Unterrichtsausfälle in Baden-Württemberg

SPD kritisiert, dass es zu wenig Lehrer an den Schulen gibt - Ministerin verspricht Besserung

Regierung und Opposition sind da unterschiedlicher Meinung. Die zuständige Ministerin führt Gegenmaßnahmen an. Die aber wirken nur langsam.

28.02.2018 UPDATE: 28.02.2018 15:19 Uhr 2 Minuten, 7 Sekunden
Foto: dpa

Stuttgart. (dpa) Die Unterrichtsausfälle an den Schulen in Baden-Württemberg sind ein Problem - darin sind sich Regierung und Opposition einig. Die SPD hielt Grün-Schwarz aber am Mittwoch im Landtag vor, zu wenig dagegen zu tun. Ihr Bildungsexperte Gerhard Kleinböck sagte, die Schulen seien schon im September 2017 mit 635 Lehrern zu wenig ins Schuljahr gestartet. Zur selben Zeit sei die Streichung von 1074 Stellen wirksam geworden. FDP-Bildungsexperte Timm Kern meinte, die Regierung habe ein echtes Problem bei der Unterrichtsversorgung. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) fehle der Mut für innovative Wege bei der Lehrergewinnung.

Eisenmann räumte ein, dass man mit der Versorgung an den Schulen nicht zufrieden sein könne. "Wir setzen alle Hebel in Bewegung, um die Situation an den Schulen zu verbessern." Es sei aber bereits vor Jahren versäumt worden, vorausschauend zu planen und etwa die Ausbildung des pädagogischen Nachwuchses hochzufahren. Damit schob sie die Verantwortung der oppositionellen SPD zu, die von 2011 bis 2016 das Kultusministerium in der damaligen grün-roten Regierung innehatte. "Panikmache seitens derjenigen, die es versäumt haben, rechtzeitig geeignete Maßnahmen zu ergreifen, hilft uns nicht weiter." Grünen-Bildungsexpertin Sandra Boser sagte, Ziel sei, überall im Land eine gute Unterrichtsversorgung zu gewährleisten.

Nach einer Stichprobenerhebung des Kultusministeriums vom November vergangenen Jahres ist der Unterrichtsausfall gestiegen. In der 47. Kalenderwoche 2017 fiel 3,6 Prozent des Pflichtunterrichts aus - 0,4 Prozentpunkte mehr als in der gleichen Woche des Jahres davor. Eisenmann kündigte an, dass künftig an allen öffentlichen Schulen im Land erfasst werden solle, wie oft Unterricht nicht erteilt werden könne. Die Regierung habe Gegenmaßnahmen aufs Gleis gesetzt, doch es dauere, bis diese griffen. Sie nannte etwa die Bemühungen, Bewerber für das Lehramt an Gymnasien, von denen es zu viele gibt, für eine begrenzte Zeit für den Unterricht an Grundschulen zu gewinnen. Zudem würden die Studienkapazitäten für das Grundschullehramt erhöht.

SPD-Bildungsexperte Kleinböck forderte: "Baden-Württemberg braucht eine Unterrichtsversorgung, die nicht schon zum Schuljahresbeginn auf Kante geplant und damit zum Scheitern verurteilt ist." Für den FDP-Bildungsexperten Kern ist der Lehrermangel zum Teil hausgemacht. Die grün-rote Vorgängerregierung habe fünf Jahre lang Politik gegen Lehrer gemacht. "Keine Landesregierung in der Geschichte Baden-Württembergs hat den Lehrern so misstraut, wie die Regierung Kretschmann I." So habe das Schreckgespenst von der Streichung von 11 600 Lehrerstellen im Raum gestanden - eine Ankündigung, die die Regierung zurücknahm, weil die Schülerzahlen sich anders entwickelten als zunächst prognostiziert. Die AfD führte die Probleme bei der Unterrichtsversorgung auf Einsparungen zurück.

Die Bildungsgewerkschaft GEW forderte unterdessen einen Nachtragsetat. "Die Steuereinnahmen sprudeln. Niemand versteht, warum die Kürzung der Lehrerfortbildungsmittel durch Grüne und CDU nicht sofort zurückgenommen und angesichts des Unterrichtsausfalls die Vertretungsreserve schnell ausgebaut wird", sagte GEW-Landeschefin Doro Moritz. In Schularten, in denen kein Lehrermangel herrsche, könne die Vertretungsreserve sofort ausgebaut werden. In der ständigen Lehrerreserve seien derzeit 1666 Stellen. Gleichzeitig gebe es pro Schuljahr 6000 bis 7000 Lehrer, die längere Zeit ausfielen, die meisten aufgrund von Mutterschutz und Elternzeit.

Der Landeschef des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Gerhard Brand, sagte, die von der Ministerin angekündigte Entspannung sehe er noch nicht. "Der Bedarf ist weiterhin sehr hoch, die Not ebenfalls." Eine genaue Erhebung, wie viel Unterricht ausfalle, habe es bereits unter der früheren Kultusministerin Annette Schavan (CDU) gegeben. "Die Erhebung muss auch Sinn machen und in Maßnahmen münden, die dazu führen, dass der Unterrichtsausfall sinkt. Sonst sind derartige Vollerhebungen Verschwendung von Arbeitszeit."

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