Neue Polizeistrukturen im Nordschwarzwald und in Oberschwaben

Experten favorisieren zwei neue Präsidien - Verkehrsunfallaufnahme soll dezentralisiert werden

28.03.2017 UPDATE: 29.03.2017 06:00 Uhr 2 Minuten

"Relevanter Stellenzuwachs" notwendig: Die Experten bewerteten nicht nur die Polizeistrukturen, sondern halten auch grundsätzlich die Personaldecke für zu dünn. Foto: Franziska Kraufmann

Von Roland Muschel, RNZ Stuttgart

Stuttgart. Ein halbes Jahr ist es her, dass Thomas Strobl (CDU) den "Lenkungsausschuss zur Evaluierung der Polizeistrukturreform" eingesetzt hat. Am Dienstag nun hat das Gremium unter Leitung von Bayerns früherem Landespolizeipräsidenten Waldemar Kindler dem baden-württembergischen Innenminister seinen 70-seitigen Abschlussbericht überreicht. Er enthält 37 Empfehlungen - und auch einigen politischen Sprengstoff.

Der öffentlich am meisten diskutierte und politisch heikelste Vorschlag betrifft die Zuschnitte der regionalen Polizeipräsidien. Ende 2014 hatte der damalige SPD-Innenminister Reinhold Gall die vormals vier Landespolizeidirektionen mit den 37 Polizeipräsidien und Polizeidirektionen im Südwesten zu zwölf regional zuständigen Polizeipräsidien verschmolzen. Der Lenkungsausschuss spricht sich nun "mit deutlicher Mehrheit" für die Schaffung zweier zusätzlicher Polizeipräsidien (PP) - die sogenannte "14er-Lösung" - sowie moderater Neuzuschnitte aus. Landespolizeipräsident Gerhard Klotter gehört nach Informationen dieser Zeitung allerdings nicht zu dieser Mehrheit. Dass die Politik diesem Votum folgt, gilt dennoch als wahrscheinlich, setzt indes kräftige Investitionen voraus. Mindestens 120 zusätzliche Stellen werden für diese Variante veranschlagt sowie Baukosten von 28,4 Millionen Euro. Der Bericht listet noch drei weitere Lösungen auf, eine modifizierte 12er-Lösung, eine 13er und ein "Modell 14 plus" mit einem Neuzuschnitt im Raum Stuttgart.

Konkret sieht der favorisierte 14er-Vorschlag den Zusammenschluss der Landkreise Esslingen und Rems-Murr zu einem neuen Präsidium (wahrscheinlich in Waiblingen), ein neues Präsidium für den Nordschwarzwald (Pforzheim) und für Oberschwaben (Ravensburg) vor, das bisherige PP Tuttlingen würde dafür entfallen. Die Vorschläge werden "kriminalgeografisch" begründet, so seien Hauptverkehrsadern, Verwaltungsgren-zen oder die Grenzen von Staatsanwaltschaften in die Bewertung aufgenommen worden, heißt es im Bericht.

Trotz der Korrekturvorschläge loben die Prüfer im Kern die Reform: "Die Polizeistrukturreform hat zu entscheidenden Verbesserungen beigetragen und sich als grundsätzlich richtig und wichtig für eine zukunftsfähige Polizeiarbeit erwiesen." In einigen Bereichen gebe es aber "Nachsteuerungsbedarf". So habe sich die Ansiedlung der Verkehrsunfallaufnahmen bei den PP nicht bewährt. Besonders im ländlichen Raum sei es dadurch zu langen Wartezeiten am Unfallort gekommen. Der Lenkungsausschuss empfiehlt daher, eigenständige Einheiten für die Unfallaufnahme nur noch in Stuttgart, Karlsruhe, Mannheim, Freiburg und Heidelberg beizubehalten. In der Fläche soll die Aufgabe samt Personal bei den Revieren angesiedelt werden.

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Was die Politik aus den Vorschlägen macht, ist offen. Der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Ralf Kusterer, äußerte die "deutliche Erwartung", dass der Bericht Folgen zeitige. Strobl selbst dankte den Experten für die "hervorragende Arbeit". Es wird allgemein erwartet, dass er möglichst das Gros der 37 Vorschläge umsetzen will. Dafür benötigt er indes zusätzliches Geld und Personal und damit die Zustimmung der Regierungsfraktionen.

Es bleibe offen, woher die mindestens 120 Stellen für zwei zusätzliche Präsidien kommen sollten, legte SPD-Innenexperte Sascha Binder den Finger in die Wunde. Der Grünen-Innenexperte Uli Sckerl sagte, eine Ausweitung der Zahl der Präsidien dürfe "nicht zu Lasten der Reviere vor Ort" gehen. CDU-Innenexperte Thomas Blenke nannte die 14er-Lösung "vernünftig".

Die Haushaltsberatungen werden zeigen müssen, ob Grün-Schwarz bereit ist, die notwendigen Zusatzinvestitionen zu tätigen. Denn die Experten machen in ihrem Bericht noch eine grundsätzliche Baustelle auf: Sie halten die Polizei im Land generell für zu schwach besetzt und wünschen daher einen "relevanten Stellenzuwachs".

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