-Württemberg unter dem Titel "linksunten.indymedia", benannt nach der Position des Landes auf der Landkarte. Sie breitete sich aber bald bundesweit aus. Im August 2017 verbot der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) "linksunten.indymedia". Er nutzte die Möglichkeiten des Vereinsverbots, begründete dies mit Gewaltaufrufen.
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Durchsuchungen gab es damals auch in Freiburg. Eine Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht 2020 gegen das Verbot blieb erfolglos. Die Unterstützer argumentierten, dass die Website eine "Open Posting Plattform" sei mit "Bürgerjournalismus", geschützt durch die Pressefreiheit. Wie beim Verbot 2017 kam es aus Anlass des Verhandlungs- sowie des späteren Verkündigungstermins auch im Südwesten zu Protesten.
Seit dem Vereinsverbot 2017 hat sich als eine Art Nachfolger die Internetplattform "de.indymedia" zum "wichtigsten Informations- und Propagandamedium für die linksextremistische Szene im deutschsprachigen Raum entwickelt" heißt es im Verfassungsschutzbericht 2021. Mit der Einstufung durch den Bund gehen die Sicherheitsbehörden in Baden-Württemberg konform, beide haben die Seite und ihre Macher verstärkt im Blick, vor allem auch die Selbstbezichtigungen, was die verstärkt auftretenden Sachbeschädigungen im Südwesten angehe. Es sei inzwischen klar eine "linksextremistische Plattform", nicht mehr eine nur mit "linksextremistischen Bezug", heißt es.
Eine erneute Abschaltung der Seite durch den Staat – die in der linken Szene als nicht ausgeschlossen gilt – sieht man in Stuttgart eher skeptisch. "Wenn man diese Seite abschaltet, wird es sofort wieder eine Neue geben", so der Sprecher des Landesamts mit Blick auf die Entwicklungen nach dem Vereinsverbot 2017.