Symbolfoto: Felix Kästle/dpa
Von Axel Habermehl, RNZ Stuttgart
Stuttgart. Wer Ende letzter Woche auf südwestdeutschen Autobahnen unterwegs war, konnte sich ein Bild machen, wie die Polizei gegen mobile Einbrecher vorgeht: Streifenwagen am Straßenrand, Blaulicht auf Parkplätzen, sichtbare Kontrollen an Raststätten. Allein in Baden-Württemberg wurden im Rahmen einer länderübergreifenden gemeinsamen Fahndungsaktion laut Innenministerium 3657 Personen kontrolliert und 22 festgenommen.
Schon am ersten Tag landeten Beamte des Verkehrskommissariats Walldorf einen Treffer: Gegen 16 Uhr am Donnerstag erkannten sie am Kreuz Walldorf auf der A6 ein Auto, das zwei Tage zuvor bei einem Einbruch in Heidelberg aufgefallen war. Ein Zeuge hatte der Polizei Kennzeichen, Autotyp und -farbe gemeldet. Tatsächlich fanden sich in dem kontrollierten Auto ein Laptop, der aus der Heidelberger Beute stammen soll, dazu Elektrogeräte und Sonnenbrillen, die aus einem Brillengeschäft in Eppelheim gestohlen worden sein sollen, in das ebenfalls kurz zuvor eingebrochen worden war. Die Fahrzeuginsassen, drei Männer und eine Frau aus Serbien, wurden vorläufig festgenommen, sie sitzen jetzt in Untersuchungshaft.
Wenn man der Argumentation von Landes-Innenminister Thomas Strobl (CDU) folgt, ist das ein symptomatischer Fall. "Organisierte Einbrecherbanden nutzen unser Fernstraßennetz vor allem dazu, ihre Aktionsräume auszuweiten, aber auch als Fluchtwege oder Transportwege für erlangtes Diebesgut", sagt Strobl. "Hier setzen wir an und halten den Kontrolldruck hoch." Sein Ziel sei, dass die Täter "einen Bogen ums Ländle machen".
Schon Strobls Vorgänger, Reinhold Gall (SPD), hatte den Kampf gegen Wohnungseinbrecher zum Schwerpunkt der Polizeiarbeit erklärt, nachdem die Fallzahlen zuletzt explodiert waren: Zählte Baden-Württemberg 2007 noch 6737 Fälle, waren es 2014 schon 13.483.- rund doppelt so viele. Noch dazu war die Aufklärungsquote im Vergleich mit anderen Delikten außerordentlich gering.
Nun scheint es bei der Betrachtung der polizeilichen Kriminalitätsstatistik für das Jahr 2016, die Strobl gestern vorlegte, als gäbe es eine anhaltende Trendwende. Schon seit 2013 werden immer mehr Wohnungseinbrüche aufgeklärt, die Quote stieg von damals 10,9 auf nun 19,2 Prozent. Zugleich sanken im dritten Jahr in Folge die absoluten Zahlen der Taten: 2015 waren es 12.255 Taten (davon 5408 Versuche) und vergangenes Jahr 11.095.( 4862). "Wir machen den Einbrechern das Leben in Baden-Württemberg so schwer wie irgend möglich", sagte Strobl.
Insgesamt, stellte der Innenminister heraus, habe Baden-Württemberg die niedrigste Kriminalitätsbelastung bundesweit. Der Statistik zufolge lag die Belastung bei 5599 Straftaten pro 100.000 Einwohner, was einen Rückgang um 2,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr darstellt. Zwar haben erst sieben Bundesländer die entsprechenden Zahlen vorgelegt, doch darunter sind die traditionell ähnlich sicheren Länder Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz.
Auch die Gesamtzahl der Straftaten sank, zum ersten Mal seit 2012. Sie lag vergangenes Jahr bei 609.133 Fällen (2015: 617.365 ), obwohl die Bevölkerung im Südwesten um rund 163.000 Menschen wuchs. Insgesamt wurden gut 60 Prozent aller Taten aufgeklärt.
Erheblich zugenommen haben "Straftaten gegen das Leben". Die Zahl dieser Delikte stieg um 21 Prozent auf 403 Fälle, wobei es in rund 60 Prozent beim Versuch blieb. Ebenfalls erhöhte sich die Zahl von "Rohheitsdelikten", also Körperverletzungen und ähnlichem, sowie von "Straftaten gegen die persönliche Freiheit". Die Polizei verzeichnete einen Anstieg um 7,5 Prozent auf 83.780 Fälle.
Etwa jeder zehnte Tatverdächtige war vergangenes Jahr ein Flüchtling oder Asylbewerber - und das, ohne Verstöße gegen Asyl- und Aufenthaltsgesetze zu berücksichtigen. Dabei stellt diese Gruppe nur rund 1,5 Prozent der Bevölkerung. "Eine kleine Gruppe unter den Flüchtlingen richtet enormen Schaden an, das sind die jugendlichen Intensivtäter", sagte Innenstaatssekretär Martin Jäger.
SPD-Fraktionsvize Sascha Binder forderte "gezielte Maßnahmen gegen Mehrfach- und Intensivtäter". Allerdings sei, so Binder, "bei den Zahlen zu beachten, dass nicht nur die Straftaten von Asylbewerbern gestiegen seien, sondern die Anzahl der Asylbewerber selbst, was sich natürlich statistisch auswirkt".