Schulleiter in Baden-Württemberg

Mit Leistungsprämien und vollen Klassen

Kultusministerium bedankt sich bei Schulleitern mit einem 600-Euro-Bonus - Opposition fordert umfassendere Konzepte

18.11.2020 UPDATE: 19.11.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 40 Sekunden
Derzeit gilt zwar an den baden-württembergischen Schulen – hier eine Grundschullehrerin in Hemmingen – ab der Klasse 5 eine Maskenpflicht auch im Unterricht. Abstände können bei vollbesetzten Klassen aber nicht eingehalten werden. Archivfoto: Sebastian Gollnow

Von Sören S. Sgries

Stuttgart. Die Kultusministerin verteilt Geld an Schulleitungen, die oppositionelle SPD legt derweil einen "Stundenplan für die Pandemie" vor. Ein Überblick über die aktuelle Debatte rund um die Schulen in Baden-Württemberg.

600 Euro extra für Schulleiter: Die Rektorinnen und Rektoren an den baden-württembergischen Schulen dürfen sich in diesem Jahr offenbar über eine Art "Weihnachtsgeld" freuen. Alle Schulleiter, auch die kommissarischen, an öffentlichen Schulen sollen eine einmalige "Leistungsprämie" in Höhe von 600 Euro ausgezahlt bekommen, kündigte Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) am Mittwoch an. Die "Manager vor Ort" müssten "mit viel Fingerspitzengefühl und großem Einsatz den Spagat zwischen Gesundheitsschutz und funktionierendem Schulleben tagtäglich aufs Neue bewältigen", so die Ministerin. Die Prämie sei ein "kleines Zeichen der Anerkennung und Wertschätzung dieser außerordentlichen Leistung".

Zugleich kündigte Eisenmann an, die Schulleitungen langfristig entlasten zu wollen – beispielsweise durch eine "flächendeckende Schulverwaltungsassistenz" für größere Schulen. Allerdings könnten entsprechende Maßnahmen, so rechnet sie vor, "frühestens ab dem Schuljahr 2022/2023 Wirkung entfalten". Verschiedene Lehrergewerkschaften und auch die FDP lobten daher zwar die Leistungsprämie, betonten aber, viel wichtiger sei die rasche Entlastung des Personals an den Schulen. Das könne auch schneller gehen, wenn man wollte.

SPD für Wechselbetrieb ab Klasse 8: Nachdem die Bund-Länder-Konferenz am Montag Entscheidungen über neue Vorgaben für Schulen vertagt hat, prescht jetzt die Landes-SPD mit einem eigenen "Stundenplan für die Pandemie" vor. Motto: "So verhindern wir Schulschließungen!" SPD-Chef Andreas Stoch kritisierte, der Kultusministerin falle nicht mehr ein, als die Schulen entweder komplett zu öffnen oder komplett zu schließen. Es gebe aber mehr Varianten, um das Infektionsgeschehen an Schulen einzudämmen.

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Wichtigste Forderung der SPD: die Einführung eines "Wechselbetriebs" für alle Schüler ab Klasse 8. Damit würde die dauerhafte Rückkehr zum Fernunterricht vermieden, bei dem erfahrungsgemäß viele Kinder auf der Strecke blieben. Gleichzeitig könnte aber bei halbierten Klassengröße mehr Abstand auch im Unterricht eingehalten werden. Jugendliche, die älter seien als 14 Jahre, könnten ohne durchgängige Betreuung durch die Eltern zuhause bleiben, so Stoch. Auch sei für sie der Fernunterricht "deutlich sinnvoller als bei jüngeren Jahrgängen".

Für Schulkinder bis zur siebten Klasse meint die SPD, diesen und ihren Eltern sei "ein rollierendes System aktuell nicht zuzumuten". Um trotzdem mehr Abstand im Unterricht zu ermöglichen, sollten zusätzliche, "weitläufigere" Räumlichkeiten einbezogen werden – etwa Theater, Museen und Gemeindehallen. Die Landesregierung könnte diese anmieten "und damit nicht nur Unterricht in einem sicheren Umfeld gewährleisten, sondern gleichzeitig die so gebeutelten Kultureinrichtungen, Vereine und Kirchen unterstützen", so Stoch.

Das Robert-Koch-Institut empfiehlt übrigens bereits aber einer 7-Tage-Inzidenz von über 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern sowohl für jüngere als auch für ältere Schüler die "Verkleinerung der Klassen (durch Teilung oder Wechselunterricht), so dass der Mindestabstand von 1,5 m eingehalten werden kann". Stand Mittwochabend liegt der landesweite Wert bei 132,0. Nur 13 Kreise liegen unterhalb der 100er-Inzidenz, kein einziger unter der 50.

Anschaffung von Luftfiltergeräten: Lebhaft diskutiert wird auch die Anschaffung von technischem Gerät, um die Raumluft zu filtern. Entsprechende Forderungen erheben seit geraumer Zeit einige Lehrerverbände. Die SPD fordert es. Und auch die Grünen-Landtagsfraktion setzt sich dafür ein – diverse Abgeordnete veröffentlichten am Mittwoch Pressemitteilungen, in denen sie den Einsatz von mobilen Innenraumfiltern zumindest in unzureichend belüfteten Räumlichkeiten fordern. Dafür stehe auch Geld zur Verfügung – der Weinheimer Abgeordnete Uli Sckerl (Grüne) nannte 40 Millionen Euro, die im Nachtragshaushalt für schulische Aufgaben in der Pandemie vorgesehen seien.

Das Kultusministerium verweist darauf, dass es letztlich den Schulen überlassen sei, ob sie entsprechende Geräte anschaffen wollten. Beschlossen sei, dass allen Schulen im Land ein "Schulbudget" zur Verfügung gestellt werde, mit dem sie nach den eigenen Bedürfnissen zusätzliche Digitalausstattung, aber auch Luftfiltergeräte, CO2-Ampeln oder Plexiglasscheiben kaufen könnten. Angekündigt ist ein "Sockelbetrag" von 3000 Euro pro Schule. Hinzu kommt ein Betrag, der sich aus der Schülerzahl ergibt. Zur Einordnung: Das Umweltbundesamt nennt Filter-Anschaffungskosten pro Klassenzimmer von 1000 bis 3000 Euro.

Die aktuelle Lage an den Schulen: Laut Kultusministerium waren zuletzt (Stand 18. November) an 474 Schulen insgesamt 723 Klassen/Gruppen aufgrund Infektion oder Infektionsverdachts vorübergehend aus dem Präsenzbetrieb herausgenommen. An 108 dieser 474 Schulen sind lediglich einzelne Schüler in Isolation. Sechs Schulen sind vollständig geschlossen. In Baden-Württemberg gibt es insgesamt 67.500 Klassen an rund 4500 Schulen.

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