Der Wolf erhitzt die Gemüter
Ministerpräsident Kretschmann findet die Debatte übertrieben - Untersteller will Nutztiere besser schützen

Für viele ein Schreckgespenst: Der Wolf in Baden-Württemberg. Foto: dpa
Von Jens Schmitz, RNZ Stuttgart
Stuttgart. In der grün-schwarzen Koalition gibt es nach dem Wolfsriss im Kreis Heilbronn Streit um die Reaktion. Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) hat gefordert, Wölfe zu bejagen; Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) kritisierte solche Gedanken am Dienstag als leichtfertig.
Am Montag war bekannt geworden, dass der Riss mehrerer Schafe in Widdern zweifelsfrei auf einen Wolf zurückgeht. Landwirtschaftsminister Hauk hatte daraufhin gefordert, das Jagdrecht so zu ändern, "dass wir den Bestand regulieren können", das bedeute auch "bejagen oder Fallen stellen".
Umweltminister Untersteller protestierte am Dienstag: "Statt leichtfertig darüber zu reden, wie wir den Wolf am besten loswerden, müssen wir doch darüber nachdenken, wie wir unsere Nutztiere optimal schützen und zugleich dem Wolf das Überleben ermöglichen." Untersteller sprach sich dafür aus, die Tierschutz-Hundeverordnung so zu ändern, dass Schäfer ausgebildete Herdenschutzhunde einsetzen dürfen.
Die bundesdeutsche Tierschutz-Hundeverordnung verbietet stromführende Vorrichtungen in Hundezwingern. In Baden-Württemberg wird das bislang auch als Verbot interpretiert, Hunde auf Weiden mit Elektrozäunen einzusetzen. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft habe diesen Sommer aber bereits klargestellt, dass eine Weide nicht als Zwinger im Sinne der Verordnung zu werten sei, so Untersteller.
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Noch deutlichere Kritik erntete Hauk vom Landeschef des Naturschutzbunds (Nabu), Johannes Enssle: "Wenn es darum geht, streng geschützte Tiere tot zu schießen, ist Peter Hauk leider ganz vorne mit dabei. Wenn es aber darum geht, nachhaltige Lösungen zu finden, hört man nichts von ihm", erklärte er.
Ministerpräsident Kretschmann reagierte auf Hauks Bestandsregelungswünsche nüchtern: "Erstmal haben wir ja noch keinen Bestand an Wölfen", erklärte er in der Stuttgarter Landespressekonferenz. "Meines Wissens ist jetzt da ein Wolf rumgerannt." Der müsse halt auch was fressen. Das Thema sei schwierig und tiefenpsychologisch belastet, sagte Kretschmann. Umso wichtiger sei es allerdings auch, "dass man damit vorsichtig umgehen sollte und nicht dieses Thema jetzt zum wichtigsten Naturschutzthema hochstilisiert".
Der Ministerpräsident verwies darauf, dass am Donnerstag im Landtag eine öffentliche Anhörung der Ausschüsse für Umwelt und Ländlichen Raum zur "Rückkehr des Wolfes nach Baden-Württemberg" stattfindet. "Die warten wir jetzt mal ab." Generell dürfe man die Frage des Artenschutzes nicht auf willkürliche Einzeltierarten verengen. "Biodiversität ist nach dem Klimaschutz das wichtigste ökologische Thema", sagte der studierte Biologe. "Und wir sollten es jetzt nicht durch überzogene Debatten beim Wolf in Schieflage bringen. Mich bewegt das Insektensterben sehr viel mehr."