Neckarsulm

Wenn die alte Autobahnbrücke am Haken hängt

Mit Fingerspitzengefühl nahe der Oberleitung: Riesiger Raupenkran beim Rückbau im Einsatz - Massiver Beton hat seine Tücken

19.07.2019 UPDATE: 20.07.2019 06:00 Uhr 1 Minute, 45 Sekunden

Ein tonnenschweres Brückenteil hängt am Haken: Mit einem Spezialkran werden während der Sperrpausen der Bahnstrecke bei Neckarsulm Teile der alten Autobahnbrücke im Zuge des Neckartalübergangs herausgehoben. Foto: ViA6West/Endres

Neckarsulm. (rnz) Als Modell im Maßstab 1:87 füllt er eine ganze Sammlervitrine aus. Aber in echt ist er noch viel imposanter: Der Gittermastraupenkran LZ 1600 sprengt die Dimensionen. Dieser schwergewichtige Stahlkoloss ist noch bis Sonntag am Neckartalübergang der Autobahn A6 bei Neckarsulm aufgebaut. Hier hebt das Baugerät jede Nacht tonnenschwere Betonteile der alten Autobahnbrücke zentimetergenau über die Oberleitungen der Bahnstrecke. Bis die Arbeiten abgeschlossen sind, wird der Raupenkran Brückenteile mit einem Gesamtgewicht von 2600 Tonnen in die Höhe gehievt haben - in insgesamt 13 "Hüben", so die Fachbezeichnung.

Angesichts der imposanten Dimensionen des Raupenkrans wirken die Bauarbeiter winzig. Und erst recht beeindruckt das knapp zwei Meter hohe Kettenfahrwerk. Darauf steht und fährt der Kran neben der Bahnlinie Heilbronn - Würzburg in der Neckarsulmer Kanalstraße. Auf 20 Zentimeter dicken Eichenbohlen bewegt sich der stählerne Koloss, damit der Untergrund bei dem Gesamtgewicht von 850 Tonnen einschließlich Schwebeballast nicht nachgibt und auch keinen Schaden erleidet. Und hier bewegt er sich nur im Schneckentempo, das sind maximal etwas mehr als 1000 Meter in der Stunde.

Allerdings ist der beeindruckende Lastenheber im XXXL-Format nicht voll ausgebaut. Bis zu 144 Meter könnte der Hauptausleger mit mehreren Gittermasten zusammen montiert sein. An der Großbaustelle der A 6 sind es "nur" 38 Meter, wie ViA6West-Pressesprecher Michael Endres erklärt. Denn einerseits reicht das für das Ausheben der herausgeschnittenen Brückenteile, andererseits ist es am Einsatzort zwischen Bahnlinie und Kanalstraße extrem eng.

Deshalb ist von den Kranfahrern extremes Fingerspitzengefühl gefordert, wenn sie Brückenteile mit einem Gewicht von bis zu 279 Tonnen herausheben und präzise im Halbkreis um 180 Grad schwenken - nur wenige Meter über der Oberleitung der Gleise. Vor Ort werden die herausgehobenen Segmente der alten Autobahnbrücke zerkleinert und das Abbruchmaterial recycelt, das heißt für den Ausbau der A 6 auf sechs Fahrstreifen durch die Bauarbeitsgemeinschaft Hochtief und Johann Bunte wiederverwendet.

Die viel befahrene Bahnstrecke Heilbronn - Würzburg ist auch der Grund, weshalb die "Hübe" nur nachts stattfinden dürfen. Dann ist nämlich die Strecke für alle Züge komplett gesperrt, das Heraussägen der 13 schwergewichtigen Brückenteile muss dann in einem Zeitfenster von wenigen Stunden bewältigt werden.

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Und der massive Beton der alten Brücke hat so seine Tücken. Deshalb benutzen die Fachleute Sägeseile, die in regelmäßigen Abständen mit ringförmig angeordneten Diamanten besetzt sind. Diese Diamantsegmente sind so hart, dass damit beinahe jedes Material geschnitten werden kann. Die Teile können allerdings erst "geschnitten" werden, wenn das Brückensegment bereits fest am Kranhaken hängt. Apropos Kranhaken: allein der wiegt stattliche 14 Tonnen.

Ort des Geschehens

Noch bis dieses Wochenende finden die Arbeiten zum Abbruch der alten Autobahnbrücke bei Neckarsulm statt, dann ist ein weiterer Meilenstein für den Neubau des Neckartalübergangs geschafft. Anschließend wird der Kran wieder abgebaut. Hierfür ist eine ganze Karawane von Transportern erforderlich: insgesamt 39 Lkw.

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