"Bauer-Maut" im Landtag beschlossen
Landtag verabschiedet Gebühren-Gesetz für internationale Studenten und Zweitstudium - Scharfe Kritik von der Opposition

1500 Euro für Nicht-EU-Ausländer, 650 Euro im Zweitstudium: Seit das Wissenschaftsministerium die Gebührenpläne öffentlich machte, regt sich lebhafter Protest. Foto: Deniz Calagan
Von Sören S. Sgries
Stuttgart/Heidelberg. Es ist ein vergiftetes Kompliment, das die SPD-Hochschulexpertin Gabi Rolland für Theresia Bauer parat hat. "Frau Ministerin, Sie werden in die Geschichte des Landes eingehen mit der Einführung der Bauer-Maut.
Dazu herzlichen Glückwunsch!", ätzt die Sozialdemokratin gegenüber der grünen Wissenschaftsministerin. Sie stellt klar: Ihre Fraktion halte das Gesetz, das gestern im Landtag endgültig beschlossen wurde, für unsozial, ungerecht, wirtschaftsfeindlich und diskriminierend. "Selbst Ihre eigenen Leute fürchten, dass mit diesem Signal die Brücke zur Wiedereinführung von allgemeinen Studiengebühren gebaut wird", so Rolland. Bauer hatte solche Vorwürde stets zurückgewiesen.
Hintergrund
Studiengebühren auf einen Blick
> Gebühren für Nicht-EU-Ausländer: pro Semester 1500 Euro
> Gebühren für das Zweitstudium: pro Semester 650 Euro
> Erwartete Einnahmen: 35 Mio.
Studiengebühren auf einen Blick
> Gebühren für Nicht-EU-Ausländer: pro Semester 1500 Euro
> Gebühren für das Zweitstudium: pro Semester 650 Euro
> Erwartete Einnahmen: 35 Mio. Euro
> Bei den Hochschulen verbleibende Mittel: 7 Millionen Euro
> Zahl der internationalen Studenten: 20.000. Knapp die Hälfte kommt aus Asien, rund ein Viertel aus China, zehn Prozent aus Südasien (Indien, Pakistan). Neun Prozent aus Lateinamerika.
> Inkrafttreten: Wintersemester 2017/18
> Stipendien: Die Baden-Württemberg Stiftung stellt eine Million Euro für mittellose Studenten bereit.
Kern des Gesetzes: Bereits ab dem Wintersemester 2017/2018 werden wieder Studierende in Baden-Württemberg zur Kasse gebeten. Einerseits diejenigen die ein Zweitstudium beginnen. 650 Euro pro Semester werden in Rechnung gestellt, wenn etwa ein zusätzliches Bachelorstudium angegangen wird. Hauptaugenmerk liegt jedoch auf den internationalen Studenten aus Nicht-EU-Ländern, für die künftig eine Gebühr von 1500 Euro pro Semester fällig wird.
Dieser Satz liege "weit unter den vom Land aufgewandten Kosten für die Lehre", heißt es in der Gesetzesbegründung. Die 1500 Euro fielen im internationalen Vergleich moderat aus. Der CDU-Abgeordnete Andreas Deuschle verweist auf 8000 Euro in China oder 10.000 Euro in Indien jährlich.
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Damit seien die Summen in Baden-Württemberg vertretbar. Betroffen sind außerdem nur diejenigen, die neu ein Studium beginnen. Für die derzeit rund 20.000 zum Studium eingeschriebenen "EU-Ausländer" gilt ein Bestandsschutz. Zudem sollen Ausnahmen und Stipendien die Härten abmildern.
Dennoch ist der Widerstand groß. Zuletzt gingen landesweit immer wieder Studenten auf die Straße. Eine Online-Petition gegen die Bauer-Pläne unterzeichneten 15.000 Menschen.
Und dem Südwesten ist auch sonst breite Aufmerksamkeit sicher. Schließlich ist Bauer die erste Wissenschaftsministerin bundesweit, die mit diesem Schritt versucht, weitere Einnahmen zu generieren - die Initialzündung für das Gesetz waren die Sparauflagen im aktuellen Haushalt, die die Grüne nicht ausschließlich durch Kürzungen erfüllen wollte.
Lieber setzte sie auf zusätzliche Einnahmen und zog das Gebühren-Gesetz aus der Schublade. Sie hatte es schon zu grün-roten Regierungszeiten prüfen lassen, aber mit dem damaligen Koalitionspartner SPD nicht umsetzen können.
35 Millionen Euro, so die Prognose, will das Wissenschaftsministerium künftig durch die Gebühren einnehmen. Die Landesrektoren kritisieren daran vor allem , dass nur 300 von den 1500 Euro direkt bei den Hochschulen landen, begrüßen das Gesetz aber ansonsten.
Die SPD sieht darin hingegen den Versuch, den Landeshaushalt auf dem Rücken der Studierenden zu sanieren. Und das noch mit zweifelhaften Erfolgsaussichten, schließlich beträgt der gesamte Wissenschafts- und Kulturhaushalt mehr als 4,3 Milliarden Euro.
"Schämen Sie sich!", so Gabi Rolland. Ins gleiche Horn stößt die FDP, die einen Imageschaden für den Hochschulstandort fürchtet. So hätten sich nach den Worten des Abgeordneten Nico Weinmann bereits für das Sommersemester dieses Jahres 43 Prozent weniger internationale Studenten eingeschrieben.
Die Chefin der Bildungsgewerkschaft GEW, Doro Moritz, mahnt gar: "Das Gesetz setzt Forderungen aus dem rechten politischen Spektrum um, für die es von den Bänken der AfD Applaus gibt." Tatsächlich stimmte die Partei jedoch gegen das Gesetz - weil es ihr nicht weit genug geht. Internationale Studenten sollten die vollen Kosten ihres Studiums in Deutschland begleichen, so die Forderung.