Wissenschaftsministerin Bauer: Neue Exzellenzinitiative ist ein "tragfähiger Kompromiss"
Am Freitag werden Einzelheiten zur neuen Exzellenzinitiative vorgestellt - "Auch kleine Uni können forschungsstark sein", betont Theresia Bauer im RNZ-Interview

Wissenschaftsministerin Theresia Bauer. Foto: Archiv
Von Bettina Wieselmann, RNZ Stuttgart
Wie geht es weiter mit der "Exzellenzinitiative"? Mit jährlich 400 Millionen Euro vom Bund und 133 Millionen Euro von den Ländern, in denen die betreffenden Universitäten sitzen, soll ab 2018 bis 2028 Spitzenforschung gefördert werden. Verteilt werden die Mittel auf 45 bis 50 Cluster (385 Millionen). Unis mit mindestens zwei Clustern können sich als Exzellenz-Uni bewerben. Für die Dauerförderung ab 2019 stehen 148 Millionen Euro zur Verfügung. Einzelheiten des Konzepts werden heute vorgestellt. Die baden-württembergische Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (51, Grüne) glaubt, dass künftig wieder mehr Unis im Land in den Genuss der Dauerförderung kommen können.
Vor drei Monaten noch hofften Sie, dass die Exzellenzinitiative erbrachte Forschungsleistungen fördert. Jetzt soll doch wieder bloß honoriert werden, wer die besten Anträge schreibt. Warum konnten Sie sich mit der Exzellenzprämie nicht durchsetzen?
Auch die Imboden-Kommission zur Evaluierung der Exzellenzinitiative hatte eine solche Prämie vorgeschlagen. Elemente davon wird die künftige Ausschreibung berücksichtigen. Bei den Exzellenz-Clustern, die zuerst ausgeschrieben werden, werden die siegreichen Universitäten zusätzlich eine Pauschale bekommen, deren Mittel in die strategische Ausrichtung gesteckt werden sollen. Es entsteht also ein Mehrwert für die gesamte Universität. Wenn es um den Wettbewerb geht, welche Hochschule wird Exzellenz-Universität, wird ein Teil der Bewertungsgrundlage sich an den erbrachten Forschungsleistungen orientieren. Hinzu kommt ein konsistentes Zukunftskonzept.
Sie wollten aber mehr.
Genau. Ich hätte mir vorstellen können, dass nicht die Versprechen auf die Zukunft, sondern die nachgewiesene Forschungsleistung entscheidend sein soll. Tatsächlich ist dieser Gedanke ja auch teilweise berücksichtigt. Aber am Ende musste man einen Kompromiss finden, mit der Bund und alle Länder einverstanden sind. Und ich bin überzeugt, er ist tragfähig.
Standen Sie allein in dieser Frage?
Es gab durchaus Wissenschaftsminister, die große Sympathien dafür hatten, aber es gab eben keine Mehrheit.
Nur die Unis, die zwei, im Verbund mit anderen drei, Cluster einwerben, dürfen sich später um die Dauer-Förderung als Exzellenz-Uni bewerben. Bedeutet das nicht das Aus für die kleine Exzellenz-Uni Konstanz?
Konstanz hat angesichts der Qualität, die diese Uni liefert, ohne Zweifel auch künftig das Zeug dazu, das wieder zu schaffen. Es wird eine Bandbreite an möglichen Clustern geben, kleinere werden ebenso eine Chance haben wie größere. Finanziell reicht die Bandbreite von drei bis zu zehn Millionen Euro jährlich. Und es gibt den Wunsch, dass in diesen bundesweit 45 bis 50 Clustern die komplette Bandbreite der Fächer abgebildet wird.
Sie wollten es aber anders?
Für die kleineren Universitäten ist das eine bittere Pille. Ich hätte mir eine niedrigere Zugangshürde vorstellen können: ein Cluster plus Forschungserfolge im Rahmen der bisherigen Exzellenzinitiative. Dennoch: Der Förderrahmen ist flexibel und es werden ja künftig auch etwas mehr als die bisherigen 43 Cluster gefördert.
