Oberbürgermeisterwahl Heilbronn

Beeindruckendes Ergebnis für Mergel, aber wenig Wähler

Harry Mergel wurde mit 81,5 Prozent im Amt bestätigt. Die Wahlbeteiligung lag bei 30,5 Prozent.

06.02.2022 UPDATE: 06.02.2022 19:21 Uhr 3 Minuten, 13 Sekunden
Foto: Guzy

Von Brigitte Fritz-Kador und Armin Guzy

Heilbronn. 88.500 Heilbronner können wählen, wer sie in den nächsten acht Jahren "regiert" – und es regnet und stürmt. Ein Februar-Sonntag ist eben nicht der günstigste Tag für einen Wahlakt. Die Frage war dabei allerdings kaum, "wer" gewinnt, sondern eher "wie", also mit welchem Rückhalt der bisherige Amtsinhaber Harry Mergel seine zweite Amtszeit für Heilbronn wird angehen können. Um 19.12 Uhr wusste man: Es war ein stürmischer, aber doch ein guter Tag für Mergel. Er erhielt 81,5 Prozent der gültigen abgegebenen Stimmen, und der 65-Jährige hatte ja schon zuvor angekündigt, im Fall seiner Wiederwahl die vollen acht Jahre auch an der Spitze der Stadt stehen zu wollen.

Die Wahlbeteiligung fiel hingegen eher mager aus – vielleicht wegen des Wetters, vielleicht, weil Mergels Wiederwahl von kaum jemanden ernsthaft angezweifelt worden war. Dass die 30-Prozent-Marke am Ende mit 30,5 Prozent doch noch knapp übersprungen werden würde, war indes lange höchst unsicher. Gegen 15 Uhr hatten erst 13,6 Prozent der Wähler ihre Stimme in einem der Wahllokale direkt abgegeben. In der Silcherschule hatte man bis 10.30 Uhr sogar nicht einmal 100 Wähler gezählt, bis zur Mittagszeit lag die Wahlbeteiligung noch bei weniger als zehn Prozent – vor acht Jahren war sie zu dieser Zeit schon doppelt so hoch gewesen.

Damals hatte Mergel insgesamt 55,9 Prozent der Stimmen erhalten, dies allerdings bei einem potenten Gegenkandidaten wie Martin Diepgen (CDU), damals wie heute Erster Bürgermeister der Stadt – und jetzt Wahlleiter. Immerhin bildeten annähernd 13.800 angeforderte Briefwahlunterlagen – erheblich mehr als bei der OB-Wahl 2014 – aber eine gewisse Basis. 66 Wahlbezirke gab es, 30 Briefwahlbezirke kamen hinzu.

Am 15. November 2021, dem ersten Tag der Einreichungsfrist, hatten Mergel wie auch sein einziger ernst zu nehmender Gegenkandidat Raphael Benner (AfD) schon ihre Bewerbung abgegeben. Die Nachzüglerin Katharina Mikov blieb nicht nur blass und stets im Ungefähren, sie punktete sicher auch nicht damit, dass sie sich von Mergel beim Shoppen über das Angebot des Damenmoden-Einzelhandels aufklären lassen wollte.

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Dieses Wahlkampfgeplänkel war symptomatisch für den Wahlkampf, auch wenn sich Mergel immer wieder bemühte, die "großen" Themen anzusprechen, also Klima, Mobilität, Stadtentwicklung – vor allem auch in Bezug auf die weitere Expansionspläne der Schwarz-Stiftung und dem KI-Standort –, so folgten ihm hierbei sein beiden Gegenkandidaten nicht auf ganzer Linie. Benner, als Stadtrat, jedoch mehr noch als Mikov, die wenig Ahnung davon offenbarte – dafür aber einen überraschenden Optimismus zu ihrem Abschneiden bei der Wahl. Dass den Bürgern Heilbronns Sicherheit, Sauberkeit und Parkplätze derzeit mehr am Herzen liegen als entscheidende Zukunftsfragen für die Stadt, lässt Rückschlüsse auf die Arbeit zu, die den nächsten OB erwartet.

Der große Unbekannte dieser Wahl war, was das Wahlbündnis für Mergel bewirken oder auch, was es ihn kosten wird. Bekanntlich gab es in Heilbronn die ziemlich einmalige Konstellation, dass sich hinter Mergel, neben seiner Partei, der SPD, auch die Fraktionen von CDU, Grüne, FDP und Freie Wähler versammelten, die AfD und Die Linke jedoch nicht. Am Sonntag bedankte sich Mergel nun ausdrücklich bei dem Wahlbündnis für "die großartige Gemeinschaftsleistung" in einer "schwierigen Zeit". Er habe das Ergebnis in dieser Höhe nicht erwartet und sei dankbar und demütig. "Das Ergebnis stärkt die politische Wirksamkeit in Heilbronn", urteilte er. Man werde natürlich auch künftig in der Sache streiten, aber das Fundament, um dies zu tun, sei da. "Wir haben vieles gut gemacht und Heilbronn auf einen guten Weg gebracht", sagte er an seine Unterstützer gewandt, von denen Corona-bedingt nur wenige im Großen Ratssaal anwesend sein konnten. Mergel beendete seine kurze Dankesrede abrupt, weil ihm die Stimme stockte und er eine Träne verdrücken musste.

Welchen Prozentsatz an Stimmen die in Heilbronn nicht gerade unterrepräsentierte AfD für ihren Kandidaten aufbringen wird, das war eine der spannenderen Fragen bei dieser Wahl – auch sie ist jetzt beantwortet. Benner kam am Ende auf 10,6 Prozent oder in absoluter Zahl auf 2838 Stimmen. Die parteilos angetretene, zuvor weitgehend unbekannte Kandidatin Mikov stand in der Gunst von 1982 Wählerinnen und Wählern (7,4 Prozent) ganz oben – und damit nicht weit entfernt von Benners Stimmanteil.

Aus den Ortsverbänden hatte es zum Wahlbündnis immer wieder kritische Stimmen gegeben, und mit welch starkem Mandat Mergel die nächste Amtszeit angehen kann, das ist auch vor diesem Hintergrund zu sehen. CDU-Fraktionsvorsitzender Thomas Randecker, der Mergel in dem kurzen Wahlkampf kräftig unterstützt hat, sagte jedenfalls auf dem Weg zum Wahllokal fröhlich lachend: "Heute wähle ich zum ersten Mal in meinem Leben SPD!"

Seit Ende des Zweiten Weltkrieges und mit der ersten Freien OB-Wahl danach gab es bis zum gestrigen Sonntag neun OB-Wahlen, wobei der jeweilige Amtsinhaber auch immer wiedergewählt wurde. Eine weitere Kontinuität weist die Wahlbeteiligung auf: Sie ging stetig zurück. Betrug sie bei der Wahl von Paul Meyle (1948 und 1954) noch 86,6 und 64,9 Prozent, lag sie bei Hans Hoffmann (1967 und 1975) auch noch bei 82 beziehungsweise 62,4 Prozent und bei Manfred Weinmann (1983 und 1991) bei 67 und 51,6 Prozent, so wurde Mergels direkter Vorgänger, Helmut Himmelsbach, mit 51,6 beziehungsweise 31,6 Prozent gewählt. Mergel wurde 2014 bei einer Wahlbeteiligung von 39 Prozent gewählt.

Mergels zweite Amtszeit beginnt am 1. Mai. Der Gemeindewahlausschuss wird das amtliche Wahlergebnis am Dienstag um 14 Uhr in einer öffentlichen Sitzung im Großen Ratssaal feststellen.

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