SPD Baden-Württemberg

Berlin, Brüssel - aber was ist mit Stuttgart?

Angesichts sinkender Umfragewerte streitet die SPD wieder ums Personal - Juso-Chefin: Parteispitze kümmert sich nicht um Landespolitik

13.09.2018 UPDATE: 14.09.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 42 Sekunden
Zu viel in Berlin? Das wirft Juso-Chefin Stephanie Bernickel ... Foto: dpa

Von Sören S. Sgries u. Bettina Grachtrup

Stuttgart/Bad Rappenau. "Wohlbefinden für Körper, Geist und Seele", so wirbt der Kurort Bad Rappenau für sich. Drei Tage lang hielt sich die Landtags-SPD dort auf. Der Anlass: Fraktionsklausur. Spätestens am Mittwoch aber war Schluss mit Wohlbefinden für die 19 Abgeordneten und ihren Mitarbeiterstab. Wie die Stimmung sei? "Mies", hieß es grummelig. "Bei den Umfragewerten!"

Auf 11 Prozent waren die Sozialdemokraten abgesackt - ein Rekordtief im "BW-Trend", den Infratest dimap für SWR und "Stuttgarter Zeitung" erhebt.

In ersten offiziellen Reaktionen versuchten die Parteioberen, das Feuer auf die grün-schwarze Regierung zu lenken. "Der Stillstand in der Politik drückt sich auch im Stillstand der Umfragezahlen aus", monierte Parteichefin Leni Breymaier. Auch Fraktionschef Andreas Stoch kritisierte "das Nichtstun" der Regierung.

Wer sich nicht an solche Sprachregelungen hält - das ist der Parteinachwuchs. Am Donnerstag verschafft sich Juso-Landeschefin Stephanie Bernickel Gehör. Landeschefin Leni Breymaier sei mit ihrem Vorhaben einer Erneuerung der SPD fast gescheitert, so der Vorwurf. Und die 29-jährige Bernickel legt noch nach: Es gebe an der Parteispitze keinen Politiker, der sich für landespolitische Themen einsetze. Breymaier sei als Bundestagsabgeordnete viel in Berlin. Generalsekretärin Luisa Boos sei gedanklich mit ihrer Kandidatur für das Europaparlament beschäftigt. Harte Worte.

Boos entgegnete knapp: "Ja, die Kommunal- und die Europawahlen sind die nächsten großen Herausforderungen und auch Gradmesser für die Landes-SPD. Beide Wahlen beschäftigen mich als Generalsekretärin logischerweise intensiv." Von Breymaier gibt es zunächst keine öffentliche Reaktion. Begeistert kann sie nicht sein.

Die Debatten um das Damen-Duo brechen regelmäßig auf. Breymaier und Boos zählen zum linken Parteiflügel, was vor allem den sogenannten "Netzwerkern" ein Dorn im Auge ist. "Die SPD ist eine Partei, die eine gewisse Meinungsvielfalt in Baden-Württemberg abbildet. Die ist im Moment in der Spitze der Landespartei in dieser Aufstellung aus Sicht vieler nicht gewährleistet": So formuliert es Fraktionschef Andreas Stoch - um gleichzeitig zu betonen, dass es im Moment keine Alternative gebe. Ein durchaus wichtiger Einwurf. Schließlich müssen sich beide noch diesen Herbst zur Wiederwahl stellen. Im BW-Trend bescheinigen der Parteichefin immerhin 42 Prozent der eigenen Anhänger eine gute Arbeit, nur sieben Prozent finden Breymaier schlecht. Allerdings ist die 58-Jährige für 60 Prozent der Bevölkerung eine gänzlich Unbekannte.

Auch wenn er es nicht offen ausspricht: Stoch und seine Truppe leiden darunter, dass sich die Landes-SPD vorerst eine Strukturreform verordnet hat. Schritt für Schritt wird derzeit intern Problemanalyse und -korrektur betrieben. Wenn man im Landtag verzweifelt um Sichtbarkeit gegenüber dem grün-schwarzen Regierungslager bemüht ist, ist das schwer zu ertragen.

Warum man SPD wählen sollte? Das Wahlvolk weiß es offenbar nicht. Und auch die Sozialdemokraten selbst haben längst noch keine klare Linie gefunden.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.