Gibt es eine Lösung beim B27-Anschluss?
Das Verkehrsministerium und die Stadt Neckarsulm berieten in einem offenen Dialog über Alternativen für den B27-Anschluss.

Neckarsulm. (RNZ) Nach der Abkehr der Stadt Neckarsulm von dem Bau des B27-Anschlusses "Binswanger Straße" werden jetzt angepasste, verträgliche Alternativlösungen erforderlich. Unterstützung erhält die Stadt dabei von Landesverkehrsminister Winfried Hermann. Dieser betonte die Notwendigkeit, das Verkehrssystem in Neckarsulm im Rahmen des Mobilitätspaktes ganzheitlich neu zu betrachten. In einer ersten Gesprächsrunde machte Hermann deutlich, dass der Mobilitätspakt den geeigneten Rahmen biete, um gemeinsam mit allen Beteiligten neue Lösungsvorschläge zu erörtern.
Oberbürgermeister Steffen Hertwig begrüßte Hermann zusammen mit Regierungspräsident Wolfgang Reimer, Ministerialdirigent Andreas Hollatz, Leiter der Abteilung "Straßenverkehr und Straßeninfrastruktur" im Verkehrsministerium, und Hermann Klyeisen, Leiter des Referats "Steuerung und Baufinanzen" im Regierungspräsidium Stuttgart sowie Vertreter von der Stadtverwaltung und dem Gemeinderat.
"Wir werden mit den althergebrachten Instrumenten nicht mehr arbeiten können, um die Verkehrsprobleme zu lösen", stellte Hertwig fest und versicherte, dass man weiter am Mobilitätspakt festhalte. Der vom Gemeinderat mit großer Mehrheit beschlossene Verzicht auf den B27-Anschluss ändere daran nichts.
Insgesamt umfasst der Mobilitätspakt mehr als 30 Einzelmaßnahmen. Schwerpunkte sind unter anderem der Ausbau des Schienen-Personennahverkehrs (SPNV), der Radschnellweg Bad Wimpfen – Heilbronn, die Anbindung des neuen Gewerbegebiets "Obere Fundel" für den ÖPNV, Fuß- und Radverkehr sowie zahlreiche Maßnahmen des betrieblichen Mobilitätsmanagements seitens der Schwarz Gruppe und Audi AG.
Das Land Baden-Württemberg will die Nachfrage im ÖPNV bis 2030 verdoppeln. Für die Organisation des Linienbusverkehrs seien die Kommunen selbst verantwortlich, erklärte der Verkehrsminister. Um in diesen Bereich mehr zu investieren, benötigten die Kommunen neue Finanzierungsquellen. Hier könnte der Mobilitätspass ein geeignetes Mittel sein, meinte Hermann. Die Grundidee sieht vor, dass von den Kommunen eine Gebühr beziehungsweise ein Beitrag für Einwohner, Kfz-Halter oder Kfz-Nutzer erhoben werden kann.
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Im Gegenzug sollen die beitragspflichtigen Personen dann ein ÖPNV-Guthaben erhalten. Die erzielten Einnahmen könnten die Kommunen in den Ausbau des ÖPNV investieren. Aber auch die Verkehrsteilnehmer sind gefordert, ihren Beitrag für die Verkehrswende zu leisten. Daher soll im Mobilitätspakt verstärkt nach Möglichkeiten gesucht werden, Car-Sharing oder moderne Shuttle-Busverkehre als gemeinschaftliche Nutzformen erfolgreich zu etablieren.
Im Zuge der Abkehr vom B27-Anschluss wurde auch der geplante vierspurige Ausbau der B 27 zwischen der Autobahnanschlussstelle Neckarsulm und der Abzweigung nach Neuenstadt im Gemeinderat Neckarsulm kritisch diskutiert. Im Mittelpunkt steht dabei die offene Frage, ob der Halbanschluss "Neuenstädter Straße/Spitalstraße" (Abfahrt ins Zentrum/Auffahrt in Richtung Bad Friedrichshall) erhalten bleibt oder entfällt. Die Voraussetzungen für den Ausbau sind andere als für den Anschluss. Während es sich bei Letzterem um eine städtische Maßnahme gehandelt hat, ist der Ausbau ein Vorhaben des Bundes, das im Bundesverkehrswegeplan verankert ist.
Wie Regierungspräsident Reimer erklärte, hat die B27 mit einem Verkehrsaufkommen bis zu 40.000 Fahrzeugen am Tag die Belastungsgrenze erreicht. "Der Bund wird vom Ausbau nicht abgehen können, um die Raumschaft weiter anzubinden." Die Belastung sei so hoch, dass der Verkehr nicht mehr sicher zweispurig abgewickelt werden kann. Sowohl der Regierungspräsident als auch der Verkehrsminister betonten, dass das Land stadtverträgliche, machbare Lösungen anstrebe.
So würden im Rahmen der Machbarkeitsstudie auch Ausbauvarianten geprüft, die den Erhalt des Halbanschlusses gewährleisteten. In der sich anschließenden Vorplanung wird der Bund dann abschließend entscheiden, welche Variante realisiert wird. Davon hängt wiederum ab, wie der Knotenpunkt B 27/L 1095/K 2116 (Amorbachknoten) umgebaut werden kann. OB Hertwig verdeutlichte, dass diese Maßnahme für die Stadt von hoher Priorität ist.
In den Osterferien 2022 wird die Leistungsfähigkeit des Amorbachknotens zunächst im Rahmen einer Sofortmaßnahme verbessert. Vorgesehen ist, die Rechtsabbiegespur von der B27 in die L1095 in Richtung Amorbach sowie die Linksabbiegespur auf die Rampe in Richtung Neckarsulm zu verlängern.