Das Kabinett steht im Schatten von Kretschmann (plus Grafik-Galerie)
Laut Umfrage sind die Landesminister nahezu unbekannt. Der Wohnungsbau gilt als wichtigste Aufgabe für die Legislatur. Zustimmung gab es zur Schuldenbremse.

Von Sören S. Sgries
Heidelberg. Seit dem 12. Mai ist die Neuauflage der grün-schwarzen Landesregierung im Amt. Genug Zeit, sich ein erstes Urteil über deren Arbeit bilden zu können. Oder? In einer neuen Auflage des BaWü-Checks befragte das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag der baden-württembergischen Zeitungsverlage über 1000 Einwohner. Die Interviews wurden in der ersten Juli-Woche geführt.
> Die Stimmung hellt sich auf: Die Baden-Württemberger blicken wieder zunehmend optimistisch in die Zukunft. 45 Prozent der Befragten gaben an, sie blickten eher hoffnungsvoll auf die kommenden zwölf Monate – fünf Prozentpunkte mehr als noch im Winter. Skeptisch sind 27 Prozent, Befürchtungen haben 15 Prozent.
> Wohnraum wichtigstes Thema: An die Spitze der wichtigsten Aufgaben für die neue Landesregierung stellten die Befragten die Schaffung von ausreichend bezahltem Wohnraum. Zwei Drittel der Befragten zählten das zu den Top-Aufgaben. In der Rangliste folgen die Pandemie-Bekämpfung (58 Prozent), die digitale Ausstattung der Schulen (53), die Kriminalitätsbekämpfung (52) und der Umwelt- und Klimaschutz (51 Prozent).
> Gegen den Staat als Helfer: Mit dem Vorstoß, die Autoindustrie politisch dabei zu unterstützen, umweltfreundlichere und nachhaltigere Autos zu bauen, kann man im Ländle kaum punkten: Nur 16 Prozent der Befragten zählten das zu den wichtigsten Aufgaben. Aber auch die Unterstützung kultureller Einrichtungen wie Theater und Museen halten nur 18 Prozent für wichtig. Finanzielle Hilfen für Sport und Vereinen begrüßen lediglich 21 Prozent. Der Staat als Unterstützer und Helfer wird eigentlich nur dann begrüßt, wenn es um die Abfederung der Corona-Folgen geht: Immerhin 43 Prozent der Befragten halten die finanzielle Unterstützung von pandemiegebeutelten Unternehmen und Selbstständigen für wichtig. Allerdings: Ende Februar stimmten hier noch 64 Prozent zu.
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> Rückhalt für die Schuldenbremse: Dieses Instrument aus der Landesverfassung abzuschaffen – wie es beispielsweise für Investitionen in den Klimaschutz gefordert wird–, dafür sprechen sich nur 19 Prozent der Befragten aus. 61 Prozent sind für eine Beibehaltung. Allerdings erlaubt die Schuldenbremse ja auch in der aktuellen Form, in Notsituationen Kredite aufzunehmen. Den Abbau von Schulden halten auch nur 22 Prozent für wichtig.
> CDU-Anhänger froh über Grün-Schwarz: Ist die Fortsetzung der Koalition von Grünen und CDU eigentlich eine gute Sache? Das finden insgesamt 35 Prozent der Befragten, während 31 Prozent sich eher für die "Ampel" aus Grünen, SPD und FDP begeistern würden. 34 Prozent bleiben unentschieden. Interessant: Vor allem bei den CDU-Anhängern scheint man sehr erleichtert zu sein, dass durch Grün-Schwarz die Regierungsbeteiligung gesichert ist: 72 Prozent finden das Bündnis hier gut. Bei den Grünen sind es nur 47 Prozent, während 41 Prozent sich die Ampel gewünscht hätten.
> Volle Amtszeit für Kretschmann: 73 Jahre ist der Ministerpräsident inzwischen alt – und im Wahlkampf hatten politische Gegner gern spekuliert, ob er denn überhaupt die volle Legislatur im Amt bleiben wolle. Von den Befragten wünschen das 45 Prozent, während 32 Prozent dafür sind, dass Winfried Kretschmann das Amt schon vorher an einen Nachfolger übergibt. Aus Regierungslager gibt es eine noch deutlichere Mehrheit für die volle Amtszeit: 68 Prozent der Grünen- und 64-Prozent der CDU-Anhänger sind dafür.
> Viele unbekannte Minister: Die Ministerriege hinter Kretschmann bleibt im Land weitgehend unbekannt. Während den Regierungschef immerhin 92 Prozent der Befragten kennen, sieht das bei den Fachministern deutlich anders. Der prominenteste ist hier CDU-Chef, Vize-Regierungschef und Innenminister Thomas Strobl (58 Prozent), gefolgt von Sozialminister Manne Lucha (Grüne, 42 Prozent), der in der Pandemie regelmäßig in der Öffentlichkeit stand. Die letzten Plätze belegen die Kabinettsneulinge mit Justizministerin Marion Gentges und Bauministerin Nicole Razavi (beide CDU) am Ende der Rangliste.
> Hohe Zufriedenheit mit dem Finanzminister: Danyal Bayaz (Grüne) ist unter den Neuen am Kabinettstisch der bekannteste: 13 Prozent der Befragten können mit seinem Namen etwas anfangen. Und: Wer ihn kennt, der glaubt, er mache einen guten Job. 72 Prozent haben eine gute Meinung von Bayaz – damit steht er prozentpunktgleich mit Winfried Kretschmann an der Spitze. Allerdings bildet die Umfrage die aktuelle Debatte um den möglicherweise verfassungswidrigen Nachtragshaushalt noch nicht ab. Kultusministerin Theresa Schopper landet auf Rang drei: 70 Prozent haben von ihr eine gute Meinung. Die letzten Plätze bebelegen Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (56 Prozent gute Meinung), Landwirtschaftsminister Peter Hauk (52 Prozent) und Sozialminister Manne Lucha (50 Prozent).
> Umstrittene Solarpflicht: Die von Grün-Schwarz geplante Solarpflicht für Neubauten stößt auf geteiltes Echo. 47 Prozent der Befragen finden sie richtig, 37 Prozent lehnen sie ab. 16 Prozent bleiben unentschieden.
> Hundebesitzer gegen Hundeführerschein: Den geplanten Sachkundenachweis für Hundebesitzer halten 57 Prozent für eine gute Sache. Ausschlaggebend sind hier allerdings diejenigen, die selbst kein Tier haben. Die Hundebesitzer lehnen zu 52 Prozent die Pläne ab – nur 40 Prozent sind dafür.