Große Unis wie Heidelberg oder die TU München haben personell die Möglichkeit, sich auch für sechs oder acht Cluster zu bewerben, sind also im Vorteil.
Es gibt keine Begrenzung nach oben. Richtig ist, dass größere Universitäten mehr Kapazitäten haben. Aber gerade Konstanz hat ja bewiesen, dass man auch als kleine Uni bundesweit zu den forschungsstärksten gehören kann.
Die Skepsis der Kritiker macht sich auch daran fest, dass der Bund ja zunächst nur noch zwei oder drei Spitzen-Standorte wollte.
Das ist vom Tisch. Wir haben uns auf acht bis elf Förderfälle festgelegt. Weil Universitäten auch im Verbund sich um die Förderung als Exzellenz-Universität bewerben können, können wir am Ende auf bis zu 15 Spitzen-Unis kommen. Und das ist genau die Größenordnung, die ich für angemessen in der deutschen Hochschullandschaft halte.
Sind Sie dann auch mit Blick auf die Situation im Land zuversichtlich, dass statt zuletzt drei künftig auch wieder mehr Universitäten in den Genuss der begehrten Dauerförderung kommen?
Das ist möglich. Mit dieser Förderkulisse ist Baden-Württemberg für den Wettbewerb gut aufgestellt. Ich erwarte, dass sich alle neun Universitäten angesprochen fühlen.
Stanford, Harvard oder auch die ETH Zürich haben ungleich mehr Finanzmittel zur Verfügung als selbst jene Unis, die im Rahmen der Exzellenzinitiative zusätzliche Forschungsmittel erhalten.
Das sind die falschen Vorbilder. Die Exzellenzinitiative mit ihrem Anspruch, universitäre Spitzenforschung bei zehn bis 15 Universitäten sichtbarer zu machen, ist genau richtig für die vielfältige, facettenreiche Universitätsstruktur in Deutschland. Die Konzentration auf nur einen oder zwei ganz große Leuchttürme auf Kosten aller anderen würde eher schaden als nützen.
Richtig ist aber, es sind mitnichten alle Universitäten gleich gut.
Ja, das hat die Exzellenzinitiative bisher schon sichtbar gemacht, und diesen Weg wollen wir mit dauerhaften, zusätzlichen Ressourcen für die forschungsstärksten Unis weiter gehen.
Kauft sich der Bund, wenn er jährlich 400 Millionen Euro in die Exzellenzinitiative steckt, nicht zulasten der an sich zuständigen Länder zu viel Mitsprache ein bei der inhaltlichen Gestaltung der Hochschullandschaft?
Zunächst gilt mal festzuhalten: Die insgesamt 400 Millionen Euro des Bundes plus die 133 Millionen, die von den Ländern für die Exzellenzinitiative fließen, sind gemessen am Hochschul-Gesamtbudget einer Universität nur ein kleiner Aufschlag zur Grundfinanzierung und zu den eingeworbenen Drittmitteln - auch wenn dieses Extra natürlich für die Weiterentwicklung von großer Bedeutung ist.
Wer zahlt, will Einfluss.
Völlig klar ist: Der Bund wird an den Unis keine inhaltliche Mitsprache bekommen, er beansprucht sie auch nicht. Die Auswahl der Exzellenz-Cluster und -Universitäten wird wissenschaftsgeleitet erfolgen. Haushaltsgespräche während der Förderphase werden nur zwischen dem Bund und den Ländern geführt. Es muss ja kein Fehler sein, sich gemeinsam Gedanken darüber zu machen, wo sich bundesweit Schwerpunkte entwickeln und wo sich besondere Spitzen abbilden.
Es gibt Kritiker, die die Fokussierung auf Spitzenforschung monieren. Sie wollen ebenso die Lehre gefördert sehen oder andere Profile.
Es ist enorm wichtig, dass diese Fokussierung bleibt. Man kann mit einem Förderinstrument nicht alle Probleme gleichzeitig lösen. Deshalb wird es nötig sein, andere Aufgaben mit eigenen Förderinstrumenten zu bearbeiten. Auch dazu brauchen wir die Mithilfe des Bundes.