Grün-Schwarz einigt sich auf flächendeckende Diesel-Verbote
Ohne Fahrverbote geht es nicht mehr - Euro-5-Modelle noch ausgenommen

Von Roland Muschel, RNZ Stuttgart
Stuttgart. Um 14 Uhr wollen die Spitzen der grün-schwarzen Koalition am Mittwoch verkünden, wie sie das Gerichtsurteil umsetzen, das die Regierung zu härteren Maßnahmen zur Luftreinhaltung in der Landeshauptstadt verpflichtet.
Vize-Regierungschef Thomas Strobl (CDU) aber fehlt. Er steckt im Aufzug fest. Schließlich löst sich auch dieses Problem, Strobl erscheint gut gelaunt. Lange galt der Umgang mit Dieselfahrzeugen als mögliche Bruchstelle von Grün-Schwarz, umso erleichterter verkünden Ministerpräsident Winfried Kretsch᠆mann (Grüne), Vize Strobl, die Fraktionschefs Andreas Schwarz (Grüne) und Wolfgang Reinhart (CDU) sowie Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) und Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) die Einigung.
Als Ergebnis stehen die bundesweit bislang am weitest gehenden Fahrverbote für Diesel der Euronorm 4 und schlechter. Sie gelten ab dem 1. Januar 2019 für die gesamte Umweltzone Stuttgarts, während die Fahrverbote in Hamburg auf einzelne Straßenabschnitte begrenzt sind. Für Anwohner gilt eine Übergangsfrist bis zum 1. April 2019.
Dann tritt eine Tarifreform in Kraft, die im Großraum Stuttgart die Tickets für den öffentlichen Nahverkehr billiger machen soll. Für den Lieferverkehr, für Handwerker, Krankenwagen, soziale Hilfsdienste, aber auch für Schichtarbeiter, die nicht auf den öffentlichen Nahverkehr ausweichen können, oder für Oldtimer sieht die Einigung Ausnahmen von der neuen Verbotsregelung vor. Ziel sei gewesen, die Fahrbeschränkungen so gering wie möglich zu halten, sagte Kretschmann.
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Hintergrund
Hintergrund Diesel-Autos in Stuttgart
Die grün-schwarze Landesregierung plant für Anfang 2019 Fahrverbote für ältere Diesel. Allen Anzeichen nach werden davon Diesel der Euronorm 4 und schlechter erfasst. Möglicherweise folgen auch Diesel der Euronorm
Hintergrund Diesel-Autos in Stuttgart
Die grün-schwarze Landesregierung plant für Anfang 2019 Fahrverbote für ältere Diesel. Allen Anzeichen nach werden davon Diesel der Euronorm 4 und schlechter erfasst. Möglicherweise folgen auch Diesel der Euronorm 5.
Nach Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes sind in Stuttgart, Böblingen, Esslingen, Göppingen, Ludwigsburg und im Rems-Murr-Kreis insgesamt 534.573 Diesel-Autos zugelassen. 34 Prozent sind mit Euro-5-Norm unterwegs, das entspricht 183.358 Autos. Hinzu kommen noch 188.163 Diesel-Wagen, die mit den Euronormen 1 bis 4 registriert sind. Das entspricht einem Anteil von 35 Prozent aller Diesel-Autos.
In Stuttgart sind 106.608 Diesel-Autos registriert, davon fahren 31.515 mit Euronorm 5 und 30.116 Autos mit den Abgasnormen 1 bis 4. Allerdings gibt es schon heute ältere Diesel-Autos, die nicht in die Innenstadt fahren dürfen, weil sie keine grüne Umwelt-Plakette für die Umweltzone haben.
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte im Februar entschieden, dass Fahrverbote zur Luftreinhaltung grundsätzlich erlaubt sind, wenn die Verhältnismäßigkeit gewahrt wird. Seither steht die Landesregierung unter großem Druck, die Werte schädlicher Stickoxide in der Stadt auch mithilfe dieser unpopulären Maßnahme zu senken. Bis Montag muss sie dem Verwaltungsgericht Stuttgart aufzeigen, wie sie die Einhaltung der Grenzwerte für Stickoxide schnellstmöglich gewährleisten will.
Die Koalition will dabei Verkehrsverbote für neuere Euro-5-Diesel vermeiden. Nur wenn sich zum 1. Juli 2019 abzeichnet, dass die Einhaltung der Grenzwerte Ende 2019 nicht in Sicht ist, soll ein neuer Luftreinhalteplan erarbeitet werden. Selbst im ungünstigsten Fall sollen Euro-5-Diesel mit einem Software-Update oder einer Hardware-Nachrüstung für eine Übergangsfrist von zwei Jahren von Verboten ausgenommen werden.
Der Vorstandsvorsitzende des ADAC Württemberg, Dieter Roßkopf, sagte: "Der Bundesgesetzgeber muss nun rasch handeln und umgehend gesetzliche Rahmenbedingungen für die Zertifizierung von SCR-Nachrüstlösungen festlegen, damit nachgerüstete Euro-5-Dieselfahrzeuge von einem Fahrverbot ausgenommen werden können."
Eine Nachschärfung des Stuttgarter Luftreinhalteplans will die Regierung mit einem ergänzenden Maßnahmenpaket verhindern. Dieses umfasst die Absenkung der Ticketpreise genauso wie die Aufstockung der Fördermittel für elektrische Busse und Lkw.
Die CDU-Fraktion hatte zudem mehrere Lösungen vorgestellt, die zu einem niedrigeren Stickoxid-Ausstoß in der Stadt beitragen sollen. Dazu gehören ein innovativer Straßenbelag sowie eine Lärmschutzwand, die Stickoxide und Feinstaube aus der Luft abbauen soll. Das Paket hat ein Finanzvolumen von 450 Millionen Euro. Maßnahmen über 340 Millionen Euro sind bereits beschlossen. 110 Millionen Euro will die Koalition nun noch zuschießen.