Deutschlands höchstes Holzhaus in Heilbronn
Das Holzhybridhaus "Skaio" im Neckarbogen wird schon vor Fertigstellung viel beachtet und bis auf weiteres das Höchste seiner Art sein

Im Heilbronner Stadtteil Neckarbogen entsteht derzeit das höchste Holzhaus Deutschlands. Es ist eines der innovativen Objekte für die Buga 2019. Visualisierung: Kaden + Lager
Von Brigitte Fritz-Kador
Heilbronn. Die Fachwelt feiert es jetzt schon als das Haus der Superlative: In Heilbronn, im Stadtteil Neckarbogen, entsteht das derzeit höchste Holzhaus der Republik. Eigentlich ist es ein Holz-Hybridhaus: So wie ein Auto zwei verschiedene Antriebe hat, so hat dieses Haus zwei verschiedene Baustoffe - Holz und Beton. Zehn Geschosse wird es haben und 34 Meter hoch sein, eines von drei "Hochhäusern" im Neckarbogen. Der Keller ist fertiggestellt und auch das Sockelgeschoss aus Stahlbeton. Nur das Treppenhaus wird ebenfalls noch aus Beton sein. Und jetzt hat es auch einen Namen bekommen: "Skaio".
Man erinnert sich: Ein Holz-Hybridhaus war unter den "Gewinnern", die den Zuschlag für den Neckarbogen bekamen. Allerdings gab der Investor, die Wüstenrot-Wohnbau, bald danach auf. Das Risiko erschien dem Unternehmen zu hoch: zu teuer, zu schwierig in der Umsetzung, zu wenig Erfahrung. Doch nachdem auch die "Grüne Ecke", ein Haus aus dem innovativen Baustoff Ultraleichtbeton in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht umsetzbar war (die TU Kassel tut dies inzwischen), hätte der Neckarbogen ein weiteres der wenigen innovativen Objekte verloren, das den Anspruch einer innovativen "Stadtausstellung" gerechtfertigt hätte.
Diese Gefahr hatte auch der OB rasch erkannt und dann quasi "per ordre de Mufti" der Stadtsiedlung Heilbronn GmbH den Auftrag ins Mark gedrückt. Auch wenn man es dort nicht offiziell zeigte: Die Begeisterung hielt sich in Grenzen. Die Stadtsiedlung ist sowieso schon mit anderen Bauvorhaben im Neckarbogen wie auch der Stadt stark gefordert, in vier Gebäuden wird sie im Neckarbogen 93 neue Mietwohnungen für die unterschiedlichsten Zielgruppen (Familien, Singles, Senioren, Alleinerziehende, Rollstuhlfahrer) bauen, bezahlbar auch mit kleineren und mittleren Einkommen. Dank "Skaio" erhöhte sich der Anteil öffentlich geförderte Wohnungen auf nahezu 40 Prozent, womit auch die politisch gewollte "Durchmischung" erreicht wird.
So war es mehr als ein Glück, dass es dem damaligen Chef der Stadtsiedlung Robert an der Brügge - er steht jetzt der kommunalen Unternehmen "Immobiliengruppe Rhein Neckar", Mannheim vor - gelang, für die "Lösung 2" des Holzhybridhauses das Architekturbüro Kaden + Lager, Berlin, zu gewinnen. Architekt Tom Kaden hat gerade erst die Professur für "Architektur und Holzbau" an der TU Graz erhalten. Man weiß, dass die Österreicher in Sachen Holzbau den Deutschen um Längen voraus sind. In den Grundsätzen zu ihrem Selbstverständnis bezeichnet Kaden + Lager Holz "als Instrument der Stadt" und "die Wohnung als Keimzelle und Schnittpunkt sozialer Interaktion als ihr Anliegen, Individualität mit der Option der Vergemeinschaftung zu verbinden".
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Zusammen mit Markus Lager verwirklicht Tom Kaden in Heilbronn das Objekt, das bis auf weiteres einen Superlativ darstellen wird, in dem der Werkstoff Holz den überwiegenden Teil ausmacht. Es entsteht auf dem Baufeld "J1", eine prominente Stelle, direkt am Eingang zum Bundesgartenschaugelände, und es wird 60 Wohneinheiten enthalten - alle zur Miete. Weiterhin wird es hier vier Wohngemeinschaften geben, betrieben von der Aufbaugilde und den Offenen Hilfen als Wohnraum für bedürftige Menschen.
Die Ein- bis Zweizimmer-Wohnungen sind durchgängig kleinteilig, zwischen 40 und 70 Quadratmeter groß, vom innen liegenden Sicherheitstreppenhaus erreichbar und können bei Bedarf auch zusammengeschaltet werden. Sie haben alle eine Loggia und große, bodentiefe Fenster und Holz auch im Innenleben. Eine der Wohngemeinschaften im sechsten Stockwerk hat direkten Zutritt zu einer Dachterrasse auf einem Gebäudeteil, auf dem Dach des zehnten Geschosses gibt es eine gemeinschaftliche Dachterrasse für alle Bewohner, beide mit herrlichem Rundblick.
Im Erdgeschoss sind knapp 140 Quadratmeter für gewerbliche Nutzung vorgesehen, dazu kommen Gemeinschaftsräume. Die Gesamtinvestition für vier Projekte der Stadtsiedlung betragen rund 32 Millionen Euro und werden von ihr allein finanziert, respektive über das Landeswohnraumfördergesetz, das betrifft auch die Hälfte der Wohnungen im Holz-Hybridhaus.
Schon jetzt wird dieses Heilbronner Projekt von der internationalen Fachwelt mit Interesse verfolgt. Der Architekt, Bau- und Kunsthistoriker Falk Jäger mit Lehrstuhl für Architekturtheorie an der TU Dresden und mit dem 1. Preis Architekturkritik der Bundesarchitektenkammer ausgezeichnet, zählt Kaden + Lager zu den Top-Ten der deutschen Architekten, nicht zuletzt wegen ihrer Holzbauten - und übrigens auch "Sauerbruch & Hutton", die die experimenta bauen. Das bisher höchste Holzhaus Deutschlands ist das Verwaltungsgebäude des Fertighausherstellers Kampa und um vier Meter niedriger.



