Grün-Rot fordert 824 Millionen Euro zurück
Schiedsverfahren um den Kauf der EnBW-Anteile hat begonnen - EDF fordert im Gegenzug 20 Millionen Euro Schadenersatz

Das Land forderte vom Pariser Energiekonzern EDF 834 Millionen Euro aus dem Rückkauf von EnBW-Aktien zurück. Foto: dpa
Von Julia Giertz
Zürich. Ein Schiedsgericht der Internationalen Handelskammer (ICC) hat am Montag in Zürich seine Beratungen über die Klage der Stuttgarter Landesregierung gegen den Pariser Energiekonzern EDF aufgenommen. Das Land fordert 834 Millionen Euro aus dem Rückkauf von EnBW-Aktien im Jahr 2010. Der damalige Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) hatte 4,7 Milliarden Euro für die Beteiligung von rund 45 Prozent an dem Karlsruher Energieversorger gezahlt - aus Sicht des Landes deutlich zu viel.
Das EDF-Management hält den Kaufpreis für angemessen und verlangt seinerseits mehr als 20 Millionen Euro Schadensersatz vom Land - wegen vermeintlicher Imageschäden aufgrund der Klage. Finanzminister Nils Schmid (SPD) beruft sich darauf, dass der überhöhte Preis eine europarechtlich illegale Beihilfe für die EDF darstelle. Damit wäre der Staatskonzern widerrechtlich durch das Land begünstigt worden. Das Schiedsgericht berät unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Wann es zu einer Entscheidung kommt, ist nicht bekannt. Zum Verfahrensbeginn verwies EDF erneut darauf, dass das Unternehmen gar nicht vorhatte, die Anteile zu verkaufen. Zu dem Geschäft kam es demnach nur, weil das Land den hohen Preis zahlte und klar machte, dass EDF keine Chance auf eine operative Führung bei EnBW hat.
Der Rechtsstreit hat nun auch EnBW wieder in die Schlagzeilen gebracht - die Bemühungen um einen Neuanfang werden nach Ansicht von EnBW-Chef Frank Mastiaux dadurch nicht erleichtert. Dies treffe den drittgrößten deutschen Stromkonzern zur Unzeit: "Wir bemühen uns gerade nach Kräften, das Unternehmen neu zu positionieren und um Vertrauen zu werben, da ist das einfach nicht hilfreich", sagte der Vorstandsvorsitzende. In dem Schiedsverfahren habe EnBW lediglich eine Beobachterrolle.
Der Ausgang des Verfahrens könnte die Ermittlungen der Stuttgarter Staatsanwaltschaft gegen Mappus wegen des Verdachts auf Untreue beeinflussen. Die grün-rote Koalition argwöhnt, dass Mappus den Deal ohne Parlamentsbeteiligung im Eiltempo durchgezogen habe, um sich mit dem Coup vor der Landtagswahl im März 2011 brüsten zu können. Mappus hatte stets betont, im Landesinteresse gehandelt zu haben.
Das Verfahren wird für die Verliererseite teuer. Die unterlegene Partei muss nicht nur die Gebühren für die Schiedsrichter tragen. Diese belaufen sich auf rund 1,5 Millionen Euro. Der weitaus größere Brocken ist die Rechnung für die Kosten der Rechtsanwälte der Gegenseite - von der Anreise über deren Honorare bis zum Aufenthalt in einem Zürcher Hotel.