Vorrang für Sozialwohnungen
Finanzminister Schmid: Das Land soll künftig eigene Grundstücke verbilligt abgeben dürfen - Bis zur Hälfte des Verkehrswertes

Stuttgart. Die Landesregierung will ihr jüngst auf den Weg gebrachtes Maßnahmenpaket für Erhalt und Schaffung bezahlbaren Wohnraums um ein neues Instrument erweitern. Mit der Verabschiedung des Nachtragshaushalts im Herbst solle das Land ermächtigt werden, landeseigene Grundstücke zum Zweck der Förderung des sozialen Wohnungsbaus stark verbilligt abgeben zu dürfen, kündigte Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) gegenüber unserer Stuttgarter Redaktion an.
"Das Land ist kein Immobilienspekulant. Deswegen müssen verbilligte Verkäufe möglich sein", begründete er den Vorstoß. Bisher schreibt das Land entbehrliche Grundstücke in der Regel gegen Höchstgebot öffentlich aus. "Man muss Regeln ändern können. Vor allem wenn es um bezahlbaren Wohnraum für Menschen mit kleinem Geldbeutel geht." Die Entscheidung sei auch ein Signal an die Kommunen, die sich mit der Bitte, das Gesetz entsprechend zu ändern, an ihn gewandt hätten. Konkret plant Schmid die Aufnahme einer entsprechenden Ermächtigung in das Staatshaushaltsgesetz. Danach, so sieht es ein Formulierungsvorschlag seines Hauses vor, würde das Finanz- und Wirtschaftsministerium befugt, "den Kaufpreis für landeseigene Grundstücke, die zum Zwecke der sozial orientierten Förderung von Wohnraum abgegeben werden" im Einklang mit geltendem EU-Recht um höchstens die Hälfte des Verkehrswertes zu ermäßigen.
Der Vorschlag knüpft an eine Regelung an, die die CDU nach Ende der Großen Koalition mit der SPD (1992 bis 1996) im Land abgeschafft hatte: Bis zum Doppelhaushalt 1995/96 war das Finanzministerium ermächtigt, den Verkaufspreis für landeseigene Grundstücke zu Zwecken des sozialen Wohnungsbaus um bis zur Hälfte des Verkehrswerts zu senken. In Stuttgart, Karlsruhe oder Mannheim war damals - vorbehaltlich der Zustimmung des Finanzausschusses - sogar eine Reduzierung um bis zu 80 Prozent möglich gewesen.
Erst Mitte Juli hat das Kabinett ein Zweckentfremdungsverbot auf den Weg gebracht. Es soll Städte und Gemeinden in die Lage versetzen, bei Wohnungsmangel mittels einer Satzung den Abbruch, den längeren Leerstand (außer zu Sanierungszwecken) von Wohnungen oder deren Umwandlung in Ferien- oder Gewerbeimmobilien einem Genehmigungsvorbehalt zu unterwerfen. Zugleich beschloss die Regierung ein Umwandlungsverbot, das Kommunen die Möglichkeit einräumt, Luxussanierungen zum Zwecke der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen zu verhindern. Die nun geplante Gesetzesänderung ergänze das bereits beschlossene Maßnahmenpaket, sagte Schmid. Darüber hinaus bereitet der Minister eine Mietpreisbremse vor, um in den Groß- und Universitätsstädten bezahlbaren Wohnraum sicherzustellen. Dafür seien aber umfangreiche Vorarbeiten nötig.
Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU) ermahnte diese Woche die Länder eindringlich, Bundeszuschüsse für den sozialen Wohnungsbau nicht zweckzuentfremden. Die Länder nutzen das Geld zwar unterschiedlich - aber im Rahmen der Gesetze: Die Mittel dürfen auch in Sanierungen oder den Abbau von Schulden aus früheren Sozialbauprojekten fließen. Ramsauers Kritik wurde als unlauteres Wahlkampfgetöse zurückgewiesen.
Einen Mangel an Sozialwohnungen gestehen indes auch die Länder ein. So hat Baden-Württemberg 2012 nur 58 Sozialmietwohnungen und 946 Eigentumsmaßnahmen gefördert. Als Hauptgrund gilt die mangelnde Nachfrage infolge der Niedrigzinsen, die Investitionen in den sozialen Wohnungsmarkt unattraktiv machen. Das Land reagiert darauf mit zinslosen Darlehen für Investoren, die dennoch Sozialwohnungen schaffen.